Thread by @DerRadDem

Zeit für einen Thread über die Situation in #dielinke und warum sie nicht gewählt wird, obwohl sie über 90% der Bevölkerung repräsentiert im Gegensatz zu anderen Parteien. Und nein, es sind weder "Wokeness" noch zu wenig davon.

sueddeutsche.de/meinung/linke-…

Mir geht diese Diskussion um "die Linke wird nicht gewählt weil:..."

zu kämpferisch, zu wenig kämpferisch, hat sich zu sehr vom "Arbeiter" entfernt, ist zu woke, zu unmodern, etc. ziemlich auf den Keks. Warum erreichen denn SPD und Grüne über 20% in Umfragen?

Und nein deren Wähler:innen sind sogar oft recht stabil links, für den Sozialstaat, für höhere Steuern für Reiche, viele sogar antikapitalistisch usw. Die wählen aber SPD und Grün. Sind diese Parteien etwa näher beim "Arbeiter"? Nicht woke? Sehr kämpferisch?

Der Unterschied zu den Linken ist, dass diese Parteien programmatisch und von Auftreten her als professioneller und realistischer gesehen werden. Das kann die Linke auch wie @bodoramelow in Thüringen zeigt. Auch sonst ist die Partei professioneller geworden.

Aber warum geht nicht mehr als einfach etwas mehr Sozialstaat im Programm? Warum erreicht die Linke nicht den "Arbeiter"? Weil der auch so mit Neoliberalismus zugeballert wurde, dass er als VW-Angestellter denkt er erhält so viel Gehalt, da er so viel leistet.

Du wirst heute wahrscheinlich bei den Armen eher Menschen finden die gegen Sozialstaat und höhere Steuern sind, finden, als total-vom-Kapitalismus-überzeugte bei den Wohlhabenden mit Uniabschluss. Das Programm der Linken ist gut, der "Arbeiter" versteht es nur nicht.

Entscheidend sind 2 "neoliberale" Narrativen: 1. Das Aufstiegsversprechen. In unserem Wirtschaftssystem wirst du automatisch was, wenn du hart arbeitest. Wer reich ist, muss besser sein und härter arbeiten. Wer arm ist, ist faul oder minderfähig.

Wenn die Linke dann anbietet "wir stärken den Sozialstaat und erhöhen deine Löhne", dann klingt das wie "Hilfe". Der "Arbeiter" möchte das doch selbst schaffen. In Wirklichkeit wäre kein Aufstieg ohne Sozialstaat, Arbeitsrechte und Co möglich. Im Grundsystem des Kapitalismus

arbeitet der Großteil der Bevölkerung in der Mine 16h am Tag, 6-7 Tage die Woche. Die davin profitieren war die kleine Minderheit an Großgrundbesitzern. Erarbeitet wurde deren Reichtum von den "Arbeiter:innen". Gewerkschaften und linke Parteien ermöglichten dann Aufstieg

Indem der "Arbeiter" sich mit der Macht von Sozialsystemen, Regulierungen, Gewerkschaften, etc. mehr von dem zu holen was sie oder er selbst erarbeitet hat. Möchte die Linke also wieder den "Arbeiter" erreichen, dann muss die Partei das Aufstiegsversprechen zurück erringen.

Narrative 2 lautet "wir können uns das nicht leisten". Der Staat kann ja pleite gehen, das hat man ja an der DDR gesehen und die Schulden müssen wir irgendwann zurückzahlen. Mit dem Blödsinn kriegen die "Neoliberalen" auch die Menschen mit höheren Bildungsgrad, weil viele Linke..

Wollen sich dann sehr verantwortungsbewusst geben und rechnen dann ganz genau aus wie progressive Projekte "finanzierbar" wären. Die Wahrheit: Alles Geldvermögen in Umlauf kommt vom Staat und wurde irgendwann durch staatliche Investitionen in unsere Taschen gespült.

Der Staat hat das Geld nicht ursprünglich über Steuern eingezogen um es auszugeben, sondern erst in Umlauf gebracht um es dann wieder reinzuholen. Wer die Gründe dafür erfahren möchte, befasst sich am Besten mit der MMT. Dementsprechend sind Investitionen für nützliches

Immer möglich, solange entsprechende Arbeitskräfte, Ressourcen, usw. bereitstehen. Bspw. hätte in den 50ern jemand Staatsverschuldung geschrien, wäre das Land immer noch eine halbe Ruine ohne fließend Wasser, Strom und Gas. Die Linke muss diese Narrative entlarven was schwer ist.

Tatsächlich hat Sahra Wagenknecht früher beide Narrativen sehr effektiv immer wieder angegriffen, aber das hat sie auch aufgegeben und stattdessen findet man sie heute im Schwurbel-Sumpf. Vielleicht auch weil kaum Linke ihr beistanden. Anstatt aufzuzeigen wie eine

Grundsicherung ökonomisch sinnvoll ist und den sozialen Aufstieg ermöglichen, haben andere Linke in Talkshows dann lieber von "Menschlichkeit" und "Solidarität" gesprochen. Nobel, aber wegen den 2 Narrativen ist der Gedanke vieler "1200€ sind zu viel, HartzIV reicht doch...

um die Menschen am Leben zu halten, außerdem können wir uns mehr nicht leisten als Gesellschaft und die Menschen sollen gefälligst selber arbeiten". Dementsprechend wählt man dann Grüne und SPD wenn man nicht komplett kaputt im Kopf ist, denn klar, man sollte Menschen helfen...

aber doch bitte nicht zu viel und in "realistischem Maße".

Ich halte diese Erklärung für das Versagen der Linken für logischer. Klar, auch die anti-NATO-Haltung war nie hilfreich, die ganzen Schwurbler:innen in der Partei, plus dass alle Institutionen de facto gegen uns sind.

Aber das erklärt nicht warum die Linke vor dem Angriffskrieg von Putin nicht bei 40%+ war. Und ja die komplett bekloppten wie Wagenknecht, Dehm, etc. gehören raus.

Könnt mir gerne eure Meinung sagen über die bekannten Kanäle, sprich bei Twitter oder demnächst wieder bei Twitch.