Alles, was ihr über den #Streckbetrieb in Atomkraftwerken wissen müsst. Alles beginnt hier, mit den Brennelementen im Reaktorkern. 193 Stück. Deckel drauf, Anfahren! 1/n
• In den Brennelementen werden bei der Kettenreaktion spaltbare Uran-235-Kerne gespalten. Das setzt dort gebundene Energie frei.
• Mit der Zeit (mit dem „Zyklus“ des Reaktors, der ca 1 Jahr dauert) nimmt die Zahl der spaltbaren Kerne ab. Das nennt man „Abbrand“. 2/n
Damit man trotz dieses Abbrandes bis zum Schluss 1 Jahr lang jeden Tag 100% Vollast fahren kann, werden die Brennelemente sozusagen mit einem Überschuss spaltbarer U-235-Kerne versehen. Aber was tun, damit die alle nicht schon vorzeitig zünden? 3/n
Neutronen werden bei der Kernspaltung frei & spalten ihrerseits neue Kerne („Kettenreaktion“). Damit der Überschuss an U-235-Kernen am Zyklusbeginn nicht angefasst wird, gibt man Materialien (Bor oder Gadolinium) in den Reaktor, die Neutronen wegfangen.
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Außerdem stellt man am Zyklusbeginn einen großen Teil der Steuerstäbe, die ebenfalls Neutronen absorbieren, auf eine tiefere Sollstellung. Je mehr Abbrand im Lauf der Zeit, desto weniger spaltbare Urankerne, und desto mehr reduziert man als Ausgleich diese Neutronen-Absorber: 5/n
Der Borgehalt im Kühlmittel wird reduziert, die Steuerstabbank weniger eingefahren, und das in die Brennelemente integrierte Gadolinium brennt durch Neutronen-Aufnahme von alleine ab. Es stehen also nun mehr Neutronen fürs Spalten zur Verfügung, die Urankerne „finden“ können. 6/n
So bleibt die Reaktorleistung bis zum Zyklusende auf 100%. Wenn alle Neutronenabsorber aufgebraucht bzw. rausgezogen sind - bei einem Druckwasserreaktor: Borgehalt im Primärkreis wenige ppm, Stäbe unterm Deckel - ist das natürliche Zyklusende erreicht. In Isar-2: 31.12.2022 . 7/n
Und jetzt beginnt erst der „Streckbetrieb“, obwohl man vorher gar nichts einsparen musste, mit den übriggebliebenen U-235-Kernen, aber ohne Neutronenabsorber. Jetzt sorgt der Abbrand für ein langsames Sinken der Reaktorleistung. Das kann man aber hinauszögern: 8/n
Man macht sich dabei 2 reaktorphysikalische Effekte zunutze. 1) die Kühlmitteltemperatur im Reaktor wird verringert, was bedeutet: das Wasser, das für die Abbremsung der Neutronen auf spaltfreudige Geschwindigkeiten sorgt („Moderator“), wird dichter & macht diesen Job besser. 9/n
Effekt: mehr Neutronen, die spalten können, dh höhere Wahrscheinlichkeit, dass die wegen des Abbrands nun dünner gesäten U-235-Atome gefunden & gespalten werden. 10/n
2) Auch der Brennstoff wird mit der sinkenden Kühlmittel-Temperatur „kühler“, die Urankerne schwingen weniger stark hin & her & die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ein Neutron mit genau der benötigten Energie den Kern trifft & eine Kernspaltung auslöst. Das = Streckbetrieb! 11/n
So kann man nun bis zu 3 Monate mit sinkender Reaktorleistung weiterfahren, dann nochmal die Brennelemente umstellen, um mehr Leistung aus ihnen zu ernten (das hat mit der unterschiedlichen Intensität des Neutronenflusses in verschiedenen Zonen des Reaktors zu tun). 12/n
Streckbetrieb ist also *kein* Sparbetrieb durch Reduzierung der Leistung im Sommer, was das natürliche Zyklusende des Reaktors nach hinten verlagert. Es bedeutet *mehr* Energieausbeute *nach* Ende des natürlichen Zyklus. In Isar-2: ca. 5 Milliarden kWh zusätzlicher Strom. 13/n
Fazit: Streckbetrieb bedeutet nicht, dieselbe Menge Butter auf einer größeren Schnitte Brot zu verteilen, sondern neue Butter aus dem Kühlschrank zu holen & neue Brote zu schmieren.
Oder: Streckbetrieb verhält sich zu Sparbetrieb wie Einstein zu Schäuble. 14/n
Lage in den einzelnen Anlagen: Isar2 hat laut eigener Aussage erst Ende Dezember Ende d natürlichen Zyklus (EOCnat) & könnte ab Januar Streckbetrieb machen, aus Emsland meldet mir das Gerücht, dass sie schon im November zu „gleiten“ beginnen, Neckarwestheim-2 schweigt.
