Ein Leser hat mich gebeten, das Gespräch mit Simone Wietlisbach zum Covid-Gesetz zu kommentieren. Hier eine Zusammenfassung und meine Reaktionen. 1/38

Erst ist Lukas Hässig ganz fasziniert davon, dass jemand nach einer Heirat ihren Nachnamen ändert. Er erklärt mehrfach, dass Frau Häcki nun eben nicht mehr Häcki heisst, sondern Wietlisbach. 2/38
Frau Wietlisbach (vormals Häcki - "ein genauso toller Name", wie sie selbst sagt) ist nicht grundsätzlich gegen COVID-Massnahmen, aber so wie jetzt könne es nicht weitergehen. "Jeder muss aufstehen, Gesicht zeigen und für unsere Schweiz einstehen." 3/38
Was über die letzten eineinhalb Jahre geschah, sei völlig unverhältnismässig, gesetzeswidrig, medizinisch falsch, sozial und menschlich falsch gewesen - und zudem passten viele Zahlen nicht zusammen. 4/38
Was schlägt Frau Wietlisbach stattdessen vor? Distanzhalten und Hygienemassnahmen wären jetzt angebracht. Wir seien ja alle eigenverantwortliche Bürger. Bei "99.85% Überlebenschance" würden wir nicht von einer Pandemie sprechen, bei der 10% sterben. 5/38
Wir hätten ganz andere Viren und gesundheitliche Probleme auf dieser Welt, die viel tödlicher seien und über die niemand rede. 6/38
Man müsse auch die Krebstoten gegenrechnen, die wegen dieser Massnahmen nicht in eine Vorsorge gehen können. 4 Wochen Verspätung bedeute 30% höheres Todesrisiko. Das ist tatsächlich ein Problem, spricht aber überhaupt nicht gegen Massnahmen. 7/38
Die Massnahmen dienen ja gerade dazu, Krebsleidende und andere Patienten zu schützen, damit das Gesundheitssystem sie weiterhin versorgen kann. Je weniger COVID-Hospitalisierte es gibt, desto besser sind alle anderen Patienten betreut. 8/38
Die unkontrollierte Verbreitung des Virus gefährdet die Versorgung der Krebspatienten! Wie könnten wir Versorgung der Krebspatienten sicherstellen, während wir COVID-19 freien Lauf lassen? Ich sehe nur eine Lösung, die Gegner der Massnahmen nie aussprechen: 9/38
Wer an COVID-19 erkrankt, bleibt gefälligst zuhause und stirbt dort, ohne das Gesundheitssystem zu belasten. Es sind ja weniger als 1%, also vernachlässigbar. Ist das wirklich Euer Vorschlag? Und versteht Ihr, dass Todesfälle ohne Behandlung noch weiter ansteigen? 10/38
Wäre so ein Ansatz wirklich sozialer, gerechter, freier? - Sollen die Leute doch zuhause verrecken, sind ja nur Alte und Schwache und nicht ich. Ich will weiterhin alles machen können, ins Restaurant, keine Maske tragen, am Sonntag Gipfeli kaufen. 11/38
Dann geht's wiederum um die Anzahl Spitalbetten. Wir bräuchten mehr Möbel und mehr Personal. Wieder einmal wird exponentielles Wachstum nicht verstanden. 12/38
40% der Intensivpatienten seien doppelt Geimpfte, sage man, behauptet Wietlisbach. "Es gibt auch viele Studien." Leute, die in der Pflege arbeiten, würden ihr bestätigen, es seien sogar mehr doppelt Geimpfte. Sie wisse das aus sicheren Quellen. 13/38
Leseempfehlung für Frau Wietlisbach (und alle anderen, welche die Wirkung der Impfung in Frage stellen): 14/38

opakoebi.medium.com/wie-steigern-w…
Weiter geht's: Die Verschärfung des Covid-Gesetzes sei ein "massiver Angriff gegen unsere Schweizer Demokratie". 16/38
Die Bilder aus Italien mit den Särgen, die "Angst und Schrecken eingejagt haben", hätten gar nichts mit Corona zu tun gehabt, sondern seien von einem Schiffsunglück von 2013.

Es stimmt, dass auf Facebook ein Bild von 2013 kursiert ist, aber war das bei uns in den Medien? 17/38
Sie sprechen von "Medienmissbrauch". Nehme dazu gerne Hinweise entgegen, Frau Wietlisbach. Stellen Sie in Frage, dass in Bergamo viele gestorben sind? Sind alle Bilder von dort gefälscht oder aus anderem Kontext? 18/38

correctiv.org/faktencheck/20…
Was sie gesehen habe und was passiert sei, passe nicht zusammen. Man müsse lernen, nicht alles für bare Münze zu nehmen. Kritisches Denken sei wichtig in der Schweiz. Sie hätte ein bisschen in die Politik reinsehen dürfen. 19/38
Leserbriefe seien abgeändert worden. Es werde sehr viel manipuliert in den Medien. Sie sei nicht blind.

