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Dec 16, 2021 14 tweets 7 min read Read on X
Vielleicht erinnert ihr euch noch an diesen Tweet. Der Wind bläst, es gibt genügend Windkraftanlagen, die den Wind in Strom umwandeln können - und:

Der Preis im Großhandel geht nach unten. Wunderbar!

Wir von der @at_AEA haben uns das genauer angeschaut - leset diesen #Thread 🧵
Das oben war aber nicht in Österreich, sondern in Deutschland.

Schauen wir uns den 1. Dezember an. Unser großer Nachbar hatte einen Strompreis im Großhandel von 91 EUR/MWh, in Österreich waren es 244 EUR/MWh. Ein Preisunterschied ("Spread") von 153 EUR/MWh.

Was war da los?
Die Antwort steckt im Erzeugungsmix dieses Tages.

🇩🇪 Deutschland: 54% Wind, 5% Gas
🇦🇹 Österreich: 20% Wind, 44% Gas

Der hohe Windanteil in 🇩🇪 drückt den Strompreis, der hohe Gasanteil in 🇦🇹 treibt ihn nach oben. Wieso?
Die Antwort dafür findet sich im Prinzip der Preisfindung im Großhandel mit Strom:

Die #MeritOrder bestimmt die Einsatzreihenfolge von Erzeugungsanlagen in Abhängigkeit ihrer Grenzkosten.

Weil hier zu wenig Platz ist: Lest die grünen Kastl. Kurz: Erneuerbare drücken den Preis.
Im Winterhalbjahr setzt in Österreich oft ein Gaskraftwerk den Strompreis. Deren Betrieb ist momentan wegen der extrem steigenden Gaspreise ◀️ aber richtig teuer ▶️.

Und deshalb sind auch die Strompreise angestiegen (erst im Großhandel, zuletzt auch für Konsument*innen).
Das zu wenig an erneuerbarer Stromerzeugung speziell in der kalten Jahreszeit in Österreich hat noch einen Effekt:

Die Großhandelspreise zwischen Deutschland und Österreich gehen auseinander. Mit Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft.
Denn, seit der Preiszonentrennung im Oktober 2018 (bis dahin gab es in 🇦🇹+🇩🇪 den gleichen Großhandelspreis), zahlen viele von ihnen einen Aufpreis, der sich an diesen Spreads bemisst.

Zusätzlich zur ohnehin gestiegenen Energiekomponente des Strompreises.
Ein Blick zurück zum Vergleich des Erzeugungsmix in Deutschland und Österreich 👇.

Just an jenen Tagen, als es in Österreich viel Wind gab (29.11 und 4.12), waren die Spreads viel niedriger.
Der Ausweg also? Effizienz, Flexibilisierung, Speicher, Netze, vor allem: Erneuerbaren-Ausbau. Besonders Wind, aber auch PV, Wasserkraft, ferner Biogene.

Dafür braucht es - neben dem #EAG - das politische Commitment der Länder. Potenziale sind da, jetzt muss gehandelt werden.
Grüner Strom ist eine wichtige Basis für Mobilität, Wirtschaft und das Leben von morgen.

Und damit wird auch klar, dass der Ausbau von Erneuerbaren in Österreich entscheidend für erfolgreiche Unternehmen und Standortpolitik sowie sichere Jobs ist. Machen wir das!
Quelle für alle Grafiken ist die heute präsentierte Analyse der @at_AEA, hier als Download verfügbar:

energyagency.at/aktuelles-pres…
Hinweis: In der Grafik zu den Windpotenzialen schaut es so aus, als gäbe es in Wien keine Windkraft. Es ist zwar so wenig, dass es das PDF offenbar nicht darstellen kann, aber es gibt sie: 9 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 7,4 MW (2020). 😉 (@igwindkraft)
Zusatz: Bei der Preisfindung im Großhandel und Unterschieden zwischen Preiszonen spielt die Merit-Order die wesentlichste Rolle. Aber auch die Verfügbarkeit von Übertragungskapazitäten ist ein bestimmender Faktor. Hätten wir eine Kupferplatte, wäre der Preis überall gleich.

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Jun 28
Was passiert mit der #Gasversorgung Österreichs, wenn der Transit von russischem Gas via Ukraine ab 1.1.2025 gestoppt wird?

Die @at_AEA ist dieser Frage im Auftrag des Energieministeriums @BMKlimaschutz mit fachlicher Unterstützung der @energiecontrol auf den Grund gegangen.

🧵 Image
Basis für die Berechnung bildet ein Modell der E-Control, das Österreichs 3 Gas-Marktgebiete, 100 TWh Gasspeicher, den Gasverbrauch in 88 Bereichen sowie Import- und Exportkapazitäten und Eigenproduktion abbildet.

Es erlaubt Szenarien in einem Betrachtungszeitraum von 2 Jahren.
Bevor wir auf die Ergebnisse der Modellierung eingehen, ein Blick auf die Annahmen:

- Eigenproduktion von Gas in Österreich: gut 6 TWh pro Jahr, entspricht Vorjahren (btw: könnte man ausbauen, bevorzugt auf Basis von grünem Gas #EGG, aber selektiv auch konventionell)
Read 32 tweets
May 6
#Wien hat heute den Wiener Wärmeplan 2040 präsentiert. Es ist literally ein Stadtplan, der zeigt, in welchen Gebieten es welche Alternativen gibt/geben wird, um die rund 600.000 Gasheizungen bis 2040 ersetzen zu können.

