#Hitzealarm! Und alle reden über die Kühlung von #Atomkraftwerk|en. Leider wird darüber auch viel Unsinn verbreitet. Dieser #Kühlthread erklärt alles, was ihr wissen müsst, am Beispiel eines 🇩🇪Druckwasserreaktors vom Typ KWU (Vor)Konvoi, dh Grohnde oder Isar-2, ~1400 MW(e). 1/n
Ein Druckwassereaktor hat einen Primärkreislauf, in dem das „Kühlmittel“ (nicht zu verwechseln mit „Kühlwasser“, zu dem wir noch kommen) unter Druck zirkuliert, ohne zu verdampfen: 156 bar, 310 Grad C mittlere Kühlmitteltemperatur, ~3900 MW thermische Reaktorleistung. 👇🏼 2/n
Der Wärmetransport, also die Kühlung des Reaktors, erfolgt über die Dampferzeuger zum Sekundärkreislauf und von da aus zum Turbinenkondensator, der die „Hauptwärmesenke“ darstellt. Speisewasser wird im Dampferzeuger verdampft, d Frischdampf geht mit ~66 bar auf die Turbine,
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wo er Antriebsarbeit leistet und den auf einer Welle mit der Turbine montierten Generator mit 25U/s dreht. Dabei wird der Dampf entspannt und gelangt in den Turbinenkondensator. Dieser wird von „Kühlwasser“ gekühlt, das wiederum einem Fluss, Kühlteich o. Meer entnommen wird. 4/n
Diese Gewässer nennt man auch die „primäre Wärmesenke“. Dann geht’s über Kondensatsystem, Speisewasserbehälter & Vorwärmstraßen wieder zu den Dampferzeugern. Kühltürme assistieren bei diesem Verfahren. Eine 1400-MW-Anlage zieht ca. 40 t/s Kühlwasser. 5/n
Bei Kühlturmbetrieb entnimmt man bis zur Hälfte des Kühlwassers aus dem Fluss, so 20-25t/s). Naturzug-Nasskühltürme haben aber verschiedene Fahrweisen, und man kann sehr frei variieren, wieviel Wasser man dem Fluss entnimmt. ➡️
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Normalerweise fährt man im Sommer eine hohe Austauschrate, damit das Kühlwasser möglichst kalt ist & das Vakuum im Kondensator gut & entsprechend auch der Wirkungsgrad des Kraftwerks möglichst hoch ist.
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Das bedeutet also, man leitet normalerweise das meiste Wasser, das im Kühlturm abgekühlt wird, aber wärmer ist als vorher, wieder in den Fluss und entnimmt am Kühlwassereinlauf frisches Flusswasser für den Turbinenkondensator.
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Mengenmäßig ist das manchmal ein Äquivalent von zwei Dritteln d Durchflussrate des gesamten Flusses. Wenn nun Niedrigwasser & hohe Flusstemperatur herrscht, kann man die Austauschrate aber stark senken und nur noch 10% des zirkulierenden Kühlwassers aus dem Fluss entnehmen.
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Das bedeutet, dass man eigentlich nur noch die Verdunstungsrate der Kühltürme ersetzt und den Rest des Kühlwassers im Kraftwerk immer im Kreis fährt. Das gesamte Kühlwasser wird dadurch natürlich wärmer, folglich hat man einen Wirkungsgradverlust.
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Die Entscheidung ist immer eine Mischkalkulation: sowohl d Wärmelastplan des Flusses & die daraus abgeleiteten zulässigen maximalen Wärmeeinleitungen des KKW (ökologische Gründe), als auch der Wasserpfennig, den das KKW für die Nutzung des Flusswassers bezahlt, als auch…
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der Produktionsverlust durch Wirkungsgrad-Verschlechterung (ökonomische Gründe) gehen in diese Rechnung ein; alternativ die Kosten eines Teillastbetriebs. Dafür gibt es Rechenprogramme, die die optimale Fahrweise empfehlen.