Wietlisbach bringt klassische Verschwörungstheoretiker-Anekdoten. Thread zum Thema: 20/38

Nun kommen die "Great Barrington"-Wunschträume. "Alte schützen, den Rest laufen lassen". Mit dem Geld für die Massnahmen hätte man die AHV sanieren können. "Oder siebenmal Gotthardtunnel bauen.", ergänzt Hässig. 21/38
Wietlisbach ist stolze Schweizerin und die Schweizer Demokratie liege ihr am Herzen. Der Wohlstand, welchen wir unseren Vorfahren zu verdanken hätten, werde nun leichtfertig an die Wand gefahren. Wir seien das unseren Vorfahren schuldig, das müssten wir uns bewusst sein. 22/38
"Hinterher ist es viel schwieriger, alles wieder instand zu stellen und aufzuräumen. Jetzt geht es wirklich um die Schweiz.", "Jeder Schweizer Bürger, dem die Schweiz und die Schweizer Werte, die wir haben, irgendwo im Herzen liegt, muss jetzt aufstehen und Gesicht zeigen." 23/38
Ein Wortsalat grosser Begriffe, der aber eigentlich überhaupt nichts aussagt. Lesen Sie die Zitate im letzten Tweet nochmal. Damit könnte man sich für so ziemlich alles einsetzen. Es ist völlig unklar, was sie eigentlich fordert. 24/38
Wenn Leute ohne Zertifikat nicht ins Restaurant dürften, würde die Schweiz doch nicht untergehen, entgegnet Hässig. "Das ist einfach eine Diskriminierung.", meint Wietlisbach. Und es sei auch medizinisch gesehen falsch. 25/38
Wenn Geimpfte das Virus genauso weitergeben können, weshalb sollten sie sich dann gegenseitig anstecken gehen? Dann müsste man eigentlich die Ungeimpften schützen vor den Geimpften. - Damit liegt sie nicht ganz falsch. Ist das ein Votum für 2G? 26/38
"In der Regel geht man davon aus, dass der Mensch gesund ist. Wenn man Symptome hat, merkt man es." Jeden Tag müsse man neu beweisen, dass man gesund sei. So weit seien wir schon.

Leseempfehlung: 27/38

opakoebi.medium.com/was-unterdesse…
Im Vergleich zu Österreich sei der Schweizer Bundesrat ja geradezu zurückhaltend, meint Hässig.

Sobald das Gesetz angenommen werde, würde der Bundesrat denselben Takt fahren wie Österreich, Deutschland, Frankreich und Italien. Denn genau das wolle er, sagt Wietlisbach. 28/38
Die Abstimmung gäbe ihm die Macht, bis 2031 zu schalten und walten, wie er wolle. "Wer bestimmt, was wirklich ein Notzustand ist? Wie weit geht ein umfassendes Contact Tracing? Geht das so weit, dass man Ihren Blutdruck weiss?" - Wiederum Verschwörungstheorien. 29/38
Ständerat und Nationalrat würden den Bundesrat nicht in die Schranken weisen und wir Bürger könnten ihn auch nicht abwählen. Mit diesem Gesetz erhalte die Exekutive alle Macht. Aber würde der Bundesrat wirklich so weit gehen wie z.B. Österreich, fragt Hässig. 30/38
"Was im Moment läuft, ist für mich nicht mehr wirklich Schweiz.", meint Wietlisbach. Der Bundesrat hätte mehrfach gelogen. "Und dem soll ich glauben?" Ehrlichkeit sei ein Schweizer Wert. Der Bundesrat lebe das nicht vor. 31/38
Wenn es dem Bundesrat wirklich um Gesundheit ginge, würde er viel mehr schauen, dass die Leute ihr Immunsystem stärken, sagt Wietlisbach. In dem Bereich werde gar nichts unternommen. - Doch, doch. Mit Impfungen. Die machen genau das. Und wirken viel besser als Vitamin C. 32/38
Alle COVID-Intensivpatienten hätten Selenmangel. Durch intravenöse Verabreichung von Vitamin C, Zink, Selen und D3 kämen sie innerhalb von zwei Tagen aus der Intensivstation. Das wisse man alles seit letztem Sommer, aber es interessiere niemanden. 33/38
Für die Abstimmung befürchtet Wietlisbach ein Ja, denn viele Leute glaubten den Lügen des Bundesrates. Es ginge um umfassende Kontrolle und dass der Bundesrat alleinige Macht habe für Entscheidungen - bis 2031! 34/38
Und nochmal betont sie, 99.85% überlebten COVID-19 "ohne irgendeinen Schaden". Sie blendet Long-COVID völlig aus. Und dass selbst nach Überleben eines Spitalaufenthalts nicht einfach alles in Ordnung ist. Ich erinnere an Karl Lauterbach: 35/38

Zum Schluss wieder Schwurbelei: Nur Notzulassung. Es gäbe "noch keine wirklichen Studien" zu den Impfungen. Ihre Antikörperwerte seien nach einer COVID-Infektion im März 2020 nun noch immer dreimal höher als die von doppelt Geimpften. 36/38
Zusammenfassend: Zahlreiche Fehlinformationen, viel Verwirrung, vage Referenzen zu Schweizer Werten und Schuld gegenüber unseren Vorfahren, Massnahmen seien unnötig, weil kaum jemand stirbt und ein Wundermittel alles lösen würde, aber von den Medien verheimlicht wird. 37/38
Eines muss ich noch sagen: Bin nicht immer begeistert von Lukas Hässig. Hier hat er aber einige Male gut nachgehakt. Auch als es um Wietlisbachs wundersame (und äusserst teure) Haarwuchsmittel ging. "Tönt fast ein bisschen nach Voodoo für mich." 38/38

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More from @OpaKoebi

11 Nov
Bundesrat Berset ist wieder mal optimistisch. Die Corona-Situation sei unter Kontrolle.

Das haben wir leider schon etliche Male gehört von ihm, bevor alles schlimmer wurde.

