Ich sitze seit einigen Stunden auf einer Station in einer Kinderklinik.
Ich tauche ein in eine kleine Welt inmitten der großen Welt da draußen. Zeit. Viele Gespräche. Mit Schwestern, mit Ärzten, mit
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anderen Eltern, der Seelsorge, den Klinikpädagogen, mit anderen kleinen und halbgroßen Patienten: von medizinischen Kleinigkeiten bis zu Kindern, die schon zig Operationen in ihrem Leben hinter sich gebracht haben.
Ein Jugendlicher hätte heute seinen Schulabschluss
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und die ersehnte Schulabschlussfeier. Stattdessen wird er operiert, zum xten Mal. Die Klassenkameraden schalten ihn später per Video zu und hier wird kräftig gefeiert.
Die Gespräche drehen sich um das Leben, um Schule und Kita, Hobbies und Familie, was man gerne mag und dass
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der Anästhesist gestern einen Witz gemacht hat. Über bescheuerte Lehrer und das Wetter. Und den neuen Venenzugang.
Manches Gespräch auch über die Pandemie, viel Kopfschütteln. Worüber hier niemand spricht: dass es Wichtigeres gäbe als das Leben und die Gesundheit.
Und dass
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Gesundheit irgendwie "dehnbar und definierbar" sei und man Lernlücken, verpasste Kindergeburtstage und das Tragen einer Maske im Bus darunter subsumieren könne.
Hier atmet man tief ein und kommt nicht einen Moment auf die wahnwitzige Idee, dass es Wichtigeres geben könnte
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als die Gesundheit. Hier stimmt der gesellschaftliche Kompass, der in der öffentlichen Diskussion in eine kaum vorher dagewesene Schieflage geraten ist und bis zum Zerbesten gebeugt wird.
Wozu? Was erreichen wir mit dieser Verzerrung von Freiheitsbegriff, Gemeinwohl,
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Gesundheit und Recht des Einzelnen?
Was ist mit den Rechten, der Einzelnen, Herr @MarcoBuschmann, die hier sind und die besser wissen als so mancher laute Krakeeler, was "das Wichtigste" und was "unverhandelbar" ist? Wie ist das Verhältnis von Gemeinwohl und Einzelnem?
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Wie das Verhältnis von Freiheit und Verantwortung?
Liebe KMK, wie ist das mit dem Spruch Ihrer Ex-Vorsitzenden, Gesundheit ist wichtiger als Bildung, träfe nicht ihre Zustimmung? Und wie ist das mit dem Spruch, Präsenzu. sei die beste Therapie?
Ach ja, und ab und zu stirbt
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mal einer... ist schon schrecklich, gell?
Würden alle, die mit diesen Kloppern durch die Pandemie trampeln, auch HIER solche Sprüche bringen? Oder wäre das dann doch zu peinlich und man beschränkte sich auf einen inhaltslosen medienvermarkteten Lächelbesuch?
Wenn man HIER
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sitzt, wo ich seit 7 Uhr sitze und hier miteinander spricht, weiß man schlagartig und unmissverständlich, was in unserer Pandemiepolitik, was in der Inklusionspolitik, was in der Familien- und Bildungspolitik aus den Fugen geraten ist.
Jedes Kind, das hier ist, spürt am
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eigenen Leib, was wichtiger ist, Gesundheit oder irgendwas, was von euch lauten Krakeelern inkl. Politikern, Medizinern, Journalisten und selbsternannten Kinder-Vertretern als wichtiger herumposaunt wird.
Jede Mutter, jeder Vater, die hier am Bett ihres Kindes sitzen, wissen
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tief im Herzen, was wichtiger ist und vergessen es nicht wieder.
Wann versteht ihr da draußen das endlich? Wann versteht ihr, dass nicht nur hier Gesundheit wichtiger als alles andere ist, sondern überall? Dass Inklusion nur funktioniert, wenn die Gemeinschaft als
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Zusammenschluss Einzelner die Rechte des anderen Einzelnen respektiert? (Hallo Herr @MarcoBuschmann, sprachen Sie nicht darüber, dass der Einzelne nicht hinter dem Gemeinwohl stehen sollte? Wie ist das mit dem Schutzbedarf Einzelner, die auf die Rücksicht der Gemeinschaft
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bauen müssen?)