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Was ist das Gesamtbild 2040? Wie wird der Wärmebedarf gedeckt?

🔸 2/3 (klimaneutrale) Fernwärme, davon die Hälfte bereits jetzt fernwärmeversorgt

🔸 1/3 anders, davon...
🕧 50% lokale Wärme-/ Verbund-/ Anergienetze
🕧 50% individuelle Lösungen (Wärmepumpe, Biomasse,...)

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Eine wesentliche Herausforderung für die nächsten Jahre ist die Zentralisierung der Heizsysteme in bisher über Gasetagenheizung versorgten Gebäuden (siehe unten "dezentrale Gasgeräte").

Hier gehts zum Wiener Wärmeplan 2040:


/3 wien.gv.at/umwelt/waermep…
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Apr 30
Für #Wasserstoff-Feinspitze: Die Ergebnisse der 1. Auktion der 🇪🇺 Hydrogen Bank sind da. Projekte mit einer Elektrolysekapazität von 8.350 MW wurden eingereicht, 278 MW aus 🇦🇹

7 Projekte (1.500 MW) haben den Zuschlag bekommen, im Schnitt werden 0,44 €/kg grüner H2 gefördert

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Wie erwartet kam aus Österreich kein Projekt zum Zug (andere Länder können grünen Wasserstoff günstiger herstellen)

Umso wichtiger, dass das #WFöG beschlossen wird. Es hängt sich beim nächsten Call der 🇪🇺 Hydrogen Bank ein und finanziert 🇦🇹 Projekte

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Spannendes Ergebnis der Pilotauktion der 🇪🇺 Hydrogen Bank:

Die günstigsten Länder produzieren grünen Wasserstoff um 5,3 - 5,8 EUR/kg (🇬🇷 🇸🇪🇪🇸). Das sind 15,9 - 17,4 Cent/kWh.

In Österreich sinds im Schnitt 38 Cent/kWh, in Deutschland 35 Cent/kWh (bei großen Bandbreiten).

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Read 6 tweets
Apr 18
Zürich legt gebietsweise die letzte Meile der Gasnetze still (Verteilnetz).

Gleichzeitig wird den Menschen aufgezeigt, welche Alternativen sie dann statt der Gasheizung haben: Fernwärme, Verbundnetze (lokales Wärmenetz) oder dezentrale Lösungen wie Wärmepumpen oder Biomasse.
Der koordinierte Rückbau von Gasnetzen ist logisch und sinnvoll. Der Ausstieg aus Gas ist Fakt. Wenn aber immer weniger Haushalte/Betriebe am Gasnetz hängen, wird die Erhaltung des Netzes für die verbleibenden Verbraucher immer teurer, denn die Kosten werden auf diese umgelegt.
In einigen Gebieten - auch Österreichs - geht das schon so weit, dass Kilometer an Leitungen und dazugehörige Apparate gewartet und erneuert werden müssen (das sind meist Investitionen jenseits der 100.000 €), obwohl vielleicht nur mehr ein paar Haushalte am Netz hängen.
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Apr 10
🔋 Ihr habt eine PV-Anlage aber noch keine Batterie?

Seit heute gibt es die Möglichkeit, sich beim @klimafonds den Kauf eines neuen Batteriespeichers (bis 50 kWh) fördern zu lassen. Es gibt 200 € pro kWh nutzbarer Kapazität.

Wichtig, dass jetzt Speicher ins Stromsystem kommen! Image
Die Förderung gilt für Private, Unternehmen, Vereine usw.

Der Batteriespeicher muss eine bestehende erneuerbare Erzeugungsanlage (wohl meist PV) ergänzen, der Speicher alleine ist nicht förderbar.

Eine Kombi mit der USt-Befreiung bei Kauf von PV + Speicher ist nicht möglich.
Insgesamt sind für 2024 35 Mio. Euro reserviert. Rein rechnerisch können also 175 MWh Speicherkapazität gefördert werden. Brauchen werden wir definitiv mehr, aber das ist mal ein guter Anfang. 👍

Mehr Infos gibt es hier:
klimafonds.gv.at/wp-content/upl…
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Mar 6
Das Spannende am heutigen Ministerratsvortrag ist weniger die Info, dass die 1. Erweiterungsstufe des WAG-Loop aus Budgetmitteln kofinanziert wird (inkl. Mittelrückfluss), sondern, dass Nehammer, Kogler, Gewessler und Brunner einen Fahrplan für die nächsten Monate kommunizieren:
Das Erneuerbare-Gase-Gesetz #EGG soll über die Ziellinie gebracht werden. Es braucht da ja die Stimmen von SPÖ oder FPÖ für eine Zweidrittelmehrheit.

Ziel: mindestens 7,5 TWh erneuerbares Gas aus Österreich in 2030, mindestens 15 TWh in 2035

Jenes Gesetz, das das "Betriebssystem" (copyright @florianmaringer) für den österreichischen Strommarkt ins Jahr 2024 bringen würde #ElWG, soll "ehestmöglich" in Form einer Regierungsvorlage in den Zwei-Drittel-Mehrheitsfindungsprozess gebracht werden.

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