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Jul 24 66 tweets 11 min read
Zeit für Wissenschafts- und Kulturgeschichte-Thread! 🧵

Das Thema der Nacht von Sonntag auf Montag: #Außerirdische.
Außerirdische/Aliens/ETs -- im weitesten Sinne bedeutet dies: Lebewesen, die nicht auf der Erde entstanden sind; im engeren: Lebewesen, die nicht auf der Erde entstanden sind und menschenäquivalente oder höhere Intelligenz aufweisen.
In diesem Thread soll es vor allem um Aliens im engeren Sinne gehen.

Was assoziiert sich mit diesen?

Vor allem zwei Dinge:

1. man kann an sie "glauben" -- oder auch nicht;

2. es haftet ihnen ein Flair der Unernsthaftigkeit, der Albernheit und des schlechten Geschmacks an.
Die Benutzung der Vokabel "glauben" ist auf den ersten Blick seltsam. "Glauben" bezieht sich definitionsgemäß auf religiöse Vorstellungen. Man glaubt an einen Gott oder mehrere Götter. Etwas allgemeiner gesagt deutet "glauben" auf eine Welt jenseits der sinnlich erfahrbaren hin.
Wenn man etwas einfacher gestrickte Menschen fragt, was der Unterschied zwischen "wissen" und "glauben" sei, werden sie antworten: "Wissen ist das, was die Wissenschaft ermöglicht -- man untersucht etwas mit Experimenten, Mathematik und Logik...
Glaube dagegen entsteht, wenn man einfach spürt oder ahnt, das etwas so oder so ist."

Es werden also von vielen Menschen implizit zwei Welten angenommen: eine, die sich "logisch", und eine, die sich "ahnend" oder "intuitiv" erfassen lässt.
Außerirdische gehören überraschenderweise zur zweiten.

Diese Unterteilung steht philosophisch auf wackligen Beinen. Zum einen sind Naturwissenschaft, Mathematik und Logik, obwohl sie landläufig als mehr oder minder eng verwandt angesehen werden, sehr verschiedene Disziplinen.
Zum anderen werden naturwissenschaftliche Erkenntnisse, und in noch höherem Maße mathematische Sätze, keinesfalls nach irgendeinem mechanisch abarbeitbaren Kochrezept gewonnen -- sondern durch Intuition; sie werden also zuerst geahnt.
Und Malerei, Literatur und Dichtkunst, die von den meisten Menschen als rein intuitiv, "aus dem Herzen kommend" angesehen werden, erfordern zielgerichtetes, planendes, ja "logisches" Vorgehen, selbst dann, wenn es sich um rein expressionistische Arbeiten handelt.
Die Annahme einer Welt jenseits der sinnlich erfahrbaren, die erahnt, aber nicht durch Beobachtung untersucht werden kann, wirft weiterhin das Problem auf, welche Beziehung zwischen der erahnbaren und der sinnlich erfahrbaren Welt existiert.
Doch die meisten Menschen werden das nicht so genau durchdenken wollen. Für viele ist die Vorstellung: "Es gibt etwas, das sich der rationalen Ergründung entzieht und nur aus mystischer Einsicht heraus gespürt werden kann" tröstlich --
-- einfach deshalb, weil "rationale Ergründung" (unabhängig davon, was dies nun genau sein soll) unheimliche Assoziationen hat: Industrie, Technik, klare geometrische Konturen; Mangel an Empathie, Trost, Ruhe; Arbeit und Leistungszwang; sowie einfach das Gefühl...
...das man etwas gewaltiges und einflussreiches, was mithin das eigene Leben beherrscht, nicht verstehen kann: letztlich deshalb, weil man nicht die nötigen mathematischen Fertigkeiten mitbringt.
Die Behauptung: "Wirklich wissenswerte Weisheiten lassen sich nur durch Meditation oder mystische Einsicht gewinnen" ist deshalb für viele Menschen eine Art tröstliche Trotzreaktion.
(Und es ist, notabene, ja etwas dran: Es gibt, wie gesagt, kein Kochrezept zum Gewinnen mathematischer Aussagen, und auch keines um wissenschaftliche Gesetze zu finden. Watson und Crick kamen auf den Gedanken, dass die DNS Doppelhelixform aufweise...
...als sie auf LSD spiralige Muster sahen.)
Doch nun steht die Frage im Raum: Wieso werden Außerirdische der intuitiven Welt des Glaubens zugerechnet, obwohl sie ja definitionsgemäß Lebewesen, also ein prinzipiell sinnlich erfahrbares Naturphänomen sind?
Die Antwort lautet: weil das Weltall bzw. der Sternenhimmel als eine Art "Welt jenseits der Realität" wahrgenommen wird. In diesem Bereich herrscht noch im 21. Jahrhundert bei vielen Menschen eine antike Denkweise vor.
Sterne, Planeten etc. gehören nicht zur "anfassbaren" Wirklichkeit, sie werden als "ätherischer", "irrealer" gesehen als Wolken, Bäume, Häuser, Menschen, Fahrräder, Autos, Hunde. Die Vorstellung, dass der Himmel eine Götterwelt sei, die nach völlig anderen Gesetzen funktioniere..
...als die alltägliche, ist zwar völlig falsch, aber kulturell sehr tief verwurzelt.
In diesem Zusammenhang ist Punkt 2. ziemlich überraschend: Das Thema Außerirdische hat etwas trashiges, kindliches, albernes an sich. Sie gehören also zugleich zur Welt des Göttlichen und zu der des Albernen, Lächerlichen.
(Dieses Paradox hat durchaus mythologische Tradition: man denke an Schalk-Gottheiten wie z. B. den altnordischen Feuergott Loki!)
Aliens -- insbesondere in der bekannten Erscheinungsform: grüne Humanoide mit großen Köpfen, die in tellerförmigen Schiffen durchs All reisen -- sind der "Trash-Sciencefiction-Topos" schlechthin. Sie stehen sinnbildlich für schlechte Unterhaltungskultur.
Diese Wahrnehmung: "Aliens = Science Fiction = Geschmacklosigkeiten" ist vor allem in Westeuropa (und dort insbesondere in [West-]Deutschland) beheimatet.