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Auch bei Dürre kommt man also ohne Tiefbrunnen und Kühlteich, Hybridkühltürme, Trockenkühltürme, Ergänzungen durch Talsperren sowie Teillastbetrieb als ultima ratio mit konventionellen Kühltürmen sehr weit, man muss allerdings ökonomische Einbußen fürchten.
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Anlagen am Meer oder an Flussmündungen, wie in 🇩🇪Brokdorf oder Unterweser, kommen ganz ohne Kühltürme aus. In Frankreich haben einige KKW im Binnenland keine KT, und die trifft die Hitzewelle jetzt hart, sie müssen die Anlage stark drosseln oder ganz abfahren.
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Wird der Reaktor abgeschaltet, muss die Nachzerfallswärme aus dem Kern abgeführt werden; Druck und Temperatur im Primärkreis sinken. Bis ca 120 Grad C Kühlmitteltemperatur läuft der Wärmetransport wie im Leistungsbetrieb über die Dampferzeuger,
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danach übernimmt ein viersträngiges Nachkühlsystem das Kaltfahren. Der Wärmetransport läuft jetzt über den Nachwärmekühler, der vom nuklearen Zwischenkühlsystem gekühlt wird, zu einem Zwischenkühler, der von Flusswasser gekühlt wird.
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Dieses Flusswasser heißt „Nebenkühlwasser“, um es vom „Kühlwasser“ für den Kondensator zu unterscheiden. Dafür reicht aber viel weniger Flusswasser. Im Leistungsbetrieb 1,7 bis 2 t, Abfahrbetrieb mehr (Werte reiche ich nach). Und das ist die sog. „Nachkühlkette“.
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In diese Nachkühlkette ist auch die Kühlung der Brennelemente im Lagerbecken aka Abklingbecken integriert. Dafür gibt’s 2 Beckenkühlpumpen, die in den Nachwärmekühler fördern, man kann aber auch 2 der 4 Nachkühlpumpen statt auf den Loop aufs Becken schalten.
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Außerdem gibt es noch ein Beckenreinigungssysten mit 2 Pumpen & 1 Beckenkühler, der ebenfalls von Zwischen- & Nebenkühlsystem gekühlt wird. Daneben gibt es im AKW auch noch viele betriebliche Kühlstellen, die im Leistungsbetrieb ebenfalls vom nuklearen Zwischenkühlsystem…
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…und vom Nebenkühlsystem bedient werden, aber von einem anderen Teil, den 2 „Betriebskreisen“. Diese zu entlüften, ist nach der Revision immer ein tagelanger Spaß, der in einem wegen seiner Form „Banane“ genannten Raum des Reaktorgebäudes stattfindet, Abb.: mein Laborbuch. 20/n
Sicherheitsrelevant ist, ob genug Nebenkühlwasser für die Nachkühlkette, dh Abfuhr der Nachzerfallswärme nach Reaktorabschaltung vorhanden ist. Außerdem auch, ob das Nebenkühlwasser kühl genug für die Aufrechterhaltung von Kühlfunktionen der Notstromdiesel…
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…zB der Kältemaschine, diverser Kühlstellen, im Anforderungsfall (Notstromfall) ist. Käme es ganz schlimm (Dürre/Wasserstand zu niedrig für die Entnahme von Nebenkühlwasser), dann wäre das ein „Verlust der primären Wärmesenke“ & die die Anlage müsste abgefahren werden.
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Aber das Trockenfallen eines Flusses kündigt sich wochenlang an & das gibt den Entscheidern auf den Anlagen große Zeitreserven. Solch einen Fall gab es auch bei der Jahrtausendhitze 2003 noch nicht, wohl aber mussten Anlagen in Frankreich aus Gewässerschutzgründen…
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…abgefahren werden. Mit Sondergenehmigungen dürfen sie dann in diesem Sommer 2022 aber doch wieder. Da stehen prinzipielle Klima-Ertüchtigungen an, siehe dazu den kritischen 🇫🇷Thread: 👇🏼 24/n
Wird häufig gefragt: Tschernobyl? Dieser Unfall hatte weder mit Kühlwasser-, noch Kühlmittelverlust (im Reaktor) was zu tun. Das war eine nukleare Leistungsexkursion, ein Problem der Neutronenphysik & der thermohydraulisch-reaktorphysikalischen Wechselwirkungen im Reaktor…
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…sowie eines fehlausgelegten Abschaltsystems.
