Die umfangreiche HNO-Diagnostik war bis auf einen isolierten Tinnitus unauffällig.
Ich fragte sie nach Begleitsymptomatik, sie sagte, es gäbe Probleme bei der Arbeit.
Ich screene jede/n Tinnitus-Pat. auf Depressionen. Ihr Score ergab hier deutliche Hinweise.
Ich besprach mit ihr in mehreren Terminen die therapeutischen Optionen und traf sie regelmäßig zur psychosomatischen Grundversorgung, wo sie auch ihre erhebliche Belastungssituation erzählen konnte. Wir hatten einen engmaschigen und guten, oft auch fröhlichen Kontakt.
Überweisungen zur psychotherapeutischen Mitbeurteilung, in die ambulante psychiatrische Versorgung und Tageskliniken stellte ich viele Quartale wieder neu aus, da sie zunächst keine Notwendigkeit sah und es „so“ schaffen wollte. Das Ohrgeräusch war wechselhaft, in guten
Phasen aber auch mal kaum vorhanden.
Trotzdem kam es aufgrund der Konfliktsituation am Arbeitsplatz mitunter zu Einbrüchen der Stimmung und des Tinnitus. Wir erstellten Konzepte für den ganz pragmatischen Umgang mit dem Arbeitgeber (anwaltliche Hilfe), besprachen das Für und
Wider und den Ablauf einer vorzeitigen Berentung, besprachen ihre Tagesabläufe und blieben parallel an der psychosomatisch/psychotherapeutischen/psychiatrischen Versorgung dran, was ein bekanntermaßen schwieriges Unterfangen ist.
2021 bekam sie einen Platz in einer psychosomatischen Tagesklinik, der ihr gut half. Wir schafften es, einen Therapieplatz in einer sehr guten und uns oft helfenden Psychotherapiepraxis zu bekommen, wo sie bis heute in Behandlung ist. In Zusammenarbeit mit den KollegInnen
wurde eine psychosomatische Reha eingeleitet. Das Antidepressivum schleicht sie aus, ist weiterhin in Psychotherapie, ihr Arbeitsverhältnis ist beendet.
Sie hat sich nun mal wieder zum Ohren saubermachen vorgestellt.
Sie hat nochmal alles zusammengefasst und gesagt, es ginge ihr jetzt wirklich gut. Der Tinnitus spielt keine Rolle mehr.
Haben uns lange angeguckt.
Ich: Zwei Jahre, alles in allem, oder?
Sie: Ja.
Ich: Haben wir gut gemacht.
Sie: Danke.
Ich: Danke Ihnen.
❤️
Was ich nur sagen will: Der Aufwand lohnt sich und die Zusammenarbeit auch mit den scheinbar „schwierigen“ PatientInnen in möglicherweise nicht sofort lösbaren Problemsituationen kann allen Beteiligten sehr viel Freude machen.
Und bevor wieder jemand über die Blabla-Psychosomatische-Grundversorgung schimpft, die ja gar nichts wert ist:
Wir haben im psychotherapeutischen und psychiatrischen Bereich einen erheblichen Mangel in der Versorgung. Ich mache hier keine Therapien oder weiterführende
Behandlungen in Fächern, die ich nicht beherrsche.
Aber: Auch die Beratungs- und Überbrückungsfunktion ist Gold wert, und die PatientInnen haben eine deutlich niedrigschwelligere Anlaufstelle. Wir können das Loch nicht stopfen, aber mitunter was abfedern, und das ist sinnvoll.
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Ein ganz herzliches Willkommen an alle neuen Follies!
Zu diesem Account:
Hier postet eine Mutter/Ärztin/noch ein paar andere Sachen.
Ich freue mich über alle, die im Kopf flexibel und neugierig sind und Absurdes mögen.
Kurzer Thread.