Es ist interessant, darüber nachzudenken, wie es kam, dass Aliens quasi zur Galionsfiguren schlechter Populärkultur wurden.
Prima facie ist nicht einzusehen, weshalb dies so sein sollte. Spekulationen über Leben außerhalb der Erde lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. G. Bruno und Kepler ("Somnium") dachten darüber nach; die utopisch-sozialspekulative Literatur des 18. Jh. kennt Beispiele.
(Strenggenommen sind die anthropomorphen Bäume Ludvig Holbergs übrigens "Innerirdische", da sie auf einem kleineren Planeten im Zentrum einer hohlen Erde leben. Einer von ihnen ist auf manchen Ausgaben von Arno Schmidts "Zettel's Traum" zu finden.)
Die Frage stellt sich also, woran es lag, das im Industriezeitalter, als Raumfahrt allmählich in den Bereich des realistisch Durchführbaren rückte, das Thema "Lebewesen, die nicht von der Erde stammen" in die Populärkultur-Gosse abgeschoben wurde?!
Wahrscheinlich hängt dies mit Übergang von der Romantik zum bürgerlichen Realismus im 19. Jahrhundert zusammen.

Die Romantik stellte das Dasein der Menschen in einen größeren, geheimnisvollen, kosmischen Zusammenhang. Das Alltagsdasein war ein dünner Film von Normalität...
...auf einer unauslotbaren Nachtwelt von Kräften und Wesenheiten -- wobei die besten romantischen Dichter einen ironischen, zugleich zutiefst menschlichen Tonfall wählten, der keinesfalls irgendwie "schmalzig" zu nennen ist: die Romantik als Kulturepoche war sehr weit entfernt...
...von dem, was man heutzutage umganssprachlich als "romantisch" bezeichnet!

Als Meister der romantischen Literatur sehe ich übrigens einen ihrer frühesten Vertreter an (der zeitlich fast noch zur Klassik gehört!): Jean Paul.

Die Texte Jean Pauls sind sehr schwer beschreibbar.
Sie sind eigenwillige Labyrinthe von Metaphern und Bildern, in denen man sich verirren kann. Mithin hat man den Eindruck, es mit einem James-Joyce-Vorläufer zu tun zu haben. Friedrich Schiller konstatierte, dass Jean Paul wohl vom Mond kommen müsse -- also ein Außerirdischer sei.
Mit dem Aufkommen des bürgerlichen Realismus verschob sich der Fokus der Literatur: Nun lag er auf realistisch dargestellten Interaktionen und Handlungen von Menschen. Psychologie, aber auch Schilderungen sozialer Missstände --
-- und somit Vorgriffe auf die sozialistische Kunst -- dominierten. Das "Nicht-Menschliche", die Natur jenseits der urbanen oder dörflichen Lebenswelt (wozu natürlich das Weltall geradezu par excellence gehört!), wurde weitgehend ausgeklammert.
Im deutschen Sprachraum vollendete das Werk Thomas Manns den bürgerlichen Realismus: wobei man dies natürlich als seine größte Schwäche ansehen kann -- dass er, mit Ausnahme des Goethe-Gedankenstromkapitels in "Lotte in Weimar", einen Literaturstil aus dem 19. Jh. vollendete...
...anstatt, wie seine Zeitgenossen Joyce, Döblin oder Broch, neue Ausdrucksformen zu erforschen!