Ein kleiner Rückblick auf ausgewählte Momente. 1/n
Mai 2020: "Wir können Corona."

Lockerungsschritte werden angekündigt. 2/n
September 2020: "Ich mache mir keine Sorgen." Der Herbst sei überhaupt nicht vergleichbar mit dem März. 3/n
Read 6 tweets
11 Nov
Anfang Februar 2021 hatte ich einen Text geschrieben zum Thema Herdenimmunität. Der begann so: 1/9 Image
Schon damals war klar, dass Erreichung von Herdenimmunität davon abhängen würde, wie stark die Impfungen die Weitergabe des Virus verhindern.

Jetzt sehen wir genau dies. Die Impfungen schützen sehr gut vor Krankheit, aber weniger gut vor Infektion. 2/9 Image
Zudem würden Impflogistik und Impfbereitschaft entscheidend sein. Dass ein bedeutender Anteil der Bevölkerung sich nicht würde impfen lassen wollen, war auch bereits absehbar. Das wird zum Problem für die Herdenimmunität. 3/9 Image
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10 Nov
"Aerosole sind der Hauptübertragungsweg."

Nach 20 Monaten Pandemie sagt mal jemand im Schweizer Fernsehen, was schon längst bekannt ist. 1/4

srf.ch/play/tv/kassen…
Das BAG behauptete dagegen noch im Juli, Ansteckungen über Aerosole seien selten. 2/4

Und auch heute kann das BAG der Bevölkerung noch immer nicht die Wahrheit sagen. Gesicht zu wahren ist wichtiger. Man darf sich selbst nie korrigieren.

Neuster Trick: "Der Übergang ist fliessend.", "Das Coronavirus wird durch Tröpfchen und Aerosole übertragen." 3/4 Image
Read 5 tweets
4 Nov
Ein wirklich ganz grossartiger Text von @c_endt. Trifft alles ziemlich genau so auch auf die Schweiz zu; teilweise ist's hier sogar noch schlimmer. Ein paar Auszüge. 1/12

zeit.de/wissen/2021-11…
"Seit mehr als 20 Monaten folgt der Umgang mit dem Virus dem Prinzip Hoffnung: Möglichst lange abwarten, Zuversicht verbreiten, alle Warnungen ignorieren und hoffen, dass es vielleicht doch nicht so schlimm wird. Leider wurde es bislang jedes Mal schlimm. ... 2/12
... Worauf man sich jedes Mal aufs Neue überrascht gibt. Dabei wäre geradlinige, wahrhaftige Kommunikation in der Pandemie so wichtig." 3/12
Read 12 tweets
4 Nov
Ein Thread zu Verschwörungstheorien. Immer wieder erhalte ich leidenschaftliche Zuschriften, die mich von alternativen Erklärungsversuchen überzeugen möchten. Sie haben typischerweise einige Dinge gemeinsam: 1/27
- Etwas Ungeheuerliches geschieht mit zahlreichen Opfern
- Nur wenige wissen Bescheid, werden aber nicht erhört oder gar geächtet
- Mächtige, düstere Kräfte arbeiten zusammen, um die Wahrheit zu verbergen und Geld zu scheffeln
- Die Presse wird manipuliert 2/27
Womit werden diese Theorien begründet? Es ist typischerweise ein bunter Strauss von Anekdoten. Das Altersheim in Peru. Der frühere Abgeordnete aus dem Iran. Ein Krankenhaus in Südalbanien. Ein Professor für Verkehrsplanung, der die Verschwörung unter Epidemiologen aufdeckt. 3/27
Read 27 tweets
2 Nov
1'949 gemeldete COVID-Fälle in der Schweiz heute. 30% mehr als vor einer Woche.

Wie geht das nun weiter? Was geschieht über die kommenden Wochen des November?
- Das Wetter wird zunehmend kalt und nass
- Der Schutz der Geimpften nimmt ab, gerade bei Senioren

1/6
- Wenige, sehr späte Booster haben noch kaum eine Wirkung
- Die Impfquote wird kaum merklich erhöht, tägliche Impfungen nehmen weiter ab
- Massnahmen ändern sich nicht oder werden gar aufgeweicht

2/6
Wenn sich nichts ändert, geht der Anstieg von Infektionen, Hospitalisationen und Todesfällen weiter. Wo kommen wir da hin? Ein paar einfache Szenarien zur Illustration: 3/6 Image
Read 6 tweets

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