Gestern habe ich mir die Sendung Campus und Karriere vom @Dlf_Forschung angehört. @DrKEichhorn @CzyIna, @FmBettina & Prof. Kunst diskutierten prekäre Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft. Frau Kunst hat dabei altbekannte und falsche Argumente vorgebracht. Ein 🧵
#ichbinhanna
Ihr könnt euch die Sendung hier anhören:
deutschlandfunk.de/campus-und-kar…
Prof. Kunst war Präsidentin der @HumboldtUni, bis das Berliner Hochschulgesetz #BerlHG reformiert wurde & sie zurücktrat. Ihr gefiel ein § nicht, der Anschlusszusagen für bestimmte Postdoc Stellen vorschreibt (2/24)
Arg 1:"Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften"
Nicht, wenn man sich die prekären Arbeitsbedingungen anschaut. Sowohl in STEM als auch in den Geisteswissenschaften sind die meisten Postdocs befristet beschäftigt #WissZeitVG
(3/24)
Der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (Buwin buwin.de/dateien/buwin-…) belegt das mit Zahlen. 83% der Geisteswissenschaftler*innen zwischen 35 & 45 Jahren sind befristet beschäftigt. 82% der Naturwissenschaftler*innen im selben Alter sind befristet beschäftigt.
(4/24) Abb. B31 des Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs. Ant
Arg 2:"In den Naturwissenschaften ist es leichter die eigene Stelle mit Drittmitteln zu finanzieren"
Es werden 2,5x mehr Drittmittel pro Prof. in den Naturwissenschaften ausgeschüttet de.statista.com/statistik/date…. Diese finanzieren aber prekäre Stellen + höhere Sachmittelkosten
(5/24) Ausschüttungen von Drittmitteln nach Fächergruppen und Hoc
Arg.3:"Bei ichbinhanna.de (sic!) sind vor allem Geisteswissenschaftler*innen aktiv"
Perfides Argument, das bisher von Trollen kommt.
Ich bezweifle, dass Frau Kunst Einblick in #ichbinhanna hat, wenn sie statt auf den # auf eine nicht existierende Domain verweist.
(6/24)
Die Absicht ist allerdings klar. Es geht darum die Bewegung zu spalten und die "nichtproduktiven Geisteswissenschaftler" als jammernde Leute mit Anspruchsdenken zu beschreiben. Es gibt aber viele aktive nicht-geisteswissenschaftliche Hannas. Ich selbst bin Biochemiker
(7/24)
@DrLutzBoehm (Verfahrenstechniker)
@gudrun_lotze (Physikerin)
@janalasser (Physikerin)
@BernhardWerner (Programmierer & Mathematiker)
@GrundMar (Psychologe)
@maithi_nk (Chermikerin)
@PhilJaeker (Chemiker)
@dirnagl (Mediziner)
unvollständige Liste
(8/24)
Arg.4:"Auf dem Weg zur Professur gibt es Junior Professuren mit Tenure Track (TT) zur Lebensprofessur oder die direkte Bewerbung zur W2/3 Lebenszeitprofessur"
Der Buwin zeigt, dass Frau Kunst nur Grenzfälle beschreibt. Junior Professuren mit TT sind Randerscheinungen <<10%
(9/24) Abb. B47 Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs. Verteil
Viele W2 & W3 Professuren werden außerdem befristet ausgeschrieben. Die meisten davon ebenfalls ohne Tenure Track. Frau Kunst kritisiert auch, dass die Ablehnungsquote von TT Verfahren sehr niedrig ist. Warum sollte man aber gute Kandidat*Innen ablehnen? Wegen der Quote?
(10/24)
Arg.5:"Das System Bestenauslese benötigt viel mehr Bewerber als vorhandene Stellen"
Tatsächlich findet, wenn überhaupt, eine Verbliebenenauslese statt. Sehr gute, Wissenschaftler*Innen verlassen die Akademie ohne sich zu bewerben. Wiss. Kriterien für "Beste" gibt es nicht
(11/24)
So selektiert man vorwiegend auf Geschlecht, Herkunft, Beziehungen, Veröffentlichungen usw. & tarnt diese Selektion als Besten- und Exzellenzauslese. Die Prüfung der persönlichen Eignung, Lehrfähigkeit, Kenntnisse von Gesetzen findet, wenn überhaupt, auf dem Papier statt.
(12/24)
Arg.6:"Es gibt vorwiegend Vollzeitstellen für Postdocs"
Das ist faktisch falsch. Zwischen 20 und 41% des wissenschaftlichen Personals zwischen 35 und 45 Jahren ist teilzeitbeschäftigt. Ein großer Teil dieser Menschen arbeitet aber faktisch Vollzeit.
