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Apr 16 ‱ 25 tweets ‱ 7 min read
#LinkeMeToo 1

Es stehen mehrere đŸ§” zum #Framing (=Denkrahmen) der Linken an. Sprache verrĂ€t das Denken. Schauen wir sie an!

Wir beginnen mit dem @lijusolid-Aufruf & schließen uns dem Dank (@Sarah__Dubiel @Jakob_Hammes) f. d. AufarbeitungsbemĂŒhungen gg die systemische Gewalt an.
Er wurde von Parteimitgliedern viel gelobt.

Das ist aber – bei allem Positiven der dahinter steckenden Arbeit – vor allem psychisch von den kognitiven Dissonanzen zwischen Selbstbild als Gute (Sinn der Parteiarbeit) und soeben erfahrener RealitĂ€t sofort entlastendes Eigenlob.
Nun ein paar Punkte zur Sprache im Aufruf.

(Das nicht-inklusive Gendern mit „:“ statt „_“ oder „*“ lassen wir jetzt mal weg.)

Taten sind keine „Geschehnisse“ = Naturgewalten, die keine systemischen Ursachen, keine (Mit-)TĂ€ter_innen und keine Opfer hĂ€tten.
Dieses Framing dient

-der Selbstentlastung
-der Fremdentlastung der TÀter (und MittÀter_innen)
-Opfernegierung

und ist daher (vermutlich unbewusste) Opferverhöhnung.

Ihr könnt das besser!
Taten werden auch nicht nur durch MĂ€nner begangen.

Und: es gibt gerade im institutionellen Kontext immer strukturell bedingt MittÀter_innen.

Von diesen wird hier abgelenkt. Auch das erhöht Scham gegenĂŒber DIESER Gewalt des Gaslighting, Mittuns, der TÄTER_INNEN-Opfer-Umkehr etc.
Kommunikation ist immer auch das, was nicht kommuniziert wird.

Hier: das kollektiviert weitergetragene Gaslightning, TĂ€ter_innen-Opfer-Umkehr, das – wie offenbar geschehen – einem Opfer *vorherige* psychische LabilitĂ€t zur Diskreditierung zuschreibt. (Faschist. Pathologisierung)
WĂ€re schön gewesen, @lijusolid hĂ€tte das in dieser Reihung und ErklĂ€rung auch berĂŒcksichtigt.
Der Frame „TĂ€ter(_innen) ĂŒbernehmen Verantwortung“ ist natĂŒrlich absurd TĂ€ter_innenschaft & deren IntentionalitĂ€t & Ursachen verharmlosend.

Es gibt keine ‚Eigenverantwortung‘. Entweder regelt gegen system. Ursachen die Gemeinschaft – oder TĂ€ter_innen haben die Gewaltherrschaft.
Als vermeintlich Anti-Neoliberale sollte die Linke das wissen.

Nochmals will sie aber vereinzelfallen und dekontextualisieren von den systemischen Ursachen und nur die direkten „TĂ€ter“ – im Kontrast zu den institutionellen (fĂŒr die „-:innen“ benutzt wird) – ausschließen.
„Probleme bekommen“ ist ein Statement, das alles offen lĂ€sst. Ginge es um die systemisch Mittuenden, wĂ€re das verstĂ€ndlich; aber es geht explizit nur um die direkt beschuldigten „TĂ€ter“. FĂŒr die sollte die Konsequenz klar artikulierbar sein – es sei denn, man hĂ€lt sie sich offen.
Auch die verschleiernden MittĂ€ter_innen werden nur durch Einzel-„Handlungen“ statt systemisch verursachte problematische Haltung charakterisiert.

Die beruht auf autoritĂ€rem Denken. Das mĂŒsste man angehen. Dazu kein Wort.
Durch eine syntaktische Parallelkonstruktion wird implizit der „Schaden“ der Gewaltopfer mit einem „Schaden“ der Partei(nahen) gleichgesetzt.

Das ist TĂ€ter_innen-Opfer-Umkehr. Die Partei hat sich, wenn sie ĂŒberhaupt Schaden – def. keinen traumatischen! – nimmt, selbst geschadet.
Weiter geht die Selbstfreisprechung aus den systemischen & institutionellen ZusammenhĂ€ngen, indem die TĂ€ter angeblich die Partei „als Deckmantel“ „missbrauchten“.

Es ist opferverhöhnend – insbes. ANLÄSSLICH realen Missbrauchs von Menschen – v. „Missbrauch“ einer Partei zu reden.
Die Partei ist auch nicht Opfer (v. „Missbrauch“), sondern Tatumfeldbereitstellerin/TĂ€terin.

Wer „TĂ€ter“ sei, sei „kein Genosse“. Offensichtlich doch.

Und es leugnet abermals die Verstrickung der ganzen Struktur.

Diese Gesellschaft ist systemisch TĂ€terin, alle sind es. Auch G.
„FĂŒr eine vertrauensvolle Zusammenarbeit disqualifiziert“ haben sich wieder nur die direkten GewalttĂ€ter, nicht die Ermöglichenden.

Übrigens schließt das wieder Zusammenarbeit (mit angekratztem Vertrauen) nicht aus.
Das stĂ€ndige Gerede von „vertrauensvoll“ in diesem Diskurs ĂŒber sexualisierte Gewalt in einer Institution ist ohnehin verhöhnend und verdrĂ€ngend: es soll suggerieren, was ĂŒberhaupt nicht sein kann, dass systemisch Opfer noch Vertrauen zum Tatsystem haben.

