Thread by @yilmazmdina

#Erfurt DAS VIDEO LÄSST MICH NICHT LOS!

Ich habe das große Bedürfnis, mit euch diese Zeilen zu teilen. Teilen deshalb, weil mich diese Bilder nicht loslassen. Deshalb nicht loslassen, weil ich mit einer Angst konfrontiert wurde, die mich seit meiner Ankunft in Erfurt begleitet.

Ich meide es am späten Abend mit der Straßenbahn zu fahren, weil ich genau solche Übergriffe befürchte.

Bei uns im Restaurant arbeiten junge Migrantinnen, die ich abends mit der Straßenbahn in Richtung Rieth oder Herrenberg nach 22 Uhr NICHT mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren lasse.

Ich fahre sie meistens um Mitternacht mit dem Auto selbst nach Hause, obwohl ich von der harten Arbeit im Restaurant kaputt bin und diese Fahrerei mir eine Stunde Zeit kostet und meine Energie zusätzlich beansprucht.

Nach dem Video weiß ich, dass meine Angst berechtigt ist und dass ich alles richtig gemacht habe. Und ja, wenn es auch nur eine Wahrscheinlicht von 1 zu X ist, ist es mir wichtig, dieser Wahrscheinlichkeit möglichst aus dem Weg zu gehen.

Aus dem Weg gehen deshalb, weil der Alltag sonst von noch mehr Angst begleitet wird.

Wenn ich tagsüber mit der Straßenbahn fahre, mag ich es sehr gerne an dem einzelnen Platz zu sitzen, an dem auch der junge syrische Mann saß.

Heute Morgen habe ich mich auf diesem Platz komisch gefühlt, weil ich in dem Video gesehen habe, dass dies auch ein Platz sein kann, aus dem man sich gar nicht so schnell in Gefahrensituationen befreien kann.

Es gibt verschiedene Ansichten darüber, ob man solche Videos teilen solle oder nicht.

Mir ist aufgefallen, dass vor allem Menschen mit Migrationshintergrund das Video teilen und kommentieren, weil sie aus eigener Erfahrung wissen, dass Rassismus an die Substanz geht.

Und es ist eins der wenigsten Themen, die alle verschiedenen migrantischen Gruppen untereinander -trotz politischer und religiöser Differenzen- zusammenbringt und solidarisieren lässt.

Sie/wir werden emotional, weil sie/wir wissen, dass wir die direkte Zielscheibe solcher Monster sind und anstelle des syrischen jungen Mannes auch WIR dort sitzen könnten.

Alle diejenigen die denken, dass unser Widerstand gegen solche Taten der pure Aktivismus ist, haben noch nie Rassismus erfahren. Ich wünsche es Ihnen auch nicht. Aber ich wünsche mir mehr Empathie.

Noch mehr wünsche ich mir von Migrant*innen in Erfurt, dass sie ihre Stimme selbst erheben und das nicht nur Deutsch-Deutsche für sie sprechen!

Der Täter soll mit aller Härte bestraft werden. In den Nachrichten hieß es, dass ein „verbaler Streit vorangegangen war“.

Jetzt, wo das Video in voller Länge zu sehen ist wissen wir, dass das nicht stimmt. Hier muss die Politik konsequent werden und die Polizei darauf hinweisen, dass sie solche Falschbehauptungen in Zukunft unterlassen soll.