Von vielen Seiten hört man dieser Tage die Argumentation, dass am Verbrenner ja viele Arbeitsplätze hingen und das Verbot deshalb ein zu krasser Schritt sei.
Auch Verkehrsminister @Wissing bedient sich laut @DLF einer ähnlichen Argumentation.
Jedoch geht diese Argumentation überhaupt nicht mit dem einher, was man in den Roadmaps der Autoindustrie sieht.
Nahezu alle europäischen Autohersteller streben (nicht erst seit gestern) ein Ende des Verbrenners zwischen 2027-2035 an.
Also teilweise sogar vor dem geplanten EU-Enddatum 2035.
Die angeblichen Arbeitsplatzverluste, die laut der Argumentation mancher durch ein Verbrennerverbot ab 2035 passieren sollen, waren schon vor dem Beschluss längst beschlossene Sache.
Die Industrie ist hier schneller als die Politik.
Ich weiß wirklich nicht, wie diese Argumentation angesichts dieser Tatsache zu rechtfertigen ist und für wen man hier argumentieren will, wenn das alles längst beschlossen ist.
Es ist sogar zu erwarten, dass das ganze schneller geht.
Das Ziel der Ampel von 15Mio E-Autos 2030 würde ohnehin nahezu 100% elektrische Neuzulassungen 2030 voraussetzen. Anders wäre es kaum zu erreichen.
Wieso @Wissing trotz dieser Fakten gegen den Verbrennerausstieg 2035 argumentiert, kann ich mir nicht erklären.
Der nächste Punkt sind Aussagen wie:
"Allein mit Elektromobilität lassen sich die ambitionierten Klimaschutzziele im Verkehr nicht erreichen"
Da weiß ich ehrlich gesagt gar nicht, was ich sagen soll.
Wir haben eine Bestandsflotte an Verbrennern. Diese haben im Lebenszyklus etwa doppelt so hohe CO2-Emissionen wie ein E-Auto (heute).
2035 werden E-Autos nochmal massiv niedrigere indirekte Emissionen haben als heute ohnehin schon.
Hierzu hatte ich bereits zuvor etwas geschrieben. Findet ihr hier:
Argumentiert wird nun, man solle synthetische Kraftstoffe (eFuels) einsetzen. Neufahrzeuge nach 2035 sollen nachweislich mit jenen eFuels betankt werden und damit weiterhin zulassungsfähig sein.
Diese eFuels sind bilanziell (!) CO2 neutral und basieren auf erneuerbarem Strom.
Wie das im Detail funktioniert hatte ich hier bereits erläutert:
Jedoch hat diese Argumentation einen fatalen Fehler:
Es ergibt keinen Sinn, die Rechnung nur bei Neufahrzeugen anzusetzen, wenn der gesamte Bestand weiter mit fossilem Kraftstoff fährt.
Jede Rechnung, die Verbrenner mit 100% eFuels rechnet ist imo schlicht unseriös, weil das immer nur ein Anteil in einem Kraftstoffmix insgesamt ist. Die CO2-Einsparung durch eFuels ist immer nur so groß, wie der Anteil der eFuels am Kraftstoffmix!
Die größten bekannten eFuel-Projekte wie z.B. von Porsche könnten bis Ende des Jahrzehnts ca. 1% der deutschen (!) PKW Flotte versorgen. Also eine Einsparung um 1%.
Das ist gut, aber eben nicht besser als E-Autos.
Sollte das E-Auto Ziel der Ampel bis 2030 erreicht werden, würden diese 15Mio E-Autos im PKW Sektor (insgesamt!) zudem etwa 15-20% CO2 einsparen im Vergleich zu Verbrennern.
Dass wir bis dahin 15-20% eFuel Anteil bei Kraftstoffen haben werden, ist praktisch ausgeschlossen.
Was heißt das?
Die Einsparung durch E-Autos ist in der realen Welt insgesamt weit größer als die durch eFuels. Und sie ist es erst recht, wenn wir bis dahin schon eine verkleinerte Flotte von Verbrennern haben.
Denn je kleiner die Flotte, um so mehr Fahrzeuge kann man mit einer eFuel Menge X versorgen.
Und ich möchte dabei auch klarstellen: Man sollte sie auf jeden Fall trotzdem nutzen. Es ist allemal besser als fossiler Kraftstoff.
Jedoch ist die Argumentation Klimaschutzziele seien allein mit E-Autos nicht erreichbar ganz einfach falsch, da hier damit argumentiert wird man solle weiter Verbrenner bauen, nicht den Bestand versorgen, der allein schon einen unfassbar hohen Bedarf an eFuels hätte.
Die Argumentation ist de facto: Füge dem Bestand, der heute schon pro Fahrzeug doppelt so hohe Emissionen hat wie ein E-Auto, noch mehr Fahrzeuge hinzu, bzw. ersetze alte Verbrenner durch neue Verbrenner, um so Ziele zu erreichen.
