Vorab: Wissler betont in der Mitte ihrer Ausführungen, dem Spiegel bereits selbige vor der Veröffentlichung geschickt zu haben.
Das ist wichtig, weil es belegt, dass das gestrige Statement kein mit heißer Nadel gestricktes ist.
⚠️Es wird also keine Flüchtigkeitsfehler geben.
Zur Sprache des Statements der Textfolge nach (#LongThread):
Zuerst steht das Ich.
Dann werden die NICHT BENANNTEN Taten als „Vorwürfe“ bezeichnet.
➡️ DAS verhindert Identifikation der Leser_innen mit den Opfern
➡️ und schwächt die Taten zu ‚Gefühltem‘ (‚Erfundenem‘) ab.
Die Rede von „derartigen“ Vorwürfen ist ein weiterer Versuch sowohl der verharmlosenden Verunklarung der im Spiegel sehr konkret geschilderten Taten als auch der Distanzierung der Sprecherin und des Publikums von den konkreten Vorwürfen und damit Vorwurfmachenden.
Das Präsens „nehme“ soll eine Grundeinstellung unabhängig von Vorwürfen signalisieren.
Dann würde sich allerdings die Frage stellen, warum „Vertrauensgruppe“ und „Hilfsinstanz“ als Parteistrukturen erst nach den Vorwürfen eingerichtet wu/erden.
„Derartige“ „Vorfälle“ – nicht Taten – sollen in „Vertrauensgruppen“ besprochen werden. Fast ein Hohn. Warum? Die Partei stellt die Strukturen, in denen die Taten vorkommen. Sie kann kein „Vertrauen“ von ihren Opfern erwarten.
Der Begriff suggeriert daher a) Nicht-Existentes, b) aus Täter_innen- statt Opfersicht Perspektiviertes & Opfern Aufoktroyierendes und ist so c) scheinheilig/die Eigengruppe beruhigend statt *für* die Opfer.
„Hilfsinstanz“ statt „Hilfeinstanz“ ist eine merkwürdige Konstruktion. Grammatisch korrekt gedeutet bedeutet sie, dass diese Einrichtung ein „Hilfskonstrukt“ ist, also ein Kartenhaus statt stabile „Instanz für Hilfe“.
Instanz klingt nach oberster Autorität.Das dürfte nicht sein.
Dass der abschließende Nebensatz mit Punkt vom vorherigen Hauptsatz getrennt wird, führt zur Maximalbetonung von dessen erstem Wort: „Unabhängig“ soll diese parteiinterne „Instanz“ also sein – was natürlich Lüge ist. Jede interne Instanz ist in multiple Abhängigkeiten verstrickt.
Im Folgenden wird nicht nur abermals betont, wie „ernst“ Wissler die Vorwürfe nehme – und dass sie der Partei sagen habe müssen, *dass* sie ernst zu nehmen seien. Seltsame Ich-Geschichte.
Auffällig auch der Konjunktiv „sei“ zur sexuellen Belästigung statt des Indikativs „ist“.
Das ist zwar grammatisch korrekt, aber wie wir noch sehen werden, wird Wissler über einen weiteren Fall – aus eigener ‚Betroffenheit‘ – anders sprechen. Zudem gilt der Konjunktiv als sich von der paraphrasierten Perspektive distanzierend. (Vgl. „Vorwürfe“ statt „mögliche Taten“)
Sidenote: Ohne expliziertes Einverständnis des Opfers eine – strukturell gesehen – möglicherweise Täter_inneninstitution (& Täter_innen) zu informieren, sollte auch alarmierend sein.
Note: Wissler nehme sexualisierte Gewalt ernst, aber – ohne Angabe von Gründen – nicht an der Sitzung teil, in der es um das Ernstnehmen geht.
⚠️Beachte, wo belegt/gründet wird & wo nicht!
Wieder: eine mögl. Täter_inneninstitution einfach informiert. (➡️Mobbing logische Gefahr)
Eine Institution, die vom Opfer als Täterin bezeichnet ist, kann – entgegen Wisslers Behauptung – dem Opfer kein „Angebot“ „unterbr.“. Das ist doppelt Hohn: Hier wird a) durch dieses Framing die potentielle Täterin als Freundliche inszeniert & b) das Opfersein insofern geleugnet
(=T-O-Umkehr), als dass ein Opfer selbstredend NICHT mit seinen Täter_innen reden kann, muss & sollte.
Durch dieses #Framing werden Opfer von Machtstrukturen genötigt, um nicht ‚unfreundlich‘ und damit verachtenswert zu erscheinen, sich mit Täter_innen zusammenzusetzen.
Mobbing
könnte man das nennen und Mobbing ist wahrscheinlich Folge.
Sich zusammensetzen macht auch keinen Sinn. Solche Taten werden ja nicht unbewusst getan, sondern gezielt.
