Thread by @ole_kracht

Fazit #0301HGW
Ich habe schon weit über 100 Demonstrationen, Versammlungen, Kundgebungen und Co. begleitet, vorallem in MV.
Das heute war aber auf jeden Fall der vorläufige Tiefpunkt - in allen Belangen. Ich kann es nicht anders sagen.

Ein langer Thread, gerne teilen:
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Zur heutigen Querdenker-Veranstaltung, mit anschließender Demo, mobilisierten auch zwei Gegenveranstaltungen. Es gab prominente Redner*innen, lockere Musik und ein insgesamt recht junges Publikum.
Auf der Gegenseite sah man diese Gegenveranstaltung als offene Kampfansage.
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Schon in den Chatgruppen wurde Stimmung gemacht. Die Lügenpresse werde schon die richtigen Bilder erzeugen. Provokateure würden sich einschleusen. "Die Antifa" nur auf den Angriff warten. Dementsprechend angriffslustig traten die Querdenker auch auf.
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Vor Beginn der Veranstaltung ging eine Gruppe durch die Gegendemo und versuchte diese, ohne Erfolg, zu provozieren. Querdenker versuchten immer wieder in die Gegenveranstaltungen zu kommen und diese zu provozieren. Die Polizei reagierte heuteeher, als dass sie agierte.
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Es flogen mindestens drei mal Pyrotechnik. Zuletzt ein Böller, welcher genau in einer Gruppe der Gegenveranstaltung landete und neben deren Füßen explodierte. Den Schreck konnte man ihnen ansehen. Die Polizei war irritiert: "Hier ist ein Böller explodiert?".
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Man muss sagen, wenn man so weit weg ist kann das durchaus untergehen. Die wenigen Cops waren nunmal heillos überfordert. Es war kein Einsatzkonzept, bis auf die Hamburger Gitter, erkennbar. Maskenkontrolle bei den Querdenkern? Anscheinend nicht.
Getragen wurden diese selten.
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Auf der Gegenseite fand sich das Who is Who verwirrter Schreihälse ein. Ich werde daraus nicht zitieren. Ich habe zwischen der Verurteilung der Bundesregierung und wilden NS-Vergleichen aufgehört dem zuzuhören. Die Masse wurde gut aufgepeitscht, das Feindbild klar.
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Besagter Böller explodierte übrigens, während sich die Querdenker-Demo aufstellte. Konsequenzen? Keine. War auf Demos, die wegen weniger gekesselt & aufgelöst wurden. Aber auch hier: es fehlten die EInsatzkräfte. Der Querdenker-Zug wurde spärlich begleitet.
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Die Polizei steuerte vollkommen verwirrt durch die Straßen, U-Turns auf Kreuzungen, Autofahrer wurden angebrüllt, an einer Kreuzung verwies ein Polizist einen Fotografen Richtung Straßenrand. Die Querdenker waren weit über 15 Meter entfernt. Die Überforderung und das ...
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... fehlende Konzept war den Einsatzkräften anzusehen. Die Demo, schätzungsweise rund 400 bis 500 Querdenker, wurde von schätzungsweise max. 40 Cops und 5 bis 6 Fahrzeugen abgesichert. Auch dort flog zwischendurch Pyrotechnik. Masken wurden so gut wie keine getragen.
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Wohnungen und Menschen, die aus ihren Fenstern schauten, wurden von den strahlend-blinkenden Lampen der Querdenker erfasst und zogen sich oftmals in ihre Wohnung zurück. Der Mob wirkte aufgeputscht, aggressiv und hätte jederzeit ausbrechen können.
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Es haben sich fast alle meine Befürchtungen bestätigt. Die Polizei: unterbesetzt und passiv. Querdenker: aggressiv, übergriffig und gewaltbereit. Nur die finale Eskalation ist, zum Glück, meines Wissens nach ausgeblieben. Doch was heißt das? Das war ein Versagen mit Ansage.