Wann versteht ihr, dass der Einzelne nur aufgefangen ist, wenn der "Starke" zugunsten des "Schwächeren" zurücktritt, anstatt lauthals sein Stärkeren"recht" einzufordern?
Wann versteht ihr, dass - ob mit oder ohne Pandemie - Gesundheit das Wichtigste und die
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Grundlage von allem anderen ist?
Und wann versteht ihr, dass Digitalisierung, Distanzu. und Videokonferenzen das gewähren, was ihr soooooo wichtig findet - Dabeisein, Teilhabe, Zugehörigkeit, soziales Miteinander...? Und dass diese Möglichkeiten gleichberechtigt sein müssen,
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und dass dies eure (!) Verantwortung ist, weil sonst auch Teilhabe nicht gleichberechtigt ist?
Oder gilt das alles nur dann, wenn man eurem Bild von "Normalität" entspricht, wenn man den einfachen, den billigen Weg der "Teilhabe" mitgehen kann?
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Verwirkt man all diese Rechte, wenn man plötzlich erfährt, wie das ist, wenn Gesundheit doch wichtiger wird, als alles andere, weil sie verloren ging?
Und wie viel "verlorene" Gesundheit verlangt ihr (in der Pandemie)
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noch, um alles andere darüber zu stellen? Was soll der Junge nach 6 Wochen im Bett nebenan noch opfern, um eure "Normalitätsphantasien" zu befriedigen?
Was das Mädchen gegenüber an der Schmerzpumpe, damit ihr "ungestört" Vor-Pandemie spielen könnt, dabei aber beide (und noch
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viele mehr) einfach und unwidersprochen exkludiert?
All das löst HIER kollektives Kopfschütteln aus - so als wäre die Welt, in der Gesundheit das Wichtigste ist, nicht eure Welt. Und vielleicht ist das ja auch so.
Nicht eure Welt... nicht nur in der Pandemie.
Aber es ist
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eure Aufgabe, diese "Welten" in
Einklang zu bringen, es ist EINE Welt.
Es ist Ihre (juristische) Aufgabe, Herr @MarcoBuschmann, eure in der KMK, in Bildungs- &
Gesundheitspolitik, eure in Diskussionen & Debatten der Bevölkerung und der Medien.
Einklang, nicht "Abwägung".
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Kriegt ihr das hin?
Wer hier ist, kann das - fühlt das Verhältnis, das für diesen Einklang nötig ist.
Und ihr?
*mit den Klinikclowns durchs Zimmer tobend, sich am kreischenden Lachen erfreuend.
Und froh, für einen Moment in einer Welt zu sein, in der der Kompass stimmt.
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@welt Auch wenn der Beitrag von Herrn #Klaue zu Recht kaum Reichweite erfährt, ganz unkommentiert sollte er nicht stehen bleiben.
Die Historie der Schulpflicht und v.a. ihre aktuelle internationale Situation ist verkürzt – und auch falsch – dargestellt. Das erweckt den Anschein,
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@welt dass Familien mit vorerkrankten Kindern oder Angehörigen, die sich durch die schon beendete (?) Pandemie und das Virus bedroht „fühlen“ (nicht real sind?) und eine Distanzlernsituation nicht stemmen konnten/können (oder mit Blick auf das Kind nicht wollen oder dürfen bei
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@welt Ablehnung der Atteste) feudaler Historie entnommene Ansprüche an den Staat stellen, um ihre Kinder besonders gebildet zu bekommen und allgemein politisch-autoritäre Ambitionen umtreiben.
Nun, schauen wir uns diese Schulpflicht an – und zwar GANZ und nicht erst seit den 60ern
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Ein tiefgründiger Space mit interessanten Gästen, in dem man mehr hören konnte, als zu hören war.
Ein persönlicher Kommentar zu ausgewählten Punkten (da es keine Zuhörerbeiträge gab): 1/
1. Im Space sollte es um die Frage gehen, wie wir Kinder und Jugendliche vor Corona schützen können. Das neue vorgeschlagene IfSG leistet das nicht. Die Teilnehmer:innen des Spaces waren sich darin m.E. (unausgesprochen) einig - und damit ein Stück weit ratlos und hilflos.
