Momentum Institut Profile picture
Oct 3, 2021 14 tweets 6 min read Read on X
"Ökosoziale Steuerreform": Ein großer Wurf? Die wichtigsten Ergebnisse und erste Grafiken und Berechnungen feat. @MattiasMuck @AnnaPixer @jtoelgyes @OliverPicek hier im Thread. ⬇️
CO2-PREIS: Mit 30€/Tonne ab Mitte '22 wird Benzin um 8 Cent/Liter teurer. Haushalte, die mit Gas oder Heizöl heizen, zahlen rund 130 Euro/Jahr mehr. Der Preis ist aber zu gering, um nennenswerte, oder gar: die nötigen Effekte auszulösen.
Mehr als 50 Euro wären zum Einstieg notwendig gewesen. Verteilung über Pro-Kopf-Bonus sinnvoll (wenn auch aktuell überschießend), regionale Komponente beim Klimabonus nimmt Rücksicht auf Verfügbarkeit von Alternativen. Es fehlt aber eine analoge Regelung für die Mieter:innen.
EINKOMMENSTEUER: Die Senkung der Steuersätze der zweiten und dritten Tarifstufe bringt vor allem der oberen Mittelschicht bzw. hohen Einkommen etwas. Mit einem Einkommen von 2.100€ bekommt man EUR 137 pro Jahr mehr. Ab 6.000€ sind es dagegen jährlich EUR 1.230 mehr.
Das spiegelt sich auch in der Verteilungsanalyse wider: Während im ersten Einkommensfünftel (niedrigste Einkommen) niemand von der geplanten Tarifsenkung profitiert, haben fast alle Menschen im obersten Einkommensfünftel nach der Reform mehr Geld zur Verfügung.
Rechnet man bis 2009 zurück, wurde die kalte Progression der letzten 12 Jahre damit immer noch nicht vollständig abgegolten. Auch der Effekt der jetzigen Tarifsenkung wird bereits im Jahr 2026 wieder verpufft sein.
FAMILIENBONUS: Nutzt vor allem höheren Einkommen. In den beiden untersten Einkommensfünfteln kommt so gut wie gar nichts an. Außerdem: problematische Incentives zwischen Männern und Frauen. Erhöhung der Familienbeihilfe wäre bessere Alternative gewesen.
SV-BEITRÄGE: Die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge ist per se eine effektive Maßnahme v.a. für kleine und mittlere Einkommen - ein Ausgleich der Mindereinnahmen für die Sozialversicherung ist aber unbedingt nötig. Es fehlen noch viele Details, die für Bewertung nötig sind.
KÖST-SENKUNG: Von der Senkung der Körperschaftsteuer profitiert nur ein Bruchteil der Unternehmen - sehr gewinnstarke Großunternehmen und deren Eigentümer:innen. Die Senkung kostet 750 Mio. und bringt wenig.
Die andauernde Senkung von Unternehmenssteuern befeuert den internationalen Steuerwettbewerb. Umso absurder, weil Österreich während der Pandemie im internationalen Vergleich den Unternehmen die großzügigsten Unternehmenssubventionen gewährte: 18 Mrd. EUR.
STEUERFREIE MITARBEITER:iNNEN-BETEILIGUNG: Welche Gruppen von Arbeitnehmer:innen werden von ihren Unternehmen mit 3000€/Jahr on top bedacht werden? Da dürften vor allem Besserverdiener wie leitende Angestellte profitieren.
GENDER-PERSPEKTIVE: Von allem, was wir bisher im Detail wissen (Steuersenkung, Familienbonus Plus) profitieren Männer im Schnitt mehr als doppelt so stark wie Frauen. SV-Bonus muss mangels Details unberücksichtigt bleiben.
Männer +576 Euro netto/Jahr.
Frauen +240 Euro netto/Jahr
STEUERSTRUKTUR: Am grundlegenden Problem des Steuersystems, dass Arbeit und Konsum den Löwenanteil des Aufkommens schultern, ändert sich wenig. Gegen Expert:innenrat. Unternehmenssteuern weiter reduziert. Vermögen & -erträge, Erbschaften bleiben unangetastet.
Und hier noch ausführlicher als PDF: momentum-institut.at/system/files/2…

• • •

Missing some Tweet in this thread? You can try to force a refresh
 

Keep Current with Momentum Institut

Momentum Institut Profile picture

Stay in touch and get notified when new unrolls are available from this author!

Read all threads

This Thread may be Removed Anytime!

PDF

Twitter may remove this content at anytime! Save it as PDF for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video
  1. Follow @ThreadReaderApp to mention us!

  2. From a Twitter thread mention us with a keyword "unroll"
@threadreaderapp unroll

Practice here first or read more on our help page!