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Und hier noch eine fachliche Publikation von @KaiKosowski und Marcus Seidl, für alle, die nicht nur die Basics wissen wollen, sondern auch, wie man die Anlage im Streckbetrieb konkret fährt: kernd.de/kernd/Politik-…
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Liebes @spektrum, es gibt nur ein Land, in dem das Große nordostjapanische Erdbeben mit Tsunami vom 11. März 2011 „#Fukushima-Erdbeben“ genannt wird. Spoiler: es ist nicht Japan. Dort & bei allen Fachleuten heißt es „#Tōhoku-Erdbeben“. 1/4
Und da nicht der Atomunfall von Fukushima das Erdbeben ausgelöst hat, sondern das Erdbeben den Atomunfall, & da nicht der Atomunfall die Katastrophe war, sondern das Erdbeben mit Tsunami (18.000 Tote), dessen Epizentrum sich aber *nicht* unter der Stadt Fukushima befand,
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Die @GMHGruppe, die nun „mit grüner Politik abrechnet“, hat den Grünstrom-Stahl-Hype lange mitgemacht, statt das Naheliegendste zu tun - sich für die Rettung der niedersächsischen CO2-armen Kernkraftwerke Grohnde & Emsland einzusetzen. Nun stellt die Hütte die Produktion ein.
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Ich habe das Schicksal der Georgs-Marien-Hütte @GMHGruppe längere Zeit verfolgt und ihr genau das vorgergesagt, was jetzt passiert. Ohne Industriestrom aus Kernenergie kein deutscher Klimastahl - simple as that.
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UA #Atomausstieg: Der grüne Obmann @KonstantinNotz im DLF mit der Geschichtslüge, der Atomausstieg Deutschlands sei ein Beschluss der @CDU. Beides war in Wirklichkeit ein Projekt & Beschluss der rot-grünen Regierung Schröder-Fischer ab 2002, gelabelt als „Energiewende“.
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Das Konzept Energiewende = Atomausstieg + EE-Ausbau +
Fossil-Backup war primär gegen die Kernenergie gerichtet. Es ist in Geist und Tat ein grünes Projekt, der Identitätskern der Partei. Die CDU, der 2010 dämmerte, dass ein Atomausstieg angesichts des Klimawandels Unsinn sei,
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versuchte gegen heftigen rot-grünen Widerstand eine kurze Verzögerung des Ausstiegs, kassierte ihn aber nicht. 2011 beigte man sich der Hysterie nach Fukushima & unterwarf sich dem grünen Energiewende-Konzept.
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Umweltministerin @SteffiLemke @BMUV hat sich gestern im Atom-Untersuchungsausschuss nachhaltig blamiert. Nicht im Stoff, Unwissen in der Sache, das durch auswendig gelernte Antiatom-Phrasen aufgefüllt wurde, Wiederholung v längst aufgedeckten Unwahrheiten, Selbstwidersprüche. 1/4
Ein Beispiel: die Ministerin glaubt ernsthaft, eine „Einsatzreserve“ der AKW (abschalten & bei Bedarf starten) sei statthaft gewesen, Laufzeitverlängerung mit frischem Brennstoff aber nicht. Nur hatten die Betreiber den kerntechnischen Laien im @BMUV schon damals
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verklickert, dass Kaltstart aus einem Streckbetriebs-Kern heraus nicht möglich ist, dh man hätte auch dafür frischen Brennstoff laden müssen - nur zum Rumstehen. Die Rolle des BMUV als Fakeproduzent in dieser #AKWFiles-Affäre ist so ein weiteres Mal offensichtlich geworden.
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Da ja in letzter Zeit so viel von „Windmühlen der Schande“ im „Märchenwald“ Reinhardswald geredet wurde, hier meine 2 ct aus der Umweltgeschichte: wie alle Wälder in unseren Mittelgebirgen hat auch der Reinhardswald eine lange Geschichte menschlicher Interventionen. 1/4
Seit dem Mittelalter wurde hier Bergbau betrieben, Holz als Energieträger & Baumaterial entnommen, Köhlerei, Flößerei & Glashütten betrieben, Siedlungen gerodet und wieder aufgegeben, der Wald als Hudewald genutzt, geplentert, geschneitelt und gewildert.
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Der „200 Jahre alte“ Baumbestand, der Alice Weidel & ihren Getreuen die Stimme brechen lässt, ist Resultat einer modernen zentralstaatlichen Forstwissenschaft und -wirtschaft, die im 19. Jh. den Bauern, das Vieh, den Niederwald & die Waldgewerbe aus dem Wald trieb.
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Ich hab mir heute das #MuskWeidel-Gespräch nochmal auf seine Aussagen zur Energie im Original angehört & einige interessante Beobachtungen sowie einen #Factcheck gemacht.
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1) Erkenntnis: @elonmusk vertritt ein ökomodernistisches Energieprogramm mit EE & Kernenergie & @Alice_Weidel widerspricht ihm dabei erstaunlicherweise nicht, womöglich, um Kontroverse zu vermeiden. Weidel betonte mehrmals, Kernenergie sei „completely carbon-free“.
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Was genaugenommen nicht stimmt; genau wie Windkraft und PV hat auch Kernenergie keine Null-CO2-Bilanz, aber eine sehr niedrige - 12 g CO2/kWh median laut IPCC, dh ähnlich wie Windkraft.
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