Thread by @HammerARD

Amnesty-Bericht: Ich will hier noch einmal für mehr Differenzierung werben. Den ganzen Bericht als "Lüge" zu bezeichnen, hilft aus meiner Sicht nicht. Amnesty antisemitische Motive zu unterstellen: Auch nicht. (1/12)

Natürlich ist der Begriff "Apartheid" ein Reizwort. Vielleicht auch eine bewusste Provokation. Natürlich denken viele an Südafrika. Zur differenzierten Betrachtung gehört aber, dass Amnesty und Co sich auf völkerrechtliche Definitionen beziehen. Nicht auf Südafrika. (2/12)

Apartheid in Israel? Aus meiner Sicht: Nein! Eine schwere und systematische Diskriminierung von arabischen/palästinensischen Israelis gibt es nicht. Die Verweise auf arabische Knessetabgeordnete, Chefärztinnen etc. sind legitim und angebracht. (3/12)

Gleichzeitig dürfen manche Dinge in diesen Tagen nicht außer Acht gelassen werden: Zum Beispiel das israelische Nationalitätengesetz. Oder Familienzusammenführungen: Bei z.B. deutsch-israelischen Paaren meist kein Problem. Bei isr.-pal. Paaren oft unmöglich. (4/12)

Auch wenn ich den Ansatz nicht teile: Ich persönlich verstehe, warum Amnesty, HRW und Co in Analysen/bei Vorwürfen keine Trennung mehr vornehmen zwischen Israel und den besetzten Gebieten. Sie tun sich damit aber keinen Gefallen. (5/12)

Es ist nämlich leicht, zu antworten: Apartheid in Israel? Das ist lächerlich! Schaut doch mal, wie bunt und vielfältig unsere Regierung ist! Einverstanden. Bei diesen Argumenten, die Israel verteidigen, wird aber fast nie das von Israel besetzte Westjordanland genannt. (6/12)

Hier gibt es zwei Rechtssysteme. Ein palästinensischer Steinewerfer kommt ggf. vor ein israelisches Militärgericht. Wenn neben ihm ein israelischer Siedler einen Stein wirft, ist die israelische (zivile) Justiz zuständig. (7/12)

Baugenehmigungen für israelische Siedlungen werden häufig erteilt. Baugenehmigungen für Palästinenser (in C-Gebieten) sehr selten. Bethlehem (A-Gebiet) kann kaum noch wachsen. Siedlungen drum herum werden ausgebaut. (8/12)

Zu sagen: Die Palästinenser haben doch ihre eigenen, autonomen Gebiete: Das halte ich für vorgeschoben. Die israelische Armee führt recht häufig z.B. Einsätze in Ramallah durch. Besatzung bleibt Besatzung. Und der Blick darauf sollte auch in diesen Tagen erhalten bleiben. (9/12)

Vor allem sollte aus meiner Sicht diskutiert werden, ob eine Ein-Staaten-Realität (die ich noch nicht sehe) irgendwann zu einem Zustand führt, der den Tatbestand der Apartheid erfüllt oder ihm nahe kommt. Davor warnen auch viele Israelis, die politisch im Zentrum stehen. (10/12)

Hätte Amnesty im Bericht auch palästinensische Gewalt und Menschenrechtsvergehen nennen sollen? Ja! Wäre klug gewesen! (11/12)

Hier entstand jedoch - innerhalb von vier Jahren - ein ausführlicher Bericht auf über 270 Seiten. Kein antisemitisches Pamphlet. Wir sollten ihn lesen. Darüber respektvoll diskutieren. Und einander zuhören. (12/12)