Ein 🧵zur #nrwwahl2022-Wählerwanderung 2017 -> 2022 basierend auf der hervorragenden @zeitonline-Visualisierung. Wer konnte woher stimmen gewinnen, wer verlor an wen? Und was lässt sich über Nichtwählende und Erstwählende sagen?
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CDU: Obwohl sie sich als "Wahlsieger" verkündeten, haben sie Wähler:innen verloren. Sie gewann die Wahl dennoch, weil sie weniger Anhänger:innen an die Nichtwahl verlor als andere. Zugewinnen konnten sie v.a. von SPD & FDP. Dazu: sehr viele treue Stammwähler:innen.
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Die SPD konnte viele ihrer Wähler:innen von 2017 nicht zur Wiederwahl bewegen. Fast 15% der ´17er SPD-Wähler:innen nun Nichtwähler:innen. Verloren wurde zudem v.a. an die Grünen (~12%). Zugewinne v.a. von ehemaligen CDU-Wähler:innen.
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Die FDP mit massiven Verlusten an CDU: 28% der ´17er FDP-Wählenden jetzt zur CDU gewechselt. Es sind damit mehr ´17er FDP-Wählende zur CDU gewechselt, als dass sie nochmal FDP gewählt haben. Aber auch an SPD & Grüne große Verluste (zusammen 17%). Zugewinne durch Erstwähler.
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Anders bei den Grünen: hier viele treue Wählende und kaum Verluste an andere Parteien. Zugewinne v.a. von SPD (24%), aber auch CDU & FDP (zusammen 20%). Auch hier viele Erstwähler:innen. Zudem: viele Zugewinne durch Menschen, die ´17 noch Kleinparteien wählten (8,5%).
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Die AfD verliert v.a. an Nichtwähler:innen: 29% der ´17er-Wähler:innen jetzt Nichtwähler:innen. Hinzugewinne von Union, SPD und FDP (see what @zeitonline did there with the colors ;). Kaum größere Zugewinne durch vorherige Nichtwähler:innen oder Erstwähler:innen.
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Bleiben noch die "anderen Parteien" zu denen nun ja auch die Linke gehört. Hier profitierten v.a. die Grünen. Neu wählten die anderen Parteien viele ehemalige SPD und FDP-Wählende. Zudem entschieden sich auch eher viele Erstwählende für eine der kleineren Parteien.
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Werfen wir einen genaueren Blick darauf, was 2017er Erstwählende jetzt wählten, zeigt sich, dass ernüchternde Bild, dass mehr als die Hälfte von ihnen in 2022 nicht mehr gewählt hat. Wenn sie wählten, stimmten sie v.a. für die Grünen.
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Abschließend der Blick auf Nichtwählende. Ein Großteil (80%) derjenigen, die schon in ´17 nicht wählten, wählte auch jetzt nicht. Noch am ehesten konnte CDU von ehem. Nichtwählenden profitieren. Neue Nichtwähler:innen v.a. durch Erstwähler:innen und ehemalige SPD-Wählende.
Tatsächlich sehr wichtiger Punkt!
Denn wir wissen aus Umfragen, dass sich AfD-Wählende besonders häufig als besorgt, verunsichert oder krisenbetroffen empfinden - und zwar unabhängig von ihrer obj. Lage.
Was wir im @WSIInstitut-Erwerbspersonenpanel dazu gefunden haben im 🧵
Zunächst ein paar Verteilungen:
AfD-Wählende geben weitaus häufiger als Wählende anderer Parteien an, dass sie selbst und Deutschl. insgesamt stark von Krisen der letzten Jahre betroffen seien. AfD-Wählende fühlen sich auch besonders häufig verunsichert & äußern große Sorgen. 2/
Das ist auch kein Phänomen, das erst vor kurzem - oder einmalig - auftrat. Vielmehr konnten wir es z.B. bezogen auf ihr stark erhöhtes Sorgenlevel seit Beginn des Panels (Apr ´20) beobachten. Im Übrigen auch für verschiedene Sorgen: finanzielle, berufl., gesellschaftsbezogene. 3/
Ich lese viel hier basierend auf dieser Abbildung, dass das BSW ja nicht sonderlich die AfD geschwächt hätte. Dies lässt sich daraus aber aus meiner Sicht nicht unbedingt ableiten.
#Europawahl 1/
Die dargestellte Wanderungsanalyse nimmt als Ausgangspunkt das Wahlverhalten zur Bundestagswahl ´21. Da bekam die AfD "nur" 10,3%. Erst danach begann ihr Höhenflug in den Umfragen auf zwischenzeitlich bis über 20% (blaue Linie).