(13/24) Zwischen 20 und 41% des wissenschaftlichen Personals zwische
Arg.7:"Wissenschaftler in Deutschland sind mit wenig Budget sehr produktiv, Bestenauslese funktioniert."
Eine absolut unwissenschaftliche Aussage, die nicht belegbar ist. Es ist nicht klar, ob Wissenschaftler*Innen mit nicht-prekären Arbeitsbedingungen produktiver wären.
(14/24)
Arg.8:"Das Hineinregieren der Politik in die Hochschulen sorgt für die schlechten Bedingungen für Hannas"
Hier wird die eigene Verantwortung abgeschoben. Es waren die Hochschulen, die das #WissZeitVG so auslegen, dass Wissenschaftler*Innen faktisch nicht entfristet werden
(15/24)
Wenn jetzt, wie in Berlin #BerlHG, aus der Politik Regulierungen beschlossen werden, ist das nur folgerichtig und kein "Hineinregieren in die Hochschulen". Hier werden Missstände korrigiert, das ist zentrale Aufgabe der Politik. Schräges Demokratieverständnis Frau Kunst.
(16/24)
Arg.9:"Lehraufträge sind ausreichend bezahlt, wenn sie neben einer versorgenden Tätigkeit ausgeführt werden"
Dass die bezahlten Stunden für Lehraufträge zu knapp berechnet sind, zweifelt eigentlich niemand an. Die Zeit für und Vor- und Nachbereitung wird nicht vergütet
(17/24)
Arg10:"Ich kenne keinen Professor, der sich nicht Mühe gibt, die betreute Promotion bestmöglich zu begleiten"
Anekdotische unwissenschaftliche Evidenz. Es gibt Betreuer*Innen die ihre Mitarbeiter ausbeuten und misshandeln. Daten dazu gibt es in den Umfragen von @N2PhDNet
(18/24)
Arg11: Von Anrufer Markus Holz (?) "#ichbinhanna ist ein Geisteswissenschaftenproblem. In meiner Fakultät können wir attraktive Stellen nicht besetzen, weil kein Nachwuchs da ist"
Eventuell sind die Stellen nicht attraktiv und der Nachwuchs wandert nach dem Studium ab?
(19/24)
Arg12: vom selben Anrufer "Universitäten sind schon immer zu aller erst Ausbildungsstätten für den freien Arbeitsmarkt"
Das ist schlichtweg falsch. Hochschulen haben die Aufgabe frei zu lehren und frei zu forschen. Sie sind keine Dienstleister des freien Arbeitsmarktes.
(20/24)
Aufbauend auf den Anrufer wird nochmals bekräftigt, dass #ichbinhanna ein Problem der Geisteswissenschaft ist. Ich hätte mir gewünscht, dass @FmBettina, @CzyIna & @DrKEichhorn klarer kommuniziert hätten, dass das nicht so ist! Es ist ein gesamtwissenschaftliches Problem.
(21/24)
Frau Kunst, der Anrufer & leider @FmBettina bedienen hier ein unwissenschaftliches Narrativ das das Ziel hat die Probleme, die mit #ichbinhanna publik gemacht wurden, zu relativieren. Ein Blick in den Buwin & Umfragen von @N2PhDNet belegen mit Daten, dass das nicht stimmt
(22/24)
Es ist auch unredlich @DrKEichhorn & @CzyIna in eine Verteidigungs- & Rechtfertigungshaltung für die Geisteswissenschaften zu drücken. Jeder Angriff auf die Geisteswissenschaften ist ein Angriff auf das verfassungsrechtlich geschützte grundlagenwissenschaftliche System!
(23/24)
Am Ende bleibt das Gefühl, dass Frau Prof. Sabine Kunst #ichbinhanna für ihr Scheitern als Unipräsidentin verantwortlich macht. Irreführende und unwissenschaftliche Argumentationen sind ihr dafür leider nicht zu schade. Sie diskreditiert sich damit selbst. @jherzstiftung
(24/24)

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Jun 22, 2021
🧵
Unter #ichbinHanna wird zunehmend auch über Lösungsansätze getwittert. @Tagesspiegel hat in einem Artikel (tagesspiegel.de/wissen/twitter…) über Reformpunkte der @spdbt knapp berichtet. Heute ist das Positionspapier erschienen. spdfraktion.de/system/files/d…
1/11
Ich habe mir das Positionspapier unter den Gesichtspunkten von #ichbinhanna mal angeschaut und möchte es für euch zusammenfassen.
spdfraktion.de/system/files/d…
2/11
1. Qualifiziertes Personal i d Lehre soll für das Wissenschaftssystem durch Dauerstellen und gute Beschäftigungsmöglichkeiten erhalten werden.
2. 100% Entlohnung für 100% Arbeit. Mind. 50% der entlohnten Arbeit sind für wiss. Qualifizierung vorgesehen (Abschnitt Promotion)
3/11
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