1/ Polizist*innen in der Schweiz nutzen das "#ThinBlueLine"-Emblem. Das ist inakzeptabel, weil die damit verbundene Weltanschauung hoch problematisch ist. Thin Blue Line ist *nicht* einfach ein Symbol für Solidarität.
2/ Erstens: Die Thin Blue Line-Ideologie geht davon aus, dass die Polizei das Einzige ist, was die Gesellschaft vor Chaos und Barbarei bewahrt. Wir alle sind impulsive, destruktive Kriminelle, und die Polizei hält uns in Schach.
3/ Ein solches Gesellschafts- und Menschenbild ist eine katastrophale Ausgangslage für Polizeiarbeit. Die Polizei arbeitet für *uns*, die Gesellschaft. Polizist*innen dürfen nicht glauben, dass sie der Zivilbevölkerung moralisch, zivilisatorisch in irgendeiner Art überlegen sind.
4/ Zweitens: Im Rahmen der Thin Blue Line-Ideologie wird Selbstviktimisierung betrieben, die einen Nährboden für polizeiliche Exzesse und Diskriminierung darstellt. Die wahren Opfer sind wir, die Guten - und wir dürfen uns gegen die Bösen zur Wehr setzen.
5/ tl;dr: Solidarität unter Polizist*innen ist überhaupt kein Problem; das gibt es in jeder Berufsgruppe. Aber bei Thin Blue Line geht es nicht einfach um Solidarität, sondern um eine Weltanschauung, die mit konstruktiver, deeskalierender Polizeiarbeit nicht vereinbar ist.
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1/ Ich finde es richtig, dass wir über #KulturelleAneignung (#CulturalAppropriation) reden - es gibt Situationen, in denen marginalisierte Gruppen darunter leiden, dass kulturelle Elemente von ihnen übernommen werden. Aber Dreadlocks bei Weissen gehören m.E. nicht dazu. 🧵
2/ Ein typisches Beispiel für problematische kulturelle Aneignung sind Kostüme "exotischer" Kulturen, mit denen Menschen auf das Stereotyp primitiver, wilder, rückständiger, unzivilisierter Völker reduziert werden.
3/ Dreadlocks haben historisch u.a. eine antikolonialistische Konnotation (Rastafari-Bewegung in Jamaica), aber Dreadlocks wurden schon früher in anderen Kulturen getragen. Weisse, die Dreadlocks tragen, tun dies m.E. weder direkt noch indirekt rassistisch oder hämisch motiviert.
1/ Klimawandel lässt Strassen schmelzen; seit mehreren Jahren wütet eine Pandemie; Demokratie ist weltweit rückläufig; eine globale Hungerkrise bahnt sich an - und die NZZ schreibt, dass alles viel besser sei, als wir glauben. Nur wolle das keiner sehen.
2/ Solches Fortschritts-Gejubel ist dreifach falsch. Erstens sind diese Texte undifferenziert. Z.B.: Ja, immer weniger Menschen leben mit weniger als 1.90 $ pro Tag - aber wenn wir die Ethical Poverty Line von rund 7.50 $ anschauen, sieht das Bild deutlich weniger rosig aus.
3/ Zweitens verkennen solche Texte, dass Fortschritt zerbrechlich und *umkehrbar* ist. Beispiel Frauenrechte in den USA. Beispiel Rückkehr der Taliban in Afghanistan. Beispiel Jüd*innen nach den Weimarer Jahren. Beispiel weltweite Erosion von Demokratie.
1/ Gestern hab ich den steinigen Weg im Wallfahrtsort Medjugorje bestritten. Von der Jungfrau Maria leider keine Spur.
So wie mir ergeht es Millionen von Menschen, die Jahr für Jahr nach Medjugorje, Lourdes, Fátima etc. pilgern. Warum tun sie das trotz, ähm, tiefer Erfolgsquote?
2/ Ein erster Faktor ist Tourismus. Religiöse Pilgerorte sind kommerzialisiert und kommodifiziert. Das lockt auch unspirituelle Atheisten wie mich an - wir wollen das Spektakel begaffen. Wallfahrts-Tourismus ist im Grunde die früheste Form des Tourismus. emerald.com/insight/conten…
3/ Menschen, die aus Glaubensgründen solche Orte Aufsuchen, erhoffen sich dadurch oft eine diffuse Gnade Gottes, bessere Gesundheit, oder so etwas wie spirituelle Erneuerung. emerald.com/insight/conten…
1/ Habt ihr auch schon "Demeter"-Produkte in Läden gesehen? Das ist so ein Bio-Label, oder?
Irgendwie schon. Aber dahinter steckt vor allem ziemlich viel ziemlich verrückte Esoterik des Schwurbelkönigs Rudolf Steiner. 🧵
2/ Demeter ist ein 1928 gegründeter internationaler Dachverband mit Sitz in Deutschland, der in 36 Ländern lokal präsent ist, darunter Deutschland, Schweiz, Österreich. Demeter präsentiert sich als besonders naturverbundenes Bio-Label. Bio im Quadrat, sozusagen.
3/ Demeter arbeitet mit "biodynamischer" Landwirtschaft. Was ist das? Es geht vor allem um "biodynamische Präparate", die eingesetzt werden. Zum Beispiel Kuhmist, der in Kuhhörner gefüllt und verbuddelt wird. Nach dem Ausgraben soll der Kuhmist magische Eigenschaften haben.
1/ Daniele Ganser und seine Anhänger*innen verbreiten seit Monaten ein Video von 2015, in dem Ganser beweise, dass die ukrainische Revolution 2014 in Wahrheit ein Putsch der USA gewesen sei.
Klingt krass. Aber stimmt es auch? Lasst uns reinschauen 🧵.
2/ Ganser steigt mit dem rhetorischen Trick ein, die Frage, wer die ukrainische Regierung gestürzt habe, sei "unter Historikern umstritten". Das klingt so, als ob es eine akademische Debatte gäbe, und verleiht Gansers Thesen Glaubwürdigkeit.
3/ Zu Beginn bringt Ganser Putin-Apologetik. In den Medien werde Putin als der Böse dargestellt. Man könne aber genauso gut den damaligen NATO-Kommandanten die Schuld für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine geben. Ähm, griff Russland an, nicht die NATO. Was meint Ganser?
1/ Kroatisch-stämmige Faschisten haben erneut den Partisanen-Friedhof in Mostar vandaliert (die Graffitis sind von Januar; die anderen Bilder von gestern).
Kroatien, eine meiner zwei Heimaten, hat ein grosses, ungelöstes Faschismus-Problem 🧵.
2/ Hä, Kroatien und Faschismus? Kroatien ist doch das schöne Ferienland mit den netten Leuten?
Ja, ist es - es ist aber auch ein Land, in dem die brutale faschistische Vergangenheit richtiggehend zelebriert wird.
3/ 1941 setzten Deutschland und Italien die faschistische Terrororganisation Ustascha ("Ustaša – Hrvatska revolucionarna organizacija") im neuen "Unabhängigen Staat Kroatien" (ca. heutiges Kroatien und Bosnien-Herzegowina) an die Macht. Ante Pavelic wurde totalitärer Diktator.