Nach dem vielen Nonsens, der hier in den vergangenen Wochen verbreitet wurde, möchte ich mal wieder ein paar Informationen zu SARS-CoV-2 geben. Derzeit werden in der SARS2-Überwachung drei neue Varianten beobachtet. 1. Omikron BA.4 und BA.5 (1/9)
Dies sind Omikron-Varianten mit eigenem Ursprung, d.h. nicht von BA.1, .2 oder .3 abstammend, sondern vom gemeinsamen Omikron-Vorläufer. Diese Varianten haben zusätzlich zu Omikron im Spike eine L452R Mutation, die man u.a. (2/9)
aus Delta kannte und die im Hamster die Virulenz erhöht. Außerdem ist Immunescape wahrscheinlich. Zusätzlich gibt es eine F486V Mutation, die ebenfalls mit Immunescape einher gehen dürfte. Man sieht eine schleichende Zunahme von BA.4 und BA.5 seit Januar in Südafrika, (3/9)
seit Mitte April aber nun plötzlich eine exponentielle Zunahme bei Rt = ca. 1,5. Wie ist das möglich? Wahrscheinlich hat die Variante einen Immunescape-Vorteil in einer Bevölkerung, in der es (wie in Südafrika) keine BA.2-Welle gab. (4/9)
Die jetzt starke Beschleunigung der Inzidenzzunahme kommt naheliegenderweise durch den einsetzenden Verlust von Übertragungsimmunität nach der BA.1-Welle im Dezember (die Latenzzeit passt). (5/9)
Bisher sieht man glücklicherweise keine Auswirkungen auf die Krankenhaus-Einweisungen in Südafrika, aber das könnte sich in den kommenden zwei Wochen einstellen. BA.4 und .5 kommen auch in Europa vor, allerdings bisher selten. (6/9)
2. Außerdem beobachtet man in USA und anderswo (z.B. Indien) eine Zunahme von BA.2-Stämmen mit zusätzlicher L452Q-Mutation (und andere Mutationen an L452). Diese Mutanten fasst man als BA.2.12.1 zusammen. (7/9)
In den USA gibt es eine starke Zunahme von BA.2.12.1 im Hintergrund der derzeitigen BA.2-Verbreitung, die aber bei niedriger Gesamtinzidenz auftritt. Auch für diese Variante kann man wegen der L452-Mutation an eine Virulenzerhöhung denken. (8/9)
In besonders betroffenen Gegenden kommt es derzeit schon zu Zunahmen der Krankenhausaufnahmen, allerdings ist die Gesamtzahl weiter beruhigend niedrig. Man muss die Situation weiter beobachten. (9/9)
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Dieses Beispiel zeigt die derzeitige Unsicherheit in der Bewertung von Maßnahmen. Ein Preprint scheint zu sagen: "Masken bringen nichts in Schulen". Tatsächlicher werden aber Schulen mit Masken gegen Kitas ohne Masken verglichen. Man kann aus diesem Ansatz keine Aussage ableiten.
Fast gleichzeitig wird ein Paper publiziert, dass in einem geeigneten Ansatz den Schutz durch Masken im Schulbetrieb nachweist, über mehrere Auswertungsansätze, wenn auch in einem der Ansätze keine signifikanten Effekte gesehen werden. cdc.gov/mmwr/volumes/7…
Beide Beiträge bleiben nebeneinander stehen, Einzelpersonen verbreiten sie ohne Nennung der Schwächen, Politiker erwarten von "Experten" eine Bewertung der Maßnahmen. Wie soll das funktionieren? Die Wissenschaft hat hierfür etablierte Prozesse der strukturierten Auswertung.
Wer glaubt, durch eine Infektion sein Immunsystem zu trainieren, muss konsequenterweise auch glauben, durch ein Steak seine Verdauung zu trainieren.
Im Ernst: Immunreaktion vs. "starkes Immunsystem" ist wie Lernen vs. Intelligenz. Ich kann ein Gedicht auswendig lernen, bin dadurch aber nicht intelligenter geworden. Ich kann eine Infektion überstehen, habe dadurch aber nicht "mein Immunsystem gestärkt".
Ich bin erstaunt, wieviele Missverständnisse und falsche Vorstellungen über Infektion, Impfung und Immunität bestehen. Mit etwas mehr Wissen könnten sich viele hier ihre Aggressivität sparen und stattdessen für sich selbst bessere Entscheidungen treffen.
Wertvoller kurzer Artikel zum Booster-Erfolg in Israel. Hälfte der Gesamtbevölkerung schon geboostert (wären bei uns ca. 40 Mio Personen). Zu Grunde liegt eine besonders konsequente 3G-Regelung mit durchgehender digitaler Dokumentation und Kontrolle. tagesspiegel.de/politik/kaum-n…
Green Pass in Israel, Voraussetzung für erfolgreiche Boosterstrategie: corona.health.gov.il/en/directives/…
Klar muss dabei sein: auch mit Booster werden sich die Ungeimpften infizieren, mit unverändertem Risiko für Erkrankung und Tod. Deshalb ist Schließen der Impflücke nachhaltiger.
Im NDR-Podcast (Folge 97 vom 3.9.21) weitere Erläuterungen zu Booster, Impflücke und langfristiger Strategie. Auch die späteren Folgen haben das Thema immer wieder aufgegriffen. Erst nach Schluss der Impflücken kann man in die endemische Phase gehen, denn:
Ein meinungsstarkes Interview mit Klaus Stöhr, das bisher wenig beachtet wurde. Auch wenn ich mit einigen Aspekten nicht übereinstimme, ordnet es die derzeitige Strategie in einen größeren (1/n) zeit.de/2020/43/klaus-… via @zeitonline
(2/n) Kontext ein und sagt, dass man mehr Planung für eine Mitigierungsstrategie braucht. Also: für eine Situation, in der man sich irgendwann eingestehen muss, dass man nicht alle Infektionen verhindern kann und die Fallverfolgung nicht mehr möglich ist.
(3/n) Die Argumentation steht nur auf den ersten Blick dem #GreatBarringtonMemorandum nahe ("Risikogruppen abschirmen"), denn es wird gleichzeitig davor gewarnt, das Virus laufen zu lassen. Insofern sollte der Beitrag hier nicht wieder eine Diskussion
Just uploaded the first #SARSCoV2 sequence imported from Italy to Germany on #Gisaid. First sequence from present Italian clusters AFAK. Outstanding team @ #charitevirology.
Note that 3 SNPs (positions 241, 3037, 23403) are uniquely shared with Munich cluster virus. Virus also groups with Munich sequence in tree. This is not sufficient to claim a link between Munich and Italy.
Why: viruses are still undersampled, common sources may exist, Italian virus has 5 more SNPs that are not shared with Munich sequence (10265, 14408, 28881,-2,-3; reference: EPI_ISL_40212).