More from @mom_inst

Jul 12
Von den 10 reichsten Menschen in Österreich sind laut „trend“-#Reichenliste 6 Erb:innen. #Erbschaften sind in 🇦🇹 noch ungleicher verteilt als #Vermögen. Seit Jahren wird beides nicht besteuert. Die #Reichenliste offenbart nun erneut den Bedarf an vermögensbezogenen Steuern. 1/
Jede:r einzelne der Top-10 Milliardär:innen besitzt mehr Vermögen als das ärmste Fünftel der Bevölkerung – 650.000 (schuldenfreie) Haushalte. Der drittreichste Österreicher etwa besitzt als Einzelperson mehr Vermögen als 410.000 Haushalte der unteren Mittelschicht zusammen. 2/
Die Top 10 sind heute siebenmal reicher als noch vor 20 Jahren. In der gleichen Zeit hat sich das Vermögen des untersten Fünftels gerade einmal verdreifacht. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft also immer weiter auseinander. 3/
Read 9 tweets
Sep 15, 2023
Die Regierung hat heute den Vorschlag zur Abgeltung des “letzten Drittels” der #KaltenProgression vorgelegt. Der dadurch erzielte soziale Ausgleich ist äußerst beschränkt und im Vergleich zum Vorjahr sogar schlechter. Wir erklären im 🧵 warum ⬇️. 1/
Die Anpassung der 1. und 2. Tarifstufe kommt von den unteren Einkommensfünfteln bis hin zu den Bestverdiener:innen allen zugute. Von der Erhöhung der 3. und 4. Stufe profitieren tendentziell Besserverdiener:innen. Von der 4. Stufe sogar lediglich die einkommensstärksten 20%. 2/
Für den #Ausgleich der #Inflation, nimmt die Regierung an, dass alle Einkommensfünftel mit der gleichen #Inflationsrate von 9,9 Prozent kämpfen. Einkommensärmere Haushalte haben aber eine um 1 Prozentpunkt höhere Inflationsrate als Personen im oberen Einkommensfünftel. 3/
Read 8 tweets
Jan 23, 2023
Im Krisenjahr 2022 war Geld im Aktiendepot schlecht aufgehoben: Aktienindices verzeichneten deutlich höhere Verluste als Sparbuch oder Bargeld. Die Renditen der meisten Finanzanlagen fielen deutlich negativ aus, zeigen Vergleiche sowohl vor als auch nach Abzug der Teuerung. 1/
Wer sein Geld national oder international in Aktien veranlagte, verlor 2022 kaufkraftbereinigt rund ein Viertel seines Vermögens. Der heimische ATX lag mit realen Verlusten von -30,8 % hinter dem deutschen DAX mit -22,4 %. 2/
Auch der für den Euroraum relevante Index Eurostoxx fiel mit -21,5 % deutlich negativ aus. Der weltweite Aktienindex MSCI World schnitt ebenfalls schlecht ab: Investiertes Geld verlor innerhalb eines Jahres 28,9 % an Wert. 3/
Read 8 tweets
Jun 29, 2022
Klimafreundlicher Konsum bedeutet Verzicht und damit Rückgang der Lebensqualität? Das heutige #PaperderWoche von @efesce und anderen zeigt: Mitnichten. Klimaschutz und hohe Lebensqualität gehen Hand in Hand. Zusammenfassung heute von @jtoelgyes. 1/10
Wir wissen aus der Literatur: Zur schnellen Eindämmung der Klimakrise reicht es nicht aus, nur auf Innovation und Technologie zu setzen. Stattdessen braucht es Maßnahmen, die auch beim Konsum ansetzen – auf englisch: Demand-side solutions. 2/10
Diese Maßnahmen kann man groß in drei Kategorien einteilen: Vermeiden, verlagern, verbessern. Am Beispiel der Mobilität: Wege vermeiden, die verbleibenden Wege auf öffentliche Verkehrsmittel verlagern und den bestehenden Individualverkehr verbessern (auf E-Autos umstellen). 3/10
Read 10 tweets
Apr 6, 2022
Wer hat, der kann – und zwar studieren. Der Zugang zur Hochschulbildung in Frankreich ist stark vom Einkommen der Eltern abhängig. Das zeigen @bonneau_cecile und @SGrobon im #PaperderWoche. @SophieCAch fasst zusammen. Image
In diesem #PaperderWoche untersuchen die Autor:innen, wie gleich oder ungleich sich der Zugang zu Hochschulbildung in Frankreich für junge Menschen gestaltet – und zwar abhängig vom Einkommen der Eltern. Zuerst ein paar Verteilungs-Facts:
Der Anteil der 18–24-Jährigen mit Zugang zu Hochschulbildung steigt mit dem Elterneinkommen. Rund 35% dieser Altersgruppe, deren Eltern im untersten Einkommensfünftel angesiedelt sind, studieren. Im obersten Einkommenszehntel sind es mit 90% fast dreimal so viele. Image
Read 13 tweets
Apr 6, 2022
So viel wir derzeit über die Teuerung reden, so wenig sprechen wir über den – seit Jahren – stärksten Faktor dabei: Die Mieten. Wohnen wird seit Jahren teurer: Um 50 % sind die privaten Mieten seit 2010 angestiegen. Zum Vergleich: die Löhne stiegen um rund 23 %. 1/8 Image
Dass die Schere so weit auseinander geht, ist kein Zufall: Wir bewerten die Renditevorstellungen privater und institutioneller Wohnungseigentümer höher als das Grundbedürfnis jedes Menschen auf Wohnraum. momentum-institut.at/news/hohe-miet… 2/8
Um fast 6% Prozent werden die Richtwert-Mieten nun angehoben. Mieterhöhungen bei gleichzeitig stark steigenden Energiepreisen bergen ein Risiko: 3/8 Image
Read 8 tweets

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just two indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3/month or $30/year) and get exclusive features!

Become Premium

Don't want to be a Premium member but still want to support us?

Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal

Or Donate anonymously using crypto!

Ethereum

0xfe58350B80634f60Fa6Dc149a72b4DFbc17D341E copy

Bitcoin

3ATGMxNzCUFzxpMCHL5sWSt4DVtS8UqXpi copy

Thank you for your support!

Follow Us!

:(