& Fukushima??
Zusammenbruch der Nachkühlkette wegen totalen Stromausfalls. Die Unfälle hätten in 🇩🇪 Anlagen aus reaktorphysikalischen Gründen & dank der robusten Flutabsicherung & Notstromversorgung nicht stattfinden können.
26/26
Nachtrag: wer glaubt, Erneuerbare Energien seien von Hitzewellen nicht betroffen, dem gebe ich zu bedenken, dass Dürren auch die Wasserkraft treffen und Hitzeflauten die Windkraft tage- bis wochenlang lahmlegen. Daher ist ein diversitäres System (EE + AKW) sicherlich das Beste.
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@FridayForFuture@CKemfert Kemfert weiß offensichtlich nichts von dem Run der Deutschen auf elektrische Heizmittel, was bedeutet: das Wärmeproblem ist ein Stromproblem. Kemfert kennt auch nicht den Wert von gesicherter Leistung für ein Stromnetz. 6% können da über Sein oder Nichtsein entscheiden. ➡️
@FridayForFuture@CKemfert In den letzten Tagen produzierten die 3 deutschen AKW mehr Strom als die gesamte deutsche Windkraft. In EE-Mangelsituationen wird das Netz von Kohle- und Gasstrom gerettet, zum Schaden des Klimas. Genau an diesem Punkt kann man Kernenergie einsetzen. Und das verschweigt Kemfert.
@FridayForFuture@CKemfert Ich empfehle daher @FridayForFuture: Diversifiziert euer Wissen, emanzipiert euch von Kemfert. Sie ist eine ungeheuer einseitige Informantin, hat weder von Stromnetzen noch von Atomkraft technische Expertise - und sie hat ausgeprägte Vorurteile gegen Kernenergie.
@CKemfert fällt nicht auf, dass die EE dasselbe Problem haben. Windkraft versagt in Hitzeflauten wochenlang ihren Dienst. Aktuell ist 3% der inst. 🇩🇪Wind-P am Netz. Wenn, wie Kemfert glaubt, PV das Windloch ausgleichen kann, dann sie doch auch Minderleistung von KKW ausgleichen?
Zumal entgeht @CKemfert, die sich zu AKW gerne weit aus dem Fenster lehnt, aber keinerlei technische Kenntnisse über diese Anlagen in die Diskussion einbringt, dass etliche der betr 🇫🇷Blöcke mangels Kühltürmen zur Lastabsenkung gezwungen sind - in Deutschland kein Thema.
Last not least widerspricht sich @CKemfert auf zweierlei Weise: 1) Wenn Blackoutgefahr „durch“ Kernenergie in 🇫🇷 droht, weil Anlagen in Hitzeperiode unverfügbar sind, dann droht auch Blackoutgefahr „durch“ Windkraft in 🇩🇪, da diese in derselben Periode kaum verfügbar ist.➡️
Der @DLF meint, es sei „kontrovers“, wenn in seiner gleichnamigen Sendung über #Ukraine-Krieg & Russland-Sanktionen der Ukrainofrigide @Ralf_Stegner, der @cducsubt-Abgeordnete Koeppen aus dem Rosneft-Raffinerie-Wahlkreis Schwedt & der Linke @ernst_klaus miteinander diskutieren.
Tenor: „Die Sanktionen schaden uns, also weg damit“. Über Deindustrialisierungs-Ängste, Alternativen zu russischen Rohstoffen & Versorgungsprobleme hätten sich alle Beteiligten
seit dem deutschen Atomausstiegsbeschluss & NS2-Einstieg 10 Merkel-Jahre lang Gedanken machen können.