= Selbstverharmlosung
Nochmals sollen die TÀter von sich aus gehen. Absurd. Dann wÀren sie keine TÀter. Es blendet wieder die Verantwortung der Institution/Gemeinschaft aus, die den Druck machen muss, damit das passiert.

Dazu kein Wort.
GĂ€nzlich befremdlich wird es, wenn es heißt „wer TĂ€ter ist oder schĂŒtzt und“ nicht mitaufarbeite, habe „keinen Platz“ in der Linken. (Bisher schon!)

TĂ€ter (& die MittĂ€ter_innen) also, die mitwirken, dĂŒrfen ungestraft bleiben?
Wieder sollen TĂ€ter, die TĂ€ter sein wollten, plötzlich das nicht mehr sein wollen und zurĂŒcktreten. Absurd und Verantwortung wegschiebend, individualisierend. FĂŒr vermeintlich Anti-Neoliberale ein Unding.

Der Nachsatz befremdet. WÀre das wirklich so unmöglich bei Spitzenleuten?
Inhaltlich aus kognitionswissenschaftlicher Sicht:

-Awarenesstrainings KÖNNEN nicht funktionieren und sind nachweislich kontraproduktiv. Sie geben TĂ€ter_innen besseres Wissen an die Hand (die wollen TĂ€ter_in sein!) und Mitlaufende vergessen Gelerntes nach wenigen Wochen, weil
solche Trainings ĂŒberhaupt nicht an die Grundlagen des Denkens, das Nicht-Erkennen/Ignoranz/Mittun erzeugt, gehen können.

Es mangelt nie an Awareness, sondern der autoritÀre Denkmodus ist der Fehler.

Den aber kriegt man nicht mit Trainings weg.

Anders gesagt: Bleibt er, KANN
sich nichts Ă€ndern. Bleiben die Grundmuster, mögen zwar bestimmte Symptome/Einzelaspekte verdrĂ€ngt werden – aber durch andere ersetzt.

Hilfen fĂŒr Opfer sollen bezahlt werden – solche, fĂŒr die verurteilte TĂ€ter_innenschaft ohnehin aufkommen mĂŒsste oder auch fĂŒr Langzeitfolgen?
Von solchen schwammigen AnkĂŒndigungen, Verblendungen und Hoffnungsspenden bleibt oft am Ende wenig ĂŒbrig.

Zuletzt soll eine „Vertrauensperson“ fĂŒr BeschĂ€ftigte eingefĂŒhrt werden.

-Das höhlt das Wort „Vertrauen“ endgĂŒltig aus. Eine parteiangestellte Person KANN & SOLLTE kein
Vertrauen von Opfern der Partei bekommen.

-Dass externe Ansprecheinrichtungen offenbar umgangen werden sollen, ist opferfeindlich.

-Vermutlich wĂŒrde die Partei genau zur Einrichtung einer solchen Stelle eh gerichtlich verdonnert, wenn Opfer gegen sie klagten.
-„Vertrauensperson“ nicht fĂŒr die Basismitglieder? Die Vulnerablesten (Neuen) bleiben ungeschĂŒtzt?

Es ist noch viel Luft nach oben.

—
Teil 2 zum Framing von #LinkeMeToo wird Wisslers Statement unter die Lupe nehmen.

Wird krass.

Bei @lijusolid liegt u. E. wenigstens Wille vor.

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Apr 16
đŸ§” 2.1. zu #LinkeMeToo:

#Wissler|s Entgegnung auf die Spiegel-EnthĂŒllungen. Ein #Longlongread.

⚠AuffĂ€llig: Weder sie noch die Bundespartei twitterten das Statement.

Es findet sich nicht wie andere Pressemitteilungen auf der Starthomepage der Partei.
Strategie offenbar: Den Anschuldigungen keine Reichweite geben.

Kein guter Start fĂŒr eine angebliche Aufarbeitung.

Das Gegenteil vom Offenen Brief von @lijusolid. Hier unser đŸ§” 1:
Vorab: Wissler betont in der Mitte ihrer AusfĂŒhrungen, dem Spiegel bereits selbige vor der Veröffentlichung geschickt zu haben.

Das ist wichtig, weil es belegt, dass das gestrige Statement kein mit heißer Nadel gestricktes ist.

⚠Es wird also keine FlĂŒchtigkeitsfehler geben. Image
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Apr 16
đŸ§”2.2
Das Statement ‚das habe ich dem Medium auch so gesagt‘ wird durch optische Hervorhebung in der Relevanz betont. Aber DAS bestreitet niemand, sondern dass das Gesagte nicht mit dem der Opfer zusammengeht. Hier wird wieder sprachlich der Blick abgelenkt vom Kern des Problems. Image
27/
Diese Floskel ist in der Politik hĂ€ufig – aber nur, wenn etwas Relevantes ausgelassen wurde. Das war im Spiegel aber nicht der Fall, weshalb der Satz die Form eines Scheindementis annimmt, das uns glauben machen soll, der Fehler liege in der Berichterstattung (statt bei ihr).
28/51
Der einzige Widerspruch liegt in der Frage, ob Wissler bereits 2018 informiert war. Der Spiegel gibt ihr Dementi wieder.âžĄïžEs ist nicht auslassend berichtet. Wissler lĂ€sst uns das durch die Floskel nur assoziieren.

Grund offenbar: der Parteispin: Bericht Problem, nicht sie.
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