Thread by @SilentInFlames

Heute war ich bei syrischen Freunden eingeladen, die ich seit fast 7 Jahren kenne. Sie kamen übers Mittelmeer nach Italien und dann nach Deutschland. Eltern, zwei Töchter, ein Sohn, mittlerweile ein Enkelsohn. Diese Familie steht mir wesentlich näher als meine Blutsfamilie. 1/

Über die Jahre wurde ich von der Nachhilfelehrerin und Integrationspatin zur älteren Schwester, Tante, Großtante. Ich liebe diese Menschen aus ganzem Herzen. Das Ausmaß an Gewalt, derer sie Zeugen wurden und die sie selbst auch auf ihrer fast zweijährigen Flucht über Libyen 2/

erleben mussten, und von der sie mir nur in wohldosierten, grade noch so verkraftbaren Einzelhappen erzählen, lässt mich wütend werden, wenn ich nun höre, bei den Ukrainer*innen erst handele es sich, im Gegensatz zu den Flüchtlingen 2015, um „echte“ Kriegsflüchtlinge. 3/

Der Familienpapa ist Friseur. Sie wissen, dass ich auch jetzt wieder mich mit dem DRK auch jetzt wieder in der Hilfe für die Flüchtenden aus der Ukraine einbringen werde. Als ich erzählte, dass die Stadt, die sie stolz als ihre neue Heimat betrachten, sich derzeit auf mehrere 4/

tausend Flüchtende vorbereitet, war die erste Frage: wie können wir helfen? Der Papa sagte sofort, er wird in seiner Freizeit allen umsonst die Haare schneiden. Denn er weiß, wie das ist, wenn man flüchten muss. „Ich weiß, wie sich das anfühlt,“ sagt er. Und ein bisschen 5/

Körperpflege und Zuwendung, das hilft. Die 17-jährige Tochter, die grade ihre Mittlere-Reife-Prüfung macht, erkundigte sich, wie sie sich beim Jugend-Rot-Kreuz anmelden kann, um zu helfen. Die Familie lebt zu viert (und wenn die ältere Tochter mit Baby da ist zu sechst) 6/

in einer kleinen 3-Zimmerwohnung. Und dennoch fiel der Satz „wir können ein Zimmer frei machen“. Weil sie sehr davon begeistert sind, dass die Flüchtenden dieses Mal nicht - wie sie - zunächst auf unbestimmte Zeit in Heime müssen, sondern sie in private Unterkünfte dürfen.
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Wir sprachen über die Situation in der Ukraine und über die Konsequenzen der Sanktionen. Diese Familie ist armutsbetroffen. Ich versorge sie so gut ich kann mit zusätzlichen kostenlosen Lebensmitteln. Aber der Familienvater sagt: scheißegal ob der Sprit 3 Euro kostet oder ob 8/

das Leben teurer wird, Putin versteht nur diese eine Sprache: harte Konsequenz. Und alles ist besser, als noch mehr Bomben. „Keine Angst,“ sagt er, weil er meine Sorge spürt. „Keine Angst!“. Und es klingt wie Trotz. Weil der Terror gewinnt, wenn man vor Dingen Angst hat, die 9/

noch nichtmal eingetreten sind. „Was kommt, kommt,“ sagt er.
Diese Menschen sind für meine psychische Gesundheit 1000x wirksamer als jedes Medikament. Weil sie es schaffen, ihre Resilienz auf mich zu übertragen. Liebe ~ist~ stärker als jeder Hass, und das ist die Wahrheit. 10/10

Da dieser Post viel Aufmerksamkeit erhält, möchte ich jene, die sich für die #SafePassage aller Menschen auf der Flucht einsetzen wollen, unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe, auf die @_Seebruecke_ aufmerksam machen. ⬇️⬇️

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