@doc_ecmo@MisterPmdMaske Okay, kann ich machen, bin aber erst bei Folie 6 und bis Mittwoch muss das Ding fertig sein :-(
@doc_ecmo@MisterPmdMaske Also, weil das tatsächlich auf interessierte Leser:innen stieß und weil es ganz offenbar einen 2.000 Follower-Jubiläums-Thread bedarf, hier die nerdige sneak preview des morgigen SSRI und Blutungskomplikationen-Vortrages:
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 2/ Also: Es geht um das Thema, ob und warum es unter (bestimmten) Antidepressiva zu vermehrten Blutungskomplikationen kommt, was in der Neurologie durchaus relevant ist, da wir hier regelmäßig Pat. mit Hirnblutungen behandeln.
Die erste Frage, die man beantworten muss lautet:
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 3/ Wo ist das ganze Seratonin (wie man in Matratzen-Fachkreisen sagt) eigentlich im Körper?
Nur 1% des Serotonins benötigt die nette Lady zur Affekt-, Belohnungs- und Schmerzregulation im Frontalhirn und im Hypothalamus, alles andere befindet sich im restlichen Körper.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 4/ Nämlich in erster Linie in den Thrombozyten. Dort hat Serotonin verschiedene Funktionen:
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 5/ Es regelt die Sekretion von PF4 (den kennen wir von der VITT bei der AstraZenaca-Impfung und von der HIT), zudem die Sekretion von Fibrinogen und verstärkt die ADP-Wirkung, insgesamt führt Serotonin so zur Thrombozyten-Aktivierung und damit zu einer besseren Gerinnbarkeit des
SSRI hemmen den Serotonin-Transporter der Thrombozyten, genauso wie sie die Serotonin-Aufnahme im synaptischen Spalt hemmen. Dies führt zu einer verminderten Serotonin-Aufnahme in die Thrombozyten und zu weniger Thrombozyten-Aktivität.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 7/ Das wiederum ist kein dosisabhängiger Effekt, d.h. 10 mg Citalopram machen das nicht weniger als z.B. 20 mg, sondern hängt von der Stärke der jeweiligen Serotonin-Wiederaufnahmehemmung des Medikaments ab.
Soweit die Theorie, nun zu den berühmten „real world“ Daten.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 8/ In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends gab es die Beobachtung, dass es unter SSRI zu vermehrten GI-Blutungen kam, was in verschiedenen Studien beleuchtet wurde.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 9/ Man stellte dann fest, dass die Rate von GI-Blutungen noch mal stieg, wenn die Pat. zusätzlich zum SSRI noch ein NSAR einnahmen und zwar häufiger, als es die Summe der einzelnen Teile () vermuten ließ
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 10/ Und das selbe Phänomen konnte eine Studie zum Thema Hirnblutungen unter SSRI mit und ohne zusätzliche SSRI auch zeigen. Das Risiko für eine Hirnblutung stieg auf das 1,5-fache, vor allem für Männer.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 11/ Zum Thema Hirnblutungen unter SSRI gibt es mittlerweile mehrere Metaanalysen, die alle einen leicht unterschiedlichen Schwerpunkt haben, so dass ich hier mal 4 vorstelle.
In der ersten Metaanalyse konnte im wesentlichen ein erhöhtes Hirnblutungsrisiko auch ohne Einnahme …
In der 2. Metaanalyse wurden verschiedene Aspekte beleuchtet. Zum Einen wurden SSRI mit trizyklischen Antidepressiva verglichen, die offenbar ein niedrigeres Hirnblutungsrisiko haben als die SSRI.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 13/ Zum Anderen konnte man zeigen, dass das Hirnblutungsrisiko mit der Dauer der SSRI-Einnahme wieder abnahm und vor allem in den ersten 30 Tagen erhöht war, zudem den schon aus der Theorie bekannten Effekt der Höhe des Risikos abhängig von der Stärke der Serotonin-Wiederaufnahme
@doc_ecmo@MisterPmdMaske 14/ -Hemmung reproduzieren. Links unten seht ihr die in der Studie benutzte Einteilung in starke und schwache und mittelstarke Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (CAVE: gleiches Bild noch mal).
