Thread by @winkelsdorf

Russland verlangt Gespräche mit den USA zu einer Fortführung der START-Verträge und der Abkommen zu einer Reduzierung von Kernwaffen.

Diese Forderung ist in ihren Auswirkungen erheblich: 1/x

Nach Auslaufen der Verträge und der Neuregelungen zu „New Start“ unterzeichnete der russische Präsident Putin erst im Januar 2021 eine Verlängerung dieser Abrüstungsvereinbarungen.

Wir reden also über einen aktuell verlängerten Vertrag. 2/x

Gleichzeitig hat eben genau dieser Putin medial die Propagandatrommel gerührt und neueste Horrorwaffen der Öffentlichkeit vorgestellt, darunter Marschflugkörper mit Nuklearantrieb, Unterwasserdrohnen mit Kernwaffen und 3/x

neue Raketensysteme.

Also so ziemlich das exakte Gegenteil von Abrüstungsbemühungen, diese neue Generation von Wunderwaffen als Projekte zu betreiben. 4/x

In der Entwicklung dieser Projekte, deren Einsatzbereitschaft wiederholt verkündet wurde, gab es dabei sogar vermutlich schwere Rückschläge und Unfälle, so dass diese Einsatzbereitschaft wiederholt von westlichen Experten kritisch hinterfragt wurde 5/x

Die nun bekundeten Forderungen nach neuen Verhandlungen wären im Falle einer bevorstehenden Einsatzbereitschaft also vollkommen überflüssig, wären solche Trägersysteme – die überhaupt nicht Gegenstand der Verträge sind, weil es diese zu dieser Zeit nicht gab – kein Thema: 6/x

Hier könnte Russland weitaus einfacher die bestehenden Vertragswerke aufkündigen, was unterm Strich auch problemlos wäre angesichts des Krieges mit der NATO, in dem sich Russland ohnehin selber sieht.

Es wäre tatsächlich für Russland völlig irrelevant. 7/x

Somit ist dies eher Hinweis darauf, dass die neuen Wunderwaffen eben gerade nicht einsatzbereit wurden – was man im Übrigen auch bereits bei Panzerfahrzeugen sieht, die auch nicht frontreif wurden und dazu zwingen, dass T62 an die Front müssen. Sprich: Russland hat Probleme 8/x

Ein massives Problem dabei dürfte sein, dass es an einem „Plan B“ gemangelt hat – wie wir dies auch bei den T62 sehen: Aus Kostengründen wurden scheinbar Alternativen nicht oder nur sehr begrenzt betrieben. Was auch die Hektik bei der ICBM Satan-2 erklären würde 9/x

Insgesamt ist das also als ein Zurückrudern von Seiten Russlands zu verstehen, wo die Propagandawaffen den Ansprüchen der Realität nicht zu entsprechen vermögen und zumindest teilweise gefloppt sind – was bei einigen technisch auch zu erwarten war. Solche Projekte gab es bereits

und deren Scheitern in den 60er Jahren (etwa bei Marschflugkörpern) lag weniger an den Bauteilen als vielmehr den unrealistischen Einsatzbedingungen dabei, die sich bis heute kaum geändert haben. 11/x

ich VERMUTE zudem, dass man aus finanziellen Erwägungen zumindest einen Teil der Trägersysteme nicht mehr ausreichend gewartet und/ oder kampfwertgesteigert haben wird, so dass ein nicht unerheblicher Teil dieser Systeme nur noch auf dem Papier einsatzbereit sein werden. 12/x

Ich hatte bereits früher mehrfach dazu geschrieben, dass hier Russlands Potential für die reine Zahl potentieller Ziele in einem Atomkrieg nicht ausreichend könnte, einen Erstschlag auch nur halbwegs erfolgreich führen zu können und die russischen Drohungen viel Show sind 13/x

Man scheint also nunmehr durch Abrüstungsverhandlungen in einem immerhin stattfindenden Krieg hier das Potential der NATO dem eigenen Unvermögen irgendwie anpassen zu wollen, weil man nicht mehr gleichziehen können würde – ungeachtet der Entwicklungen 14/x

Zudem wissen wir aktuell nicht, welche russischen Waffen überhaupt noch einsatzbereit sind oder in welchen chinesischen Armbanduhren das Tritium für die Instandsetzung der Kernwaffen gerade so leuchtet, zumal ja ein Großteil der Waffen Arsenalware geworden ist. 15/x

Insgesamt ist also diese russische Forderung für uns sehr, sehr positiv zu bewerten und zeugt von den bereits festgestellten und begründet vermuteten Problemen in Russland.

Das Schreckenspotential eines globalen Atomkrieges ist somit deutlich kleiner anzunehmen 16/x

als sich dies in den 80er Jahren noch darstellte.

Wobei Russlands Forderung dabei nicht allein auf Kernwaffen und Trägersysteme gesehen werden sollte: Dass man überhaupt wieder in den Dialog treten will mit der NATO, dass man Übereinkünfte sucht, DAS ist entscheidend. 17/x

Dass dabei im gleichen Atemzug mit diesen Forderungen verhüllte Drohungen kommen, dürfte relativ normal sein und ist kein Grund zur Sorge, das gehört quasi zum Gesichtswahren mit dazu.

Man kann als Pressesprecher auch schlecht sagen: 18/x

„Naja, die Kremlins wollten in den Swingerclub, aber vor Ort haben die erst gemerkt, dass sie statt Viagras Smarties haben und stehen nun mit runtergelassenen Hosen da“

Aber wenn die bei so einer Party fragen, was im Kino läuft, ist das schon eine ziemlich direkte Ansage. 19/19