Geschichten aus dem COVID-Alltag einer Pflegeperson auf einer ITS (in diesem Fall meine Mutter)
Die Station hat 6 Betten, 4 ICM Betten. Davon sind aktuell 4 mit COVID Patient:innen besetzt, die natürlich sehr aufwändig sind, sodass die Pflege kaum aus den Zimmern kommt.
Das wird aktuell mit 3 Pflegenden im FD, SD und 2 im ND gestemmt. Für die 3. Pflegekraft musste die Stationsleitung bereits kämpfen, da der Chefarzt die Notwendigkeit nicht sieht für mehr Personal. Es sind bereits 20% der ITS-Pflegepersonen erkrankt. Teils COVID, teils Burnout.
Leasingpersonal steht nicht zur Verfügung, die sind bereits alle gebucht. Die Anästhesiepflege, die aktuell durch d OP-Stopp nichts zu tun hat weigern sich auf der ITS zu arbeiten, haben sich nach Zwang geschlossen krank gemeldet. Die Assistenzärzt:innen, die freigestellt wurden
von anderen Tätigkeiten, um der Pflege zu helfen macht lieber Kurvenpflege.
Nun sollen d IMC Betten auch noch zu Covid Betten werden, ohne mehr Pflegepersonal.
Meine Mutter, die seit 35 Jahren in der Pflege arbeitet, sich mit Leidenschaft Schwester nennt berichtet:
"Die Patient:innen werden nicht mal mehr "sauber und satt". Die existieren nur noch. Wir versuchen sie irgendwie am Leben zu halten aber das was wir machen ist keine Pflege mehr. Es wird zwar gesagt wir machen keine Triage, es sei alles nicht so schlimm aber die Pat. sterben"
"schneller. Wir intubieren schneller, wir verlegen kritische Fälle auf Normalstation und die sterben dann eben dort. Heute haben wir im Stress des Tages vergessen eine Familie zu informieren, dass ihre Mutter gestorben ist. Die Tochter ruft an und erkundigt sich und ich wusste"
"nichtmal, dass die Frau gestorben war. Der Arzt schreit über die Station nur: Die ist doch schon seit gestern tot! Die Tochter hört dies. Aber ich habe hab keine Zeit darauf zu reagieren, etwas zu fühlen, weil ich sonst morgen nicht mehr arbeiten gehen könnte. Wir brechen"
"alle am Ende der Schicht weinend zusammen. Das ist d letzten Tage unsere Übergabe gewesen. Das schlimmste daran ist, dass d Hälfte des Teams sogar der Meinung ist es sei noch nicht so schlimm. Das macht mir Angst, weil ich weiß was aktuell möglich ist und sie das Pflege nennen."
"Was mich eigentlich am traurigsten macht ist, dass mir immer mehr bewusst wird, dass ein guter Teil der Patient:innen nicht nur an COVID sterben, sondern an Personalmangel. Sie sterben oft alleine, ohne die Chance ihre Familie nochmal zu sehen, ohne jmd der sie begleitet."
"Was ich viel schlimmer finde ist, dass es allen egal zu sein scheint. Dass wir gut damit klar kommen, dass hunderte Menschen täglich so sterben und wir uns darüber aufregen keinen Weihnachtseinkauf machen zu können. Aber das ist jetzt wohl die Gesellschaft in der wir leben."
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GWG im Pflegeheim. 4 Wohnbereiche. Um die 100 BewohnerInnen. Ich komme an und soll erstmal Tabletten verteilen. Wie wenn ich keinen einzigen Bewohner kenne fragt ihr vllt? Ich weiß es nicht... 1/x
2/x ich mache mich also auf den Weg durch die Wohnbereiche, überall riecht es nach Urin. Ich komme auf dem ersten Wohnbereich an und finde niemanden vor, im nächsten Wohnbereich wird mir erklärt die Helferin ist hier alleine für zwei Wohnbereiche. Ich möchte eig nur schreien...
3/x nachdem ich die Tabletten ausgeteilt habe schlichte ich eine Prügelei zwischen Bewohnern und versuche dann mir einen Überblick zu machen. Bei 13 Bewohnern muss ich BZ Messen und ggf noch Insulin spritzen. 7 VW stehen an. Auf 2 Wohnbereichen sind keine Tabletten gestellt.