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Seit Wochen sind die Zahlen der Querdenker-Demo konstant oder steigend. In öffentlichen Gruppen hat sich diese kleine Masse immer weiter radikalisiert. Letzte Woche gab es gewaltsame Übergriffe, welche der Polizei bekannt sein dürften. Hatte das Folgen für heute? Nein!.
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Ich stand schonmal mit 400 Gegendemonstranten vor zwei Wasserwerfern, zwei Räumpanzern und 100 Cops. Ich war auf normalen Demos, wo mindestens vier Beamte vom Staatsschutz alles obersviert haben. Ich war bei linken Demos, wo jeder Teilnehmer sich einzeln anmelden musste.
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Personal und Möglichkeiten sind da. Nur braucht es auch einen Willen. Klingt wie Verschwörung, ist aber nur Frustration. Vielleicht sind ja aber auch alle Einsatzkräfte in MV und in den Nachbarländern jeden Montag komplett gebunden. Kann sein, werde ich erfragen und ergänzen.
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Ich bin heute mit einem Gefühl nach Hause gegangen, welches ich das letzte Mal zwischen 2009 und 2013 hatte. Greifswald erlebte eine Welle rechter Gewalt. Propaganda in den Straßen, Brandanschläge, brutale Überfälle durch Neonazis. Eine unangenehme Zeit, heute ganz anders.
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Das Gefühl aber damals wie heute: uns hilft hier niemand, uns möchte niemand helfen. Der Staat zieht sich zurück. Wir müssen uns selber helfen. Solidarischen Worten auch solidarische Taten folgen lassen. Das, was hier seit Wochen passiert, hat viele wachgerüttelt.
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Journos haben sich im Vorfeld der Demo heute abgesprochen und gemeinsam mögliche Gefahren besprochen. Aufeinander achtgeben, nicht alleine bewegen, im Zweifel Abstand. Eigentlich darf das NIEMALS die Grundlage journalistischer Arbeit bei angemeldeten Veranstaltungen sein.
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Aber was soll man machen, wenn die Polizei zuschaut, die Querdenker zupacken und die Politik die Schultern zuckt? Das mag alles sehr pathetisch klingen, ist es vielleicht auch. Aber das ist die Quintessenz von #AusgebranntePresse.
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Ich mache das hier alles in meiner Freizeit, neben meinem Job. Ich kenne aber genug Leute, deren täglich Brot das ist. Die das, genauso wie ich, vorallem aus Leidenschaft machen aber auch letztlich keine Wahl hätten, selbst wenn es zu gefährlich werden würde.
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Ich höre von Journos die ihre Artikel extra nicht so scharf schreiben, weil sie im selben Ort wie diese Hoschis leben und Angst haben, Hausbesuch zu bekommen. Das ist die Realität, schon seit Jahren. Wir sehen es jetzt nur unter einem Brennglas, für alle gut sichtbar.
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Man kann nicht hinnehmen, dass Presse- & Meinungsfreiheit durch gewaltbereite Querdenker, mit Ansage, untergraben, erschwert oder gar verhindert wird. Ich kenne es hier nicht anders. Viele Journos, deren mutige Arbeit ich auf Twitter verfolgen darf, geht es offenbar genauso.
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Trotzdem: Es ist eigentlich Aufgabe des Staates und seiner Organe, die Pressefreiheit sicherzustellen. Demonstrationen, wenn sie eben dieser Presse gefährlich werden, einzuschränken. Davon ist nichts zu spüren. Wer am lautesten schreit hat aktuell das Recht.
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Das könnte ich ewig fortführen, lasse es aber gut sein. Deutschlands Institutionen bauen gerade massiv Integrität und Vertrauen ab. Ist ihnen anscheinend egal.

Passt auf euch auf, vernetzt euch, bleibt aktiv. Solidarische Grüße an alle da draußen!

Gute Nacht.
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