Nichtsdestotrotz -- oder vielleicht gerade deshalb -- wurde Mann für die mittlere deutsche Intelligenz zum Inbegriff "guter Hochkultur".
Gelegentlich (man denke an das Balkonkapitel im "Zauberberg" oder die Zugreise in "Felix Krull") unternahm auch Mann Abstecher ins Nichtmenschlich-Kosmische: doch es blieben eben Abstecher. Im Zentrum stehen bürgerliche Menschen und ihre Angelegenheiten.
Das Weltall, die Zukunft, Spekulationen über fremde Lebensformen: mit soetwas gab das Bildungs(-klein?-)bürgertum insbesondere Westdeutschlands sich nicht ab. Dies waren Interessengebiete zwölfjähriger Jungs.
Bemerkenswerterweise beschränkte diese Wahrnehmung sich nicht nur auf das Weltall bzw. Außerirdische -- naturwissenschaftliche und technische Probleme allgemein wurden als kindliche Vergnügungen einfach gestrickter Seelen aufgefasst. Der gebildete Erwachsene beschäftigte sich...
...mit menschlichen Problemen (ab den 1960ern zunehmend mit "gesellschaftlichen"). Die zupackende Denkweise des Ingenieurs "wir bauen das-und-das um dieses-und-jenes Problem zu lösen" wurde als kindlich abgetan.
Heutzutage kann man immer noch Echos davon verspüren: e. g. wenn die Klimabewegung "Klimagerechtigkeit" (d.h. irgendwelche nicht näher spezifizierten Änderungen im menschlich-ethisch-psychologischen Bereich) anstatt technischer Lösungen (z. B. Kernkraftwerke) fordert.
Hierdurch wurde interessanterweise die Naturwissenschaft insgesamt in den Bereich der Unterhaltungskultur abgedrängt. Perry Rhodan las der Elektrotechnikstudent, während der Germanist hüstelnd im Zeit-Feuilleton blätterte.
Anders die Wahrnehmung in den Ostblockstaaten: Hier wurden Naturwissenschaft und Technik -- und bald auch die Themen Raumfahrt und Außerirdische -- programmatisch als Teil der Eroberung der Welt durch das Industrieproletariat gesehen.
In den USA indes hatte man von Anfang an wenig Berühungsängste mit der Populärkultur: was sich gut vermarkten ließ, konnte prinzipiell nicht ganz übel sein! Technische Großleistungen -- insbes. das Raumfahrtprogramm -- waren zentrale Komponenten des Nationalstolzes.
(Dies sorgte, vermittels des zum guten Ton an allen Gymnasiallehrerstammtischen gehörenden Antiamerikanismus, indirekt dafür, dass die Wahrnehmung von Außerirdischen und Science-Fiction-Themen überhaupt als Inbegriff des schlechten Geschmacks in der BRD noch verstärkt wurde!)
Inzwischen hat sich hier sehr viel verändert. Das alte Bildungsbürgertum Westeuropas -- und sein Ableger: nennen wir es "Viertelbildungskleinbürgertum" -- ist nahezu verschwunden. Im Digitalen Zeitalter vermischen sich Hoch- und Populärkultur...
ebenso wie die Kulturen verschiedener Regionen: Europas, des ehemaligen Ostblocks, Nordamerikas sowie nichtwestliche Traditionen, z. B. Japans.

