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Feb 7 9 tweets 3 min read
Servicetweet zu #A100: Sitzblockaden sind laut BGH eine Nötigung, sobald sich zwei Reihen an hintereinanderstehenden Autos gebildet haben. Dagegen hat man ein Notwehr- bzw. Nothilferecht. Heißt: keine "Selbstjustiz", man darf die Aktivisten von der Straße zerren, festhalten usw.
Ein paar zusätzliche Anmerkungen, da sich in den Drukos viel Content angesammelt hat: Es ist das "mildeste, wirksamste" Mittel zu wählen. Also muss man zuerst nachdrücklich auffordern, dann darf man sie idR wegtragen/-ziehen. Darüber hinausgehende Gewalt ist nicht zulässig. /1
Das Recht dazu ergibt sich, weil Sitzblockaden Nötigung darstellen. Quelle:
BGH: servat.unibe.ch/dfr/bs041182.h…
BVerfG: bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Ent…
Gegen solche Straftaten darf man sich (auch körperlich) wehren. Es gilt das Prinzip "das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen".
/2
Teils wird behauptet, man dürfe lediglich die Polizei alarmieren und dann warten, wegen des Gewaltmonopols des Staates. Das widerspricht der ganz herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung. Der Sinn der Notwehr besteht gerade darin, selbst tätig werden zu dürfen.
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Wie aus dem obigen Auszug aus dem BeckOK StGB erkennbar tritt das Notwehrrecht nur dann hinter der Polizei zurück, wenn die Polizei bereits vor Ort ist und genauso wirksam eingreifen kann. Sobald also die Polizei vor Ort ist, ist das Notwehrrecht zu Ende.
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Teils wurde hier auch mit dem Versammlungsrecht argumentiert. Das Versammlungsrecht entfaltet keine direkte Wirkung zwischen Bürgern, sondern dient der Abwehr gegen den Staat. Einen Aktivisten von der Straße tragen ist auch kein "Auflösen einer Versammlung" oÄ.
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Meiner Rechtsauffassung widerspricht dieser Post:
anwalt-strafrecht-berlin.org/aktuelles/wie-…
Allerdings widerspricht die dortige Rechtsauffassung allen gängigen juristischen Kommentaren, zudem ist die angegeben Quellenangabe (Fischer § 32 Rn 5) falsch, da überhaupt nicht einschlägig:
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Auch widerspricht meiner Auffassung ein heutiger BILD-Artikel mit Verweis auf eine Polizeisprecherin:
bild.de/regional/berli…
Die dortige Darstellung ist aus Polizeisicht nachvollziehbar (Vermeiden von Gerangel), aber juristisch nicht vertretbar bzw. schlicht falsch.
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Achtung: angezeigt werden kann man immer, und gegen ahnungslose Polizisten kann man sich vor Ort schwer wehren. Von Menschen, die hier aber substanzlos mit irgendwelchen Anzeigen drohen, braucht man sich aber nicht einschüchtern lassen. Das möchte dieser Tweet klarmachen.
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