Vorlesung 11, Makro, PhD: heute lernen wir, warum man manchmal die dritte Ableitung der Nutzenfunktion braucht, und was Dynamisches Programmieren ist.
Das letzte Mal hatten wir fuer eine ganz spezielle Kombination aus Nutzenfunktion (CARA, constant absolute risk aversion) und Einkommensprozess (random walk mit normalverteilten Schocks) analytisch den optimalen Konsumprozess hergeleitet: einen random walk mit Drift.
Dabei stellt gerade der Drift-Term ein Mass fuer das Vorsichtssparen dar, das sich gegenueber einer quadratischen Nutzenfunktion ergibt, in der die Haushalte risikoneutral sind. Heute lernen wir, was genau an dem Beispiel Vorsichtssparen erzeugt.
Es ist die Tatsache, dass die dritte Ableitung bei CARA Nutzenfunktionen strikt positiv ist (ebenso wie bei den meisten anderen Nutzenfunktionen, die man so verwendet, zB CRRA). Dritte Ableitung der Nutzenfunktion > 0 bedeutet, dass der Grenznutzen nicht nur fallend, sondern
strikt konvex fallend ist. Fuer strikt konvexe Funktionen gelten nun zwei wichtige mathematische Eigenschaften:
1) Es gilt Jensens Ungleichung, das heisst der Durchschnitt der Funktionswerte ist hoeher als der Funktionswert des Durchschnitts.
2) Ein sogenannter mean-preserving spread, also eine erwartungswerterhaltende hoehere Varianz in der Konsumunsicherheit, fuehrt zu einem hoeheren durchschnittlichen Grenznutzen.
Aus beiden Eigenschaften und der Eulergleichung kann man nun ableiten, dass der Konsum heute immer niedriger ist als bei certainty equivalence, also wenn man sich um Konsumrisiko morgen ueberhaupt nicht schert. Diese Differenz nennt sich Vorsichtssparen.
Harter Schnitt. Dynamisches Programmieren. Das ist ein methodischer Einschub in die Vorlesung, in dem wir zunaechst einmal eine weitere Methode lernen, die Eulergleichung abzuleiten. Das ist aber nur ein paedagogisches Zwischenziel, denn schliesslich koennen wir das ja schon:
Bei Sicherheit machen wir das mit dem Lagrange-Ansatz, bei Unsicherheit haben wir ein Variationsargument bemueht (spaeter werden wir sehen, dass man das aber auch mit dem Lagrangeansatz loesen kann mit etwas Kreativitaet).
Das tolle am Dynamischen Programmieren ist, dass es formal nahezu gleich funktioniert, ob die Welt nun sicher oder unsicher ist.
Der Trick besteht darin, ein unendliches Maximierungsproblem (in dem man eine unendliche diskontierte Summe von flow benefit Funktionen maximiert) in eine Zweiperiodenmaximierungsproblem umzuschreiben.
Nebenbemerkung: das funktioniert zwar auch bei einem endlichen Maximierungsproblem, aber die Power vom Dynamischen Programmieren wird erst bei einem unendlichen Maximierungsproblem so richtig deutlich.
Die Grundidee, das Optimalitaetsprinzip, geht auf den Mathematiker Bellman zurueck: das Optimum laesst sich so finden, dass man heute unter der Annahme maximiert, dass man sich von morgen an auch wieder optimal verhalten wird.
Beispiel: wenn man von South Bend nach Minneapolis fahren will und das auf einer optimalen Route und man muss durch Chicago (wegen des Michigan Sees), dann kann man das Problem auch dadurch loesen, dass man erst die optimale Route von South Bend nach Chicago berechnet und dann
von Chicago nach Minneapolis. Das Ergebnis einer solchen Ueberlegung ist, dass man statt einer unendlichen Sequenz von optimalen Konsumwahlen, die optimale Loesung durch zwei Funktionen kennzeichnet, die den Zustand der Welt in die optimale (Konsum)wahl abbildet, was man die
Politikfunktion (policy function) nennt, die aber nix mit Politik zu tun hat, sondern Zustaende der Welt in optimales Verhalten abbildet. Daraus resultiert dann die sogenannte Wertfunktion (value function), die die Zustaende der Welt in den Wert optimalen Verhaltens abbildet.
Als Endprodukt des Dynamischen Programmierens will man diese beiden Funktionen finden (was wir bisher noch nicht so ohne weiteres konnten). Was wir heute allerdings erst gemacht haben ist zu zeigen, dass man mit Dynamischem Programmieren auch die Eulergleichung ableiten kann.