Schon der Titel der @DLF-Sendung ist suggestiv: „Explodierende Energiekosten, steigende Lebensmittelpreise, Angst vor Jobverlust: Wie lange tragen die Deutschen die Russland-Sanktionen?“ - Keinerlei kritische Diskussion darüber, dass das deutsche Erfolgsmodell, ➡️
@KumpelRainer@ClaudiaHippeli@Ostprog Alle Aussagen sind
f a l s c h.
• Die 3 laufen mit einer regulären Betriebsgenehmigung.
• PSÜ ist kein „TÜV“. TÜV ist als Sachverständiger auf den Anlagen & nimmt reguläre, sicherheitsgewährleistende Wiederkehrende Prüfungen ab, die nach vorgeschriebenen Zyklen stattfinden. ➡️
@KumpelRainer@ClaudiaHippeli@Ostprog • Betreiber signalisieren für d Notstand bereitzustehen, aber der Ball ist hier im Feld v Regierung & Gesetzgeber.
• Personal ist genügend da & macht nicht am 1.1. 24 das Licht aus. Um es auf dem Stand Betriebsschichtbesetzung zu halten, muss Schritt 1 von der Politik kommen.➡️
@KumpelRainer@ClaudiaHippeli@Ostprog • Brennelemente können je nach Notlage in 6-14 Monaten beschafft werden. Die Regierung hat mit Falschdarstellungen von der Sorte meines Vorredners 4 Monate verplempert und obstruiert.
• Sogar ohne frische BE ist Streckbetrieb einige Monate lang möglich.
@danielmack 5 Minuten Falschaussagen von @BMWK#Habeck. Macht er seine Fehler unwissentlich, ist er inkompetent; macht er sie wissentlich - Schlimmeres. Ich handle seine Punkte mal ab:
• Streckbetrieb
• Sicherheitsüberprüfung
• Cybersicherheit
• „nur 5%“ Atomstrom
• Vogelscheuche🇫🇷
1/n
@danielmack@BMWK Streckbetrieb: Brennelemente sind zwar stabförmig, aber keine Kerzen, die irgendwann runtergebrannt sind. Ubd so ist Streckbetrieb kein Einsparen von Brennstoff durch Teillastfahren im Sommer, das man dann im Winter dranhängt, sondern ein reaktorphysikalisches ➡️
@danielmack@BMWK und regeltechnisches Verfahren, das die Reaktivitätsreserven des Brennstoffs nutzt. Die Kernbeladungen sind für Vollast bis 31.12.22 ausgelegt und könnten *ohne* 2022er Teillast im Streckbetrieb 2023 ~7,5 TWh zusätzlich Strom erzeugen; ➡️
@KaWitsch@handelsblatt Es ist eines der zuverlässigsten Anzeichen einer echten Debatte, wenn die in dieser Debatte geforderte Regierung erst mauert, um vollendete Tatsachen zu schaffen, und dann, wenn es einfach nicht enden will, die Debatte als „Scheindebatte“ bezeichnet, die „ein Ende haben“ muss.➡️
@KaWitsch@handelsblatt Selbstverständlich gehören zu einer solchen Debatte Rollen: #Habeck, der das K in @BMWK von „Klima“ zu „Kohle“ umdefiniert; seine grünen Funktionäre im @BMUV, die ihm - wie wir heute wissen, falsche - Begründungen für einen „Prüfvermerk“ liefern, der eine Scheinprüfung war; ➡️
@KaWitsch@handelsblatt@BMWK@BMUV ein @Bundeskanzler, der in dieser Angelegenheit seine Richtlinienkompetenz an #Habeck abtritt, der wiederum so handelt, wie er handelt, weil er 2025 selbst Kanzler werden will und dafür seine Traditionsgrünen mit ihrer Anti-AKW-Folklore noch braucht; ➡️