Dass Aliens nicht nur Akteure von Unterhaltungsromanen u.ä., sondern Gegenstand seriöser wissenschaftlicher Spekulation sein können...
...dringt ganz allmählich ins öffentliche Bewusstsein durch (vermute ich zumindest).
Enrico Fermis berühmte Frage: "Wo sind sie?" ist bislang unbeantwortet -- es wurde kein eindeutiger Hinweis auf die Existenz von Lebewesen, die nicht auf der Erde entstanden sind, gefunden. Nichtsdestotrotz hat man bereits Forschungszweige definiert, die sich damit befassen.
SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) und Astro- bzw. Exobiologie sind interessanterweise wissenschaftliche Disziplinen, die ihren Untersuchungsgegenstand *erst noch entdecken müssen*. Dies kann man absurd finden, charmant, faszinierend -- oder all dies zugleich.
Ein wichtiges Vorläufer-Resultat (also eines, das als notwendige Bedingung für die Entdeckung des eigentlichen Forschungsobjektes, außerirdischer Lebensformen, angesehen wird) wurde jedoch bereits erzielt: die Entdeckung von Exoplaneten.
Das naturphilosophische Weltbild, das von den Vorsokratikern begründet, seit der Renaissance stark ausgebaut und im Industriezeitalter extrem verfeinert und gefestigt wurde, fordert die Existenz von Außerirdischen mit einer Wahrscheinlichkeit extrem nahe bei oder exakt gleich 1.
Die drei Grundgedanken, die diesen Schluss erzwingen, lauten:

~~ Die Naturgesetze sind homogen und isotrop (d.h. nicht von Ort und Richtung abhängig);

~~ Das Leben ist ein Naturphänomen: es hat keine Sonderstellung im Gefüge der Realität;
~~ Die Realität ist räumlich und zeitlich unendlich oder zumindest extrem weit ausgedehnt.
Der erste Gedanke (Homogenität+Isotropie) wurde bereits von einigen Vorsokratikern angedeutet; der zweite (Leben ist ein Naturphänomen) wurde im 19. Jahrhundert insbesondere von Darwin artikuliert; der dritte (Unendlichkeit) ist ein Resultat der Astronomie des 20. Jahrhunderts.
Je nachdem, ob man das Universum als "sehr groß" (im Sinne von: viel größer als das Hubble-Volumen, das wir beobachten können) oder "tatsächlich unendlich" (Krümmung exakt gleich Null oder negativ) ansieht, ist die resultierende Wahrscheinlichkeit für außerirdisches Leben...
...knapp unter oder exakt gleich Eins.

Dies gilt notabene auch dann, wenn zur Entstehung komplexer Lebensformen, wie gelegentlich vermutet wird, ein "thermodynamisches Wunder" erforderlich ist.
Unter einem th.d. Wunder versteht man spontane Entropieabnahme in einem makroskopischen System: das Bier im Glas beginnt spontan zu sieden -- der Scherbenhaufen springt zurück auf den Tisch und fügt sich zur Porzellanfigur etc.
Solche Ereignisse sind extrem unwahrscheinlich, jedoch nicht unmöglich: in einem unendlich ausgedehnten Universum ereignen sie sich daher unendlich oft auf unendlich vielen Planeten -- und zeitlich unendlich oft in der Zukunft: eine intelligente Lebensform, die sich spontan...
...aus diffus verteilten Teilchen bildet, nennt man Boltzmann-Gehirn.

Jedoch sind derartige "Wunder" wohl auch gar nicht erforderlich, damit sich Leben auf einem Planeten bildet. Die Wärmestrahlung, die die Nachtseite des Planeten ins All abgibt, trägt ständig Entropie fort...
...so dass sich auf diesem komplexe Strukturen formen können, ohne den Zweiten Thermodynamischen Hauptsatz zu verletzen.
Fest steht, dass auf der Erde komplexes Leben existiert: die Wahrscheinlichkeit für sein Auftreten ist somit von Null verschieden. In einer unendlichen Raumzeitmannigfaltigkeit existieren daher unendlich viele bewohnte Planeten -- einschließlich exakter Kopien der Erde.
Wie häufig Leben ist: darüber ist jedoch momentan keinerlei Aussage möglich. Immerhin existieren in unserer Galaxis mehr als genug Exoplaneten, um das Auftauchen von UFOs in unserem Sonnensystem zwar überraschend, aber nicht als überwältigendes Wunder erscheinen zu lassen.
Sollte das Webb-Teleskop also demnächst einen Bussard-Ramjet o.ä. entdecken, der mit relativistischer Geschwindigkeit näherkommt, würden die meisten Wissenschaftler sagen: "Aha! Sowas haben wir schon vermutet!" o.ä.
Die Reaktion der Menschheit auf einen solchen Erstkontakt wäre sicherlich faszinierend. Ich persönlich vermute übrigens, dass raumfahrende Intelligenzen keinesfalls in Raketen durchs All fliegen -- sondern Raketen sind, im Sinne eine Verschmelzung von Biologie und Technologie.
Wir werden also wahrscheinlich keine grünen Männchen in UFOs entdecken: sondern intelligente UFOs, d.h. lebende Raumschiffe.

Doch dies alles ist bislang, wie schon gesagt, reine Spekulation.

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