@doc_ecmo@MisterPmdMaske@romanpokora@MrC0nfus10n 16/ Und drittens verglich man in Subgruppenanalysen die Einnahme von SSRI ohne alles mit SSRI + eine oralen Antikoagulation und mit SSRI + Thrombozytenfunktionshemmung, was bei der OAK ein leicht erhöhtes, aber statistisch nicht signifikantes, Risiko zeigte, nicht bei der TFH.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske@romanpokora@MrC0nfus10n 18/ Kommen wir zum #NeuroNerd-Höhepunkt: Das ganze haben die Autoren noch einmal aufgeschlüsselt nach der Stärke der Serotonin-Wiederaufnahmehemmung, mit dem Ergebnis, dass vor allem die starken Wiederaufnahmehemmer das Risiko erhöhen.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske@romanpokora@MrC0nfus10n 19/ In einer dritten Metaanalyse wurden die Erkenntnisse in erster Linie bestätigt, hier sieht man aber noch mal sehr schön, dass wir von einem generell reproduzierbaren, aber schwachen Effekt reden.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske@romanpokora@MrC0nfus10n 20/ Und zu guter letzt der Metaanaylsen-Parade, hier noch recht aktuelle Daten aus Deutschland. Hier sieht man, das MAO-Hemmer (okay, die benutzt auch keiner wirklich) und Trizyklika (die auch nicht in hohen Dosen) das Blutungsrisiko nicht erhöhen, alle anderen aber schon.
Zwischenfazit: Wir reden also über eine seltene, aber relevante, weil schwerwiegende Nebenwirkung.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske@romanpokora@MrC0nfus10n 22/ Worüber wir uns in der Neurologie aber viel häufiger den Kopf zerbrechen ist folgende Problemstellung: Wir haben einen Pat. mit einer Post-Stroke-Depression nach ICB, den wir eigentlich antidepressiv behandeln müssten.
Was sieht man in dieser Studie mit einer Nachbeobachtungszeit von 5 Jahren? Eigentlich, das was man erwarten konnte. Der Einsatz von SSRI erhöht das ICB-Risiko (absolut um 0,1 bis 0,15%)
Betrachtet man die Endpunkte, so wird bei den mit einem SSRI behandelten Pat. die Depression dtl. besser als bei den unbehandelten, aber für den Preis des erhöhten ICB-Risikos.
@doc_ecmo@MisterPmdMaske@romanpokora@MrC0nfus10n 25/ Fazit: Wenn man Pat. nach einer Hirnblutung mit einem SSRI behandeln muss oder möchte, sollte man das erst nach einer Risikostratifizierung tun (cMRT mit der Frage nach Mikroblutungen und Hinweisen auf eine zerebrale Amyloidangiopathie oder Kavernomatose) bevor man im Rahmen
Thema COVID, Myokarditis durch COVID und nach Impfung kommt in den nächsten Tagen, da brauch ich aber kardiologischen Beistand und muss es noch zu Ende schreiben …
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Warum brauchen wir eine elektronische Patientenakte?
Nach dem auf vielen Ebenen unglücklichen Tagesthemen-Kommentar und einer auf noch mehr Ebenen unglücklicheren Diskussion hier zu dem Thema scheint mir, dass vielen Menschen die medizinische Bedeutung einer ePA nicht klar ist.
Wir brauchen die elektronische Patientenakte aus sechs Gründen:
1. Die Verbesserung der Notfallversorgung, v.a. bei nicht auskunftsfähigen Patienten 2. Die Erhöhung der Medikamentensicherheit, durch einen stets aktuellen Medikationsplan
3. Der Vermeidung unnötiger Dokumentations- und Recherchearbeit 4. Dem unkomplizierten Austausch von Befunden / Briefen zwischen verschiedenen Behandlern, gerade bei multimorbiden Patienten 5. Der Digitalisierung auch von Dingen wie Pflegeüberleitbögen bei Pat. aus Pflegeheimen
Am 01.05. hat @NiniBela1 einen sehr klugen Thread über das Zusammenspiel von körperlichen und seelischen Faktoren von Krankheiten geschrieben, darüber dass manche Patienten sich von Diagnostik zu Diagnostik hangeln, in der Hoffnung, es werde „doch irgendwas“ gefunden.