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@KatharinaSwinka berichtete aus Sicht der SuS - und dass sie mit einer Abschaffung der Maske in den Schulen wenig einverstanden sind. Viele wollen und werden sie weiter tragen. Neben meiner wiederholten Wertschätzung dieser verantwortungsbewussten Sichtweise (und der
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Nächtliches Date mit @DJanecek und was dazu zu sagen ist.
Gestern Abend bot unser lieber @Berater_1 einen spontanen Space zum Entwurf des neuen IfSG an, eine erkleckliche Anzahl einiger Hundert Nachtschwärmer fand sich ein, darunter @_MartinHagen (FDP) und @DJanecek (Grüne).
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Dazu Familien mit und ohne vorerkrankte(n) Kindern, LuL, Berufsschüler:innen und eine Reihe interdisziplinärer Fachleute aus Sozialarbeit, Psychologie, Pädagogik und Medizin. Den Space kann man hier ⬇️ nachhören. Es lohnt sich, weil... 2/
... sich @janecek der mehrstündigen, tief in die Nacht dauernden Diskussion stellte.
Das verdient an dieser Stelle meine Wertschätzung. Danke! @Berater_1 und @mfresow moderierte den tw. "turbulenten" Space so, dass eine Diskussion auf Augenhöhe (Zitat Dieter) gelang. Danke!
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Wie können wir mit Kindern und Jugendlichen über den Krieg sprechen?
Eine Handreichung auf @Publikum_net und ein Thread.
Am 24. Februar 2022 brach in Europa ein Krieg aus. Wir alle, Eltern wie Kinder sind an diesem Morgen in einer anderen Welt aufgewacht. Es stellte sich sehr
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schnell die Frage, wie wir mit unseren Kindern und
Jugendlichen darüber sprechen können, ohne uns zwischen Verdrängen, Angst und fehlenden Informationen zu verlieren. Kinder und Jugendliche
haben auch Angst. Als hätten Klimaschutz und Pandemie nicht schon genug für die Kinder
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aufgebürdet, türmt sich nun noch Kriegsangst oben auf.
Aber wir können unseren Kindern helfen, wenn wir in Gesprächen einige Punkte beachten: 1. Wie geht es dir? Machst du dir Sorgen? Worüber genau? Was hast du gesehen, gehört?
Nehmen Sie die Gefühle ernst und hören Sie gut
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Da sitzt eine junge Frau, die nach 2 Jahren Stillhalten endlich der Gesellschaft sagt, was ihre Generation über die Pandemie weiß, wie es ihr geht und was sie braucht. Um sie herum sitzen 3 Erwachsene, seit 2 Jahren erfahren in der Platzierung von Narrativen über Kinder &
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Corona und in manipulativer Rhetorik versiert und drehen ihr jedes Wort im Munde herum. Die junge Frau schlägt sich tapfer - und sie bekommt 1 Stunde eingehämmert, dass sie falsch fühlt und falsch denkt und falsch weiß und dass ihr Empfinden angezüchtet sei.
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Mir wird schlecht. Es gibt kaum Schlimmeres, was wir Kindern (& Jugendl.,) antun können als ihnen wider besseres Wissen zu sagen, dass sie FALSCH EMPFINDEN. Ich habe selten so eine toxische öffentliche Inszenierung mit der jungen Generation gesehen. Ein
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"Das gilt vor allem für jene aus stabilen Familienverhältnissen..."
Von Beginn an haben Fachleute, die Kinder und Familien wirklich im Blick hatten, darauf hingewiesen, dass Eltern gestärkt und begleitet werden müssen, um ihren Kindern Krisensicherheit zu geben. Eine 1/
Pandemie ist eine globale Krise. Jede seelische und körperliche, jede soziale Reaktion von Kindern ist eine NORMALE Reaktion auf eine UNNORMALE Situation. Statt die Eindämmungsmaßnahmen zu framen und die Reaktionen der Kinder von der Ursache, der Pandemie abzukoppeln, braucht
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es geeignete krisenkompetenzenstärkende Interventionen. Das Leugnen dieser Zusammenhänge richtet mehr Schaden an, als wir durch das Aufreißen von Schulen und Vereinen wieder gut machen können, weil es am Ziel vorbei geht. Ja, es ist gut, dass Kinder wieder zum Sport können.
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