Rechne dann einfach nur Neufahrzeuge bilanziell CO2-neutral, statt wie bei E-Autos auch den gesamten Energiemix zu betrachten.
Merkt ihr selbst, oder?
Das funktioniert in einer fragwürdigen Rechnung auf dem Papier, aber nicht in der realen Welt.
Und es ist natürlich richtig, dass man nicht kurzfristig nur mit E-Autos die Emissionen des Verkehrssektors auf Null bekommt.
Aber man bekommt es erst recht nicht hin, wenn man noch länger Verbrenner auf die Straßen bringt.
Der beste Weg ist wohl ein möglichst schnelles Ende von neuen Verbrennern, schneller Hochlauf der E-Mobilität und dann sukzessive Einsatz von eFuels im kleiner werdenden Verbrenner-Bestand, wenn die denn jemand produziert.
Alles andere ist Schönrechnerei und Argumentation fernab von bereits existierenden Roadmaps der Industrie.
Der Wandel kommt ohnehin!
Wir sollten darauf vorbereitet sein!
Wandel mit schlechter Vorbereitung war seit jeher der größte Jobkiller!
Falls ihr bis hierhin gelesen habt, danke!
Hoffe ich konnte einige Punkte aufklären.
In meinem pinned-tweet findet ihr noch weitere Threads zum Thema Mobilität und Energiewende.
Wir haben uns als Gesellschaft zum Ziel gesetzt, alle Sektoren zu dekarbonisieren. Hierzu brauchen wir natürlich in vielen Bereichen neue Technologien.
Es braucht also auch im Verkehr neue Möglichkeiten, wie wir Fahrzeuge in Zukunft ohne fossile Treibstoffe antreiben können.
Im Straßenverkehr hat sich die Industrie hier fürs E-Auto entschieden, bereits vor dem Beschluss des EU-Parlaments.
Das hat einen guten Grund:
Das E-Auto mit Batterie ist mit großem Abstand die effizienteste Antriebsform, die es gibt.
Thomas Koch, Prof des Instituts für Kolbenmaschinen (Verbrennungsmotoren) am KIT und Thomas Willner, Prof. für Verfahrenstechnik in Hamburg.
Willner kennen wir z.B. aus einer Doku des @ZDF über E-Autos, in der er einfach mal fossile Primärenergie mit tatsächlich notwendiger erneuerbarer Strommenge gleichsetzt. Höchst unprofessionell imo.
Wieso soll man die Neuverkäufe von Verbrennern erst dann beenden, wenn es genug alternative Treibstoffe gibt?
Je weniger Verbrenner, um so mehr können wir mit einer verfügbaren Menge eFuels betreiben.
Das ist eher ein Argumentat für einen möglichst frühen Ausstieg.
Ich würde nahezu wetten, dass sich diese Aussage entweder auf "E-Autos sind nicht CO2 neutral" oder "die laden alle Kohlestrom" bezieht.
Letzteres ist kompletter Unsinn, was die Leute, die solche Briefe schreiben aber scheinbar wenig interessiert.
Da mir das Thema in Diskussionen immer wieder begegnet, heute mal ein Thread über Methanol-Brennstoffzellen und das Auto von Gumpert.
Worum geht es, wie funktioniert es und ist es wirklich die angebl. Revolution, die alle verschlafen haben? @Stefan_Hajek@Elektro_Robin @stang2k
Vor nicht all zu langer Zeit machte ein Beitrag des @BR24 auf ein neues Auto aufmerksam.
Ein elektrischer Supersportwagen mit Methanol-Brennstoffzelle, der 800km Reichweite haben und in 3Min auftankbar sein sollte.
Klingt erstmal super, lässt aber einen entscheidenden Teil weg.
Man würde bei diesen Aussagen erwarten, dass es sich hier um ein völlig neues, unbekanntes Antriebskonzept handelt, das sich grundlegend von dem eines batterieelektrischen Autos (BEV) unterscheidet.
Dem ist nicht so.
Porsche sagt im Wesentlichen vorallem eines: Unsere Neuzulassungen sind bis 2030 ~90% elektrisch und wir machen eFuels für unsere Bastandsflotten.
Die sind zwar sehr teuer, aber unsere Kund:innen können das bezahlen @christophploss
Diesen Wettbewerb, von dem @christophploss hier spricht, gibt es so nicht. Wettbewerb gibt es bei Neuzulassungen, da wird der Verbrenner absehbar irrelevant werden.
Wettbewerbsfähigkeit bei Faktor 7 Effizienzunterschied stelle ich mir auch eher schwierig vor.
Ich stimme zu, dass es Lösungen für die Bestandsflotte braucht, aber es ist fraglich, wer das umsetzen soll.
Das, was Porsche bis 2030 an eFuels plant, reicht in etwa für 1% der deutschen (!) Verbrennerflotte.