Gestern Abend hat @ZelenskyyUa bei den Filmfestspielen in Cannes eine Rede gehalten. Es war bereits seine 150. Ansprache seit Beginn des Krieges. Rhetorikexperte @rhetrocks sagt in der @SZ, dass Selenskij den Verlauf des Krieges damit beeinflusst hat. Wie macht er das? 🧵
Zum einen durch die schiere Frequenz seines rhetorischen Dauerfeuers: Seit dem 24. Februar hat Selenskij an fast jedem Tag eine Rede gehalten, an manchen sogar drei oder vier - das ist ein Weg, die Deutungshoheit an sich zu reißen.
Zum anderen aber auch durch einen rhetorischen Trick. Wenn man seine Reden datenjournalistisch auswertet, fällt auf, dass positiv besetzte Begriffe (blau) die negativen (rot) deutlich überwiegen:
Das ist seine große Erzählung in der Not, und er hält sie bis heute durch. Das ist ein klassisches Mittel von Kriegsrhetorik, besonders auf der Seite des Verteidigers: Es ist eine Strategie des Durchhaltens und der Hoffnung.
Außerdem beherzigt Selenskij bei der Gestaltung seiner Reden einen altes Prinzip der Redekunst: dass man sich in sein Publikum hineindenken solle. Während sich manche Satzbausteine wiederholen, ist der Beginn der Reden fast immer dem konkreten Empfänger gewidmet.
So war es auch gestern Abend in Cannes. Dort erinnerte er daran, dass die Erstausgabe des @Festival_Cannes wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges nicht wie geplant 1939 stattfinden konnte, und an den Film "Der große Diktator" mit Charlie Chaplin:
"It seemed that everyone already understood that one can conquer people with the beautiful, gathering them near the screens, and not with the ugly, gathering them in bomb shelters" (alle Reden von @ZelenskyyUa --> president.gov.ua/en/news/speech…)