Obwohl es nicht explizit um CFS ging, wurde der Thread darauf bezogen und die übliche Horde von vermeintlichen Fürsprechern von CFS-Betroffenen, Internet-Trollen und Krawall-Accounts haben daraufhin ihren Shitstorm über sie abgelassen.
Die Konsequenz: @NiniBela1 zieht sich von Twitter zurück. Das ist schade, nein es ist scheiße und es macht wütend. Es macht nicht wütend, weil irgendein Troll Troll-Scheiße schreibt, es macht wütend weil hier jemand mit ad hominem Angriffen mundtot gemacht wurde und das von
Dinge mit wenig Evidenz, die wir trotzdem machen: Deluxe-Version.
Analgetika beim unspezifischen Kreuzschmerz. Metaanalyse mit 98 eingeschlossenen Studien (insgesamt 15.000 Probanden), die 69 verschiedene Analgetika und Kombinationsanalgetika untersucht.
Tja, was soll man sagen. Berauschend schneidet hier kein Medikament ab. Evidenzgrade für Wirksamkeit gegenüber Placebo: Niedrig bis sehr niedrig. Evidenzgrade für relevante Nebenwirkungen: Nicht so niedrig.
Hier die Wirksamkeit vs. Placebo nach Wirkstoffgruppen geordnet:
Auch für die Einzelsubstanzen sieht es nicht gut aus:
Heute hat die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ die Pläne zur Reformierung der Notfallversorgung vorgestellt:
Die konkreten Reformvorschläge sind sicherlich weniger einschneidend als die zur Reformierung der Krankenhausfinanzierung, aber auch hier wird es v.a. Streit uns liebe Geld geben:
Auf den ersten Blick liest sich das alles (wieder) sehr vernünftig und - das ist das wichtigste - rasch realisierbar.
Wichtigste Punkte sind m.E. neben den in den Medien erwähnten Integrierten Leitstellen, die Schaffung von Portalpraxen an allen Krankenhäusern der Stufen 2-3
Ich schreibe jetzt hier in loser Folge (immer wenn ich drüber stolpere) Dinge auf, die in der theoretischen Forschung oder unter Laborbedingungen funktionieren - und für die es einen „plausiblen Wirkmechanismus“ gibt, die aber in randomisierten Studien versagt haben.
1.
alpha-Synuclein-bindende Antikörper beim idiopathischen Parkinson-Syndrom
Ablagerungen von fehlgefaltetem alpha-Synuclein in den sogenannten Lewy-Körperchen gelten als histopathologisches Korrelat der Parkinson-Erkrankung.
Zwei Antikörper, die die Ablagerung von alpha-Synuclein unterbinden sollten versagten in kontrollierten Studien. Sie konnten weder einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf in klinischen Scores noch in der Bildgebung erzielen.
Die Fiebersaft-Debatte zeigt übrigens sehr schön wie gesellschaftlich relevante Probleme erst dann auf ein öffentliches Interesse stoßen, wenn sie bestimmte Schichten und Kreise in ihrer persönlichen Komfortzone berühren.
Medikamenten-Lieferengpässe sind ein echtes Problem, 🧵:
Sie betreffen immer wieder medizinisch bedeutsame Medikamente, für die es keine Alternativen gibt (wie für Fiebersaft) und bei denen es tatsächlich „um Leben oder Tod“ oder zumindest um eine Verschlechterung der Prognose ohne das Medikament gehen kann.
Und sie sind kein neues Problem. Ein Beispiel:
2016 kam es zu einem Brand in einer Fabrik in China, die weltweit als einzige das Reserveantibiotikum Piperacillin herstellt.