Daher macht auch ein „Verhaltenskodex“ keinen Sinn. Das ist wie mit unternehmerischen Selbstverpflichtungen.
Als Partei, die vermeintlich gegen solch Neoliberalismus ist, sollte man das wissen.
Was die „Awarenesstruktur“ sein soll, bleibt völlig im Dunkeln. Es scheint nur ein hübsches Wort zu sein.
Eine Struktur KANN zudem keine Awareness haben.
Das ist nur social/virtue signaling.
Die Inszenierung dieser CSR, corporate social identity, geht übrigens der tatsächlichen Existenz dieser „Strukturen“ voran: sie gibt es noch nicht – nach 5 Monaten („soll“).
Nun kommt #Wissler wieder mit „Belegbarkeit“, insgesamt 4x. Die Überbetonung dieses Frames soll unbewusst
in unsere Köpfe einhämmern, dass *sie* faktengemäß spreche.
⚠️Doch was „belegt“ sie eigentlich?
-Nichts.
-2x geht es um Mails, die sie vom Opfer erhielt – also gar nichts, was strittig und zu belegen war, sondern vom Opfer selbst ausgesagt. Es ist also nur ein Sprachtrick.⚠️
-1x Instruierung der Vertrauensgruppe, was u. W. ebenfalls niemand für diesen späten Zeitpunkt bestreitet
-Nun kommt eine seltsame Satzkonstruktion: „Es gibt nichts“, was die Vorwürfe „belegt“, sagt #Wissler, dass sie vor November 2021 Kenntnis von Vorwürfen gehabt hätte.
Das macht stutzig: Geht es um Belege statt Wahrheit?
Zudem wird hier gleich 4x der Vorwurf bestritten:
-Zurückweisung
-nichts“-Satz
-„nicht“-Satz
-„Hätte“-Sätze
Es wird mit Überbetonung gearbeitet.
So auch wieder durch die Abtrennung des letzten Satzes durch Punkt vor „und“.
Das betont die behauptete „Sofortigkeit“.
Ebenfalls wiederholt wird die Unterstreichung der angeblichen Freundlichkeit des „Gesprächsangebots“ seitens der potenziellen Täter_innen gegenüber den Opfern. Wieder der Hohn.
Noch 2x wird die eig. Unkenntnis der/Distanz zu den Vorwürfe/n der Opfer betont. „Konkrete“ Vorwürfe will sie nicht kennen, aber ernst genommen & weitergeleitet haben. Oben: 1 Opfer habe von „sex. Missbrauch“, also konkret, geschrieben. Hier wird Konkretheit➡️Wissen verschleiert.
⭕️ Weil Twitter nur 25 Tweets am Stück zulässt, teilen wir hier den Thread in zwei. Sorry!
🧵2.2
Das Statement ‚das habe ich dem Medium auch so gesagt‘ wird durch optische Hervorhebung in der Relevanz betont. Aber DAS bestreitet niemand, sondern dass das Gesagte nicht mit dem der Opfer zusammengeht. Hier wird wieder sprachlich der Blick abgelenkt vom Kern des Problems.
27/ Diese Floskel ist in der Politik häufig – aber nur, wenn etwas Relevantes ausgelassen wurde. Das war im Spiegel aber nicht der Fall, weshalb der Satz die Form eines Scheindementis annimmt, das uns glauben machen soll, der Fehler liege in der Berichterstattung (statt bei ihr).
28/51
Der einzige Widerspruch liegt in der Frage, ob Wissler bereits 2018 informiert war. Der Spiegel gibt ihr Dementi wieder.➡️Es ist nicht auslassend berichtet. Wissler lässt uns das durch die Floskel nur assoziieren.
Grund offenbar: der Parteispin: Bericht Problem, nicht sie.
Es stehen mehrere 🧵 zum #Framing (=Denkrahmen) der Linken an. Sprache verrät das Denken. Schauen wir sie an!
Wir beginnen mit dem @lijusolid-Aufruf & schließen uns dem Dank (@Sarah__Dubiel@Jakob_Hammes) f. d. Aufarbeitungsbemühungen gg die systemische Gewalt an.
Er wurde von Parteimitgliedern viel gelobt.
Das ist aber – bei allem Positiven der dahinter steckenden Arbeit – vor allem psychisch von den kognitiven Dissonanzen zwischen Selbstbild als Gute (Sinn der Parteiarbeit) und soeben erfahrener Realität sofort entlastendes Eigenlob.
Nun ein paar Punkte zur Sprache im Aufruf.
(Das nicht-inklusive Gendern mit „:“ statt „_“ oder „*“ lassen wir jetzt mal weg.)
Taten sind keine „Geschehnisse“ = Naturgewalten, die keine systemischen Ursachen, keine (Mit-)Täter_innen und keine Opfer hätten.