Thread by @LyllithB

Zum Todestag von Willi Graf ( † 12. Oktober 1943)
Warum beschäftigt mich der Todestag von Willi-Graf so sehr? Das hat mehrere Gründe.
Ein relativ banaler Grund ist, dass es in Ludwigshafen ein Willi-Graf-Haus gibt, als Jugendfreizeitstätte.
kath-dekanat-lu.de/soziale-einric…

Dort war ich recht häufig, als Kind und Jugendliche und habe mich auch mit dem Leben und Tod Willi Grafs beschäftigt.
Der Hauptgrund ist allerdings mein vor 5 Jahren verstorbener Großvater, der in jungen Jahren ebenfalls Mitglied im Bund Neudeutschland war und dort viele Jahre

bis zu seinem Tod aktiv war. Allerdings hat er erst wenige Jahre vor seinem Tod über seine Zeit als Jugendlicher( Jahrgang 1928) im Nationalsozialismus und im Krieg erzählt, auch das nur sehr bruchstückhaft. Etwa drei Jahre vor seinem Tod hat er als 85jähriger begonnen,

seine Erinnerungen niederzuschreiben am PC mit Word. Ich hatte die Ehre ihm beim Formatieren zu helfen und die Dokumente, die er selbst eingescannt hatte zu verkleinern. Ich durfte aus erster Hand erfahren, wie das Leben eines Jugendlichen in dieser grausamen Zeit war.

Gerade der Zwiespalt als Mitglied der katholischen bündischen Jugend, die bereits 1933 verboten wurde, er aber erst 1938 beitrat, was ein hohes Risiko war und dem Anpassungsdruck unter nationalsozialistischer Herrschaft. Die geheimen Treffen waren ihm Erfüllung und

Bereicherung zugleich. Es war die Zeit als er den Swing kennenlernen durfte, aber auch die Zeit, wo er in dem christlichen Glauben eine festen Anker fand, der ihn die Schrecken des Nationalsozialismus erkennen lies. Mein Großvater war zwar mit 15 zu jung, um aktiven Widerstand

zu leisten, aber er konnte die Schrecken des Systems sehen. Die Zeit währte aber nur kurz, da er 1945 zum Dienst als Flakhelfer im Volkssturm (letztes Aufgebot) gezwungen wurde. kurz bevor die Sowjetarmee Potsdam erreichte, bat er die Führung, dass sie zumindest die Mädchen

nach Hause gehen lassen sollten. Er wurde sofort von einem Standgericht zum Tode verurteilt. Aber bevor es zur Hinrichtung kam, war die Rote Armee schon da. Sie schickte die Jugendlichen einfach nach Hause. So hat ihm die Rote Armee ds leben gerettet. Er hat das alles nieder

geschrieben in Erwartung seines baldigen Todes (er war schwer krebskrank) und sagte "Jetzt kann ich endlich ruhig schlafen".
Diese Erinnerungen sind für mich so wichtig und haben mein weiteres Leben geprägt. Ich reagiere allergisch, wenn ich Anzeichen von Extremismus fühle.

@threadreaderapp please unroll