1| Immer Ärger mit der #Partizipation?! Ein Thread über die Misere der Bürger*innen- Beteiligung in Wien und anderswo am Praxisbeispiel Verkehrsplanung und Verteilung des öffentlichen Raums. (22)
2| Petitionen: ihre diversen Themen kreisen u.a. um den Erhalt von Gebäuden, das Verhindern von Bauprojekten oder obskure Ideen wie „Wien als Walnussstadt“. Auf der Petitionsplattform der Stadt Wien finden sich seit 2019 65 davon.
3| 23 – ein gutes Drittel, behandelt allein Verkehrsthemen - und zwar so, dass eine Zurückdrängung des Autoverkehrs oder Maßnahmen für Fuß- & Radverkehr gefordert werden.
4| Das Interesse am Thema ist hoch, der Leidensdruck ist sichtlich groß in der „lebenswertesten Stadt der Welt“. Aber liegt das ausschließlich an der unerträglichen Kfz-Verkehrslast, oder lassen sich darin auch demokratiepolitische Implikationen aufspüren?
5| Auch @platzfuerwien findet sich unter den ausgezählten Petitionen. Bei allen erfolgreichen Petitionen zeigt die Zahl der Unterstützer*innen: >500. Ab dann wird aufgehört. Wer wissen will, wieviele Menschen tatsächlich eine Forderung unterstützen, muss selbst zählen.
6| @platzfuerwien stand lt. eigener Zählung zum Tag der Wienwahl bei ca. 57k. Das ist ein Unterschied der aber nicht offiziell anerkannt wird. Die Anzahl der Unterstützer*innen bestimmt, wer zählt. Und Zählen ist Aufgabe der Behörde, die bei 500 aufhört.
7| Aus einer Bewegung von Zehntausenden Menschen die über 5% der Wahlbevölkerung ausmachen, wird ein kleiner Haufen von 500 Bittstellern. #StopTheCount im Kleinen? Wie geht es dann weiter?
8| Zur Wiener Praxis: Der Petitionsausschuss setzt sich (der Verteilungsschlüssel ist mir nicht nachvollziehbar) politisch zusammen aus @SP_Wien 9 (absolute Mehrheit), FPÖ 1, @oevpwien 4, @gruenewien 2, @NeosWien 1.
9| Ein Fallbeispiel: die Petition zum Radweg Dornbacherstraße. Laut stadteigenen Plänen ist dort Hauptradroute - nur Radweg gibt es keinen, dafür aber großzügig Parkplätze. Seit 30(!) Jahren versuchen Bürger*innen das zu ändern, erfolglos.
dornbachradeltsicher.wordpress.com
10| Beim Hauptradverkehrsnetz ist ausnahmsweise die Stadt zuständig, dh. aktuell Verkehrsstadträtin Ulli Sima. Es ist ihre Aufgabe Planungen zu beauftragen und Mittel zur Verfügung zu stellen.
11| Der mehrheitlich mit SP besetzte Petitionsausschuss stimmt allerdings gegen das Einholen einer Stellungnahme der SR und gegen das Veröffentlichen von Ergebnissen der durch ihre MA durchgeführten Evaluierungen von Maßnahmen vor Ort.
12| Warum schirmt der Petitionsausschuss die zuständige SR vor Kontakt mit Bürger*innen ab und sorgt für Intransparenz? Die Hintergründe lassen sich dem Protokoll nicht entnehmen.
wien.gv.at/politik/wahlen…
13| Ich wäre ehrlich dankbar wenn Demokratiestadtrat @ChairNoHorseKey ein paar klärende Worte sprechen könnte. Nun aber zurück zum Ausgangsthema.
14| Menschen haben ein politisches Bedürfnis an der Gestaltung ihrer Umgebung, ihrer Stadt teilzunehmen. Es wird nur selten gehört oder regulär zugelassen. Im Falle der Praterstraße und der Reinprechtsdorfer Straße in Wien gab es aber Beteiligungsverfahren.
15| Die Verkehrsstadträtin und BVs der @SP_Wien haben beide daraus entstandenen Projekte abgedreht. Pläne sind verschwunden. Doch nur wenige Tage später ruft die SR gemeinsam mit der @krone_at zu einem Ideenwettbewerb auf.
16| Zeigt uns: Partizipation ist im liberalen Demokratieverständnis nur dann erwünscht, wenn sie von Oben verordnet wird, wenn Sie den aktuell Regierenden zuarbeitet, von ihnen extrahiert wird als Ressource der Legitimierung.
17| Eine Petition von Bürger*innen fordert potenziell heraus (minimal & zahnlos), sie Umzusetzen wäre Abgeben von Entscheidungsmacht und eine versäumte Gelegenheit der Selbstinszenierung.
18| Aber ein Ideenwettbewerb mit einer Fach-Jury - top! Und weil die @krone_at bei der Vermarktung hilft, wird die Umsetzung eines Vorschlags aus den Reihen des Krone-Forums, der demokratischen Grundgesamtheit Wiens, versprochen.
19| Pseudopartizipation dieser Art ist eine Verhöhnung aller Bürger*innen. #Partizitainment, das einiges offenbart, außer einen realen Willen Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen,...
20| ...die ungerechte Aufteilung des öffentlichen Raums aufzuheben, oder ernsthaft Agency an Bürger*innen zu übergeben.
21| Petitionen erweisen sich als schwaches Instrument der Partizipation. Trotzdem werden Wege gesucht noch schwächere, geradezu unterdrückende Verfahren einzusetzen.
22| Conclusio der Praxiserfahrung: Ideen bleiben nicht unsere, wenn wir sie Machthaber*innen überlassen. Und gezählt wird nur werden, wer selbst zu zählen anfängt.
Nachtrag: bei der Verteilung der Sitze im PA unterlag ich einem Irrtum, da ich den SR mitgezählt habe, der aber kein Stimmrecht hat. Dh. @SP_Wien 8 Sitze, von 16. Bei Gleichstand entscheidet der Vorsitz - auch SP.

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