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Apr 15 17 tweets 3 min read
Lasst uns mal kurz über den "Digitalisierungspartner für Gastro und Kultur" reden, der "Behörden mit digitaler Infrastruktur unterstützen" will. Also über die Causa #LucaApp.
Ich habe zu dem Thema ja schon einiges gesagt, aber noch mal aus einer etwas anderen Sicht. Fokus eher auf Plattformkapitalismus.
Spätestens jetzt dürfte vollends klar sein, dass die Interessen von #LucaApp nicht nur edle Motive zur Pandemiebekämpfung waren, sondern dass das auch der Einstieg eine Komplettdurchdringung bestimmter Märkte war – staatlich unterstützt.
Digitale Kontaktnachverfolgung basiert auf Netzeffekten. Ihr Nutzen steigt exponentiell mit der Anzahl der Nutzenden. Das noch angetrieben durch Corona-Verordnungen der Bundesländer gibt extrem schnell eine hohe Reichweite.
Wirtschaftlich betrachtet gibt es eigentlich keine bessere Möglichkeit einen Markt zu durchdringen.
Klar, das war auch immer Teil der Argumentation Luca's, sie erscheint aus epidemiologischer Sicht sinnig – ist es aber vor allem aus wirtschftlicher. Ein epidemiologisches Konzept oder eine Begleitung des Themas zur Wirksamkeir der Luca App ist mir so nicht bekannt.
In der Anfangsphase (März 2021) gab es auch noch einen Use Case, mit dem Luca geworben hatte, der diesen Effekt noch weiter verstärkt hätte: Großveranstaltungen.
Inklusive geplanten Gatekeeping via Luca App.
Die Logistik von Großveranstaltungen in einer Pandemie ist bei konsequenter digitaler Begleitung komplex und vielfältig.
Großveranstaltungen waren zu dem Zeitpunkt quasi der Vollausbau möglicher digitaler Begleitung oder Monetarisierung: Ticketing, Tests / Impfnachweise, Tracing.
Der strategische Zugang zu all diesen Bereichen ergibt vielfältige Verwertungsmöglichkeiten in allen Teilen der digitalen Kette.
Luca hat diese Plattform zwar immer als "offenen Standard" deklariert, hat das aber nie so verfolgt wie offene Systeme. Mögliche Kooperationen mit Luca gingen immer über "wir lassen euch auf UNSERE PLattform", nie über den Weg "Wir erarbeiten gemeinsam Standards".
"kann von anderen Apps genutzt werden, um mit der luca-Schnittstelle zusammen zu arbeiten" ist in dem Fall eigentlich nur eine andere Beschreibung für die Ermöglichigung des Zugangs zur eigenen Plattform – unter dem Erwecken des Anscheins von Offenheit. (Quelle: Luca Blog (1/2)
Artikel vom 26.4.2021) (2/2)
Reinster Plattformkapitalismus mit einer Pandemie als Sprungbrett.
Die 21 Millionen, die von Ländern an Lizenzen an den Betreiber gingen, sind dabei gar nicht der wertvollste Beitrag.
Es sind die X Millionen Appinstallationen und der strategische Zugriff zum schwer schnell zu durchdringenden B2B-Markt von Gaststätten und Kultur, der in der Breite wesentlich teurer zu erkaufen worden wäre.
Drum prüfe, wer überschnell Verträge in 13 Bundesländern unterzeichne. Das Szenario der kommerzielle Verwertung stand literally in den Verträgen drin. Hätte auffallen können. Eigentlich.
(Disclaimer: Ich betreue IRIS connect, ein alternatives System mit Möglichkeiten zur Kontaktnachverfolgung. Und nein, wir haben keine Gastro-App oder so vor. Wir betreuen eine Plattform, über deren Verwendung nur der Staat entscheiden kann.)

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