Nicht zurecht komme ich mit Nazis, Tunnelblickmenschen, Querleugnern, Homo- und Transfeindlichen und anderen Kleingeistern. Instant block, diskutiere auch nicht mehr. Ich bin, wie viele andere, begeistert, selbstunsicher, mitunter erschöpft und mitunter ganz lustig.
Hier gibt es immer mal zum Teil unterhaltsame, zum Teil aber auch ein bisschen traurige Kunst. Ich kann unfassbar nervige GIF-Battles und sehr gruselige Gemälde.
Ich gebe Einblicke ins Gesundheitswesen, überlasse aber in allen Fragen, die meine Kompetenzen überschreiten, anderen
Ich habe es so satt.
Rant 🧵
Wieder ungefähr 7 oder mehr Leute ohne Absage nicht erschienen. Das sind 14 Termine in den letzten 2 Tagen.
Einer hat sich gestern angemeldet, wurde am Ende des heutigen Programms noch eingeschoben- nicht erschienen.
In den letzten 2 Wochen hatten wir in der Praxisbelegschaft Todesfälle im Familienkreis und alle MFAs sind heftig erkrankt. Eine unserer MFAs ist (coronanegativ) in der ersten Woche noch krank zur Arbeit gekommen, damit die Termine stattfinden konnten.
Unser Azubi hat gestern
die Praxis allein geschmissen mit meinem Kollegen, der auch nicht fit ist.
Ich habe in der Praxis geheult nach dem Todesfall, aber ich habe gearbeitet. Einen Nachmittag war ich nicht da wegen der Trauerfeier.
Wir haben die Praxis einen einzigen Tag schließen müssen, weil
Auftragsarbeit für Gyn-Praxis. Mag Aufträge nicht, aber dieser war sehr freilassend, nur Farben grob vorgegeben. Aber: Gar nicht uninteressant!
Warum?
Erstmal überlegen. Schön ist, mit der Gynäkologin (ist eine weiblich geführte Praxis) auf Augenhöhe zu sein. Man ist nicht nur -wie immer als PatientIn- nackt im übertragenen Sinne, in Gyn sogar viel körperlich nackt. Fürs Bild bedeutet das, dass die Patientin nichts anhat.
Aktbilder möchte man sich aber nicht unbedingt ins Wartezimmer hängen, deswegen sitzen die mit dem Rücken zum Betrachter. Grobe Idee fertig. Trägt die Gynäkologin einen Kittel? Eher nicht. Irgendwas Flatterndes, aber durchaus Weißes ist gut, auch damit klar ist, was auf dem
Ich bin erwachsen und verdiene mein eigenes Geld. Muttertag finde ich bescheuert, aber Muttertag ist im Mai, da ist das Wetter oft gut und Mütter kriegen Blumensträuße und alle sind lieb zur Mutter. Liebe Kinder in weißen Klamotten und Ehemänner mit warmem Lächeln. Muttertag.
Ich bin gestern mit 2 Glas Wein und einem Tee auf dem Sofa eingeschlafen. Heute morgen um 7 haben zwei Kinder geschrien wegen irgendwas, sind dann ausgerastet und haben alle aufgeräumten Zimmer zerlegt.
Es gibt hier jetzt immer große Aufregung zu den Äußerungen des Bundesgesundheitsministers.
Das habe man von einem Mahner und Aufklärer in der Pandemie gar nicht erwartet und wie das alles überhaupt sein könne und es sei alles eine große Enttäuschung.
Die Welt lebt seit einigen Jahren mit einem Virus, das die Gesellschaft gespalten hat, die Wirtschaft lahmgelegt hat und auf vielerlei Spielarten an den Nerven aller zehrt.
Karl Lauterbach hat in der Zeit vor der Gesundheitsminister-Rolle medial sehr präsent eine medizinisch-
epidemiologisch betonte, recht unpolitische Position eingenommen, und war damit für viele fast eine Art Heiland, ein Fels in der Brandung, Hoffnung!, für andere eine Hassfigur.
Was dabei untergegangen ist, und zunächst auch gar keine Relevanz hatte, sind Lauterbachs