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Bezogen auf die Wanderungsanalyse ist es also wichtig zu unterscheiden zwischen AfD-Wählenden, die schon zur Bundestagswahl ´21 AfD wählten und denjenigen, die danach in Umfragen angegeben haben, AfD zu wählen. Die Wanderungsanalyse bezieht sich aber nur auf erstere.
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Auch mein Report zu AfD-Wählenden zeigt klar: Wer AfD wählt, macht dies nicht trotz, sondern wegen ihrer migrationsfeindlichen Positionen
🔵Großer Anteil "überzeugte" AfD-Wählende, eher wenig Protestwählende
🔵Ablehnende Haltungen gegenüber Ukraine-Geflüchteten weit verbreitet 1/
AfD-Wählende hochbesorgt & -belastet und sehr entfremdet von demokr. Institutionen; sehen in Zuwanderung große Bedrohung für den von ihnen sehr homogen gedachten gesell. Zusammenhalt. 95% der jetzigen AfD-Wählenden nannten zur #BTW21 Zuwanderungsbegrenzung als wichtiges Thema. 2/
Auch stehen Erfahrungen mangelnder sozialer und demokratischer Teilhabe im Kontext von Erwerbsarbeit im Zusammenhang mit der AfD-Wahl. AfD-Wählende berichten seltener als Wählende anderer Parteien von guten Arbeitsbedingungen- v.a. bzgl. Anerkennung & Mitsprachemöglichkeiten.
In der neuen #MitteStudie ist auch ein Kapitel "Entsicherte Marktförmigkeit als Treiber eines libertären Autoritarismus" von @EvaGro3,@amelie_nickel1 & mir. Entsicherte Marktförmigkeit erscheint als hochrelevant für rechtsextreme Entwicklungen aus der Mitte der Gesellschaft.
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Was heißt "entsichert marktförmig"?
Beginnen wir mit "marktförmig". Wir haben uns angeschaut, wie "marktförmig" die Einstellungen der Menschen in Deutschland sind. Konkret: wie sehr identifiziert man sich mit unternehmerischen Leitbildern, mit unternehmerischen Idealen?
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Es geht um Selbstoptimierung – also dass es bspw. enorm wichtig ist flexibel, kreativ, erfolgreich oder risikobereit zu sein – eben wenn man so will "unternehmerisch" zu handeln. So weit so - relativ - unproblematisch.
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Heute erscheint die neue #MitteStudie "die distanzierte Mitte". Die darin aufgezeigten Entwicklungen zu rechtsextremen und demokratiegefährdenden Einstellungen in Deutschland sind besorgniserregend und erschreckend - passen aber zur aktuellen politischen Lage.
Details⬇️
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Die Mitte-Studie hat das Ziel, die Sollbruchstellen der Demokratie zu ermitteln. Kernfrage des Bandes ist: Geht die Mitte auf Distanz zur Demokratie? Distanziert sie sich von demokratischen Werten, Grundprinzipien und Prozessen? So erklärt sich der Titel "distanzierte Mitte".
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Alle Analysen des diesjährigen Bandes wurden explizit vor dem Hintergrund miteinander verbundener, sich auftürmender Krisenphänomene ("Polykrisen") betrachtet.
➡️ Die Mitte in Zeiten von Krisen und Konflikten.
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Der 3. Sozioökonomische Disparitätenbericht 2023 der @FESonline ist erschienen. Darin werden zahlreiche Indikatoren entwickelt, die Auskunft über die Zukunftsfähigkeit einzelner Räume geben können und Regionen identifiziert mit besonderen Transformationsherausforderungen.
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Anhand einer Clusteranalyse regionaler Indikatoren zur räumlichen Ungleichheit ergeben sich 5 Raumtypen mit ähnlichen Werteausprägungen. Die Indikatoren decken u.a. die Bereiche Wirtschaft, Bildungschancen, Gesundheit, öffentl. Infrastruktur, Partizipation und Wanderungen ab.
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1. Die "Dynamischen Städte mit erhöhter Exklusionsgefahr" ➡️ umfasst 35 Kreise mit 17,6 Mio. Einw.
Hier zwar gute Verdienstmöglichkeiten und zukunftsfähige Arbeitsmärkte, aber auch erhöhte Armutsrisiken und starker Binnenzuwanderungsrückgang (➡️Überlastung der Großstädte)