Das ist in der Tat nicht so trivial, dazu muss man in der Bedingung erster Ordnung, die aus der sogenannten Bellmangleichung folgt, die Ableitung der unbekannten Wertfunktion mit der Ableitung der bekannten flow benefit Funktion ersetzen koennen.
Das geht nur unter bestimmten Bedingungen. Fuer unser Konsum-Spar-Problem geht das aber. Fuer Kenner: die Beneviste-Scheinkman Formel gilt.
Das naechste Mal lernen wir dann, wie man aus der Bellmangleichung oder der Eulergleichung Politik- und Wertfunktion berechnen kann.
PS: es heisst natuerlich Benveniste-Scheinkman
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Restriktive Geldpolitik = (Massen)Arbeitslosigkeit? So lautet die Klage, ja Anschuldigung vieler Linken. Ein etwas längerer Thread dazu.
Zunächst einmal basiert diese Ansicht auf einer etwas verkürzten Perspektive auf die Philipskurve und, vor allem, was vielen vielleicht nicht bewusst ist einer unflexiblen Interpretation von Okuns Law und damit der Funktionsweise von Arbeitsmärkten.
Laut der modernen Version der Philipskurve wird die Inflation grob von zwei Sachverhalten bestimmt: Inflationserwartungen und marginalen Kosten der Produktion jetzt und in der Zukunft (es gibt zB bei Informationsfriktionen oft auch noch rückwärtsgewandte Terme, aber das lassen
. @larsweisbrod und @OliverBWeber führen hier ne ähnliche Diskussion für die Philosophie, wie wir das oft mit den Pluralos, die mehr Dogmengeschichte und mehr Klassikerlektuere fordern, tun.
Ich gebe zu, dass mich das Argument von Lars schon bei der Philosophie gut abholt (ich da aber Herrn Webers Punkte insofern sehe als die Philosophie ja zT über Fragen nachdenkt, die immer wieder so gestellt werden), finde ich die Sehnsucht nach Klassikerlektuere in der Ökonomik
noch weniger verständlich. Denn da geht es ja meist um empirische Sachfragen im hier und heute, und es ist wenig plausibel, dass mir die Lektüre von zB Menger dabei helfen würde, die Effekte geldpolitischer Schocks im 21. Jhr. zu quantifizieren.
Dieser Take ist mindestens wieder mal unterkomplex! Er suggeriert, dass hier einer der beiden Herren irgend etwas will. Zunächst einmal dominieren Schocks, die sowohl rezessionär als auch inflationär wirken die makroökonomische Landschaft. Für diese Schocks kann weder
Lindner noch Habeck irgend etwas. Was stimmt: Stabilisierungspolitik kann jetzt bedingt steuern, ob diese negativen Angebotsschocks eher in Outputreduktion oder eher in Inflation gehen.
Dasselbe gilt für die EZB: wenn ich immer lese dieser Tage, sie verursache eine Rezession oder nehme sie zumindest in Kauf. Nein! Sie managt diesen Angebotsschock, und zwar per Mandat muss sie das sehr stark auf der Inflationsseite tun, ihr ist anders als Berlin und Bruessel
Vorlesung 10, Makro, PhD: heute lernen wir etwas ueber: Konsum bei Einkommensunsicherheit, das Random Walk Resultat (und warum der Name etwas ungenau ist), certainty equivalence, Vorsichtssparen und wie man empirisch Konsumtheorien testen kann.
Ein wichtiger und illustrativer Fall ist der mit quadratischem Periodennutzen: u(C_t)=C_t-0.5*a*(C_t)^2. Oekonomisch ist dieser Fall zwar etwas merkwuerdig, da er ab einem bestimmten Saettigungspunkt negativen Grenznutzen aufweist (OK, bei Bier mag das mal gelten) und
einen Fall von Nullkonsum nicht ausschliesst. Oekonomisch wichtig ist aber jedenfalls folgende Eigenschaft: der Grenznutzen ist linear mit 1-aC_t.
Da wir dynamisches Programmieren und explizite state-of-the-world Notation noch nicht gelernt haben, ist ein
Forschung: ist zwar jetzt schon etwas aelter (wir haben mit dem Papier irgendwann in 2016!!! angefangen), und ich habe auch schon mehrfach auf Twitter darueber berichtet, aber da ich inzwischen so viele neue Follower dazugewonnen habe:
Ich freue mich sehr, dass unser Papier "Firms and Collective Reputation: a Study of the Volkswagen Emissions Scandal" jetzt forthcoming in @JEEA_News ist. Das Papier wurde geschrieben mit: @gabriel_ehrlich ,
Ying Fan (meiner Frau, don't ask how we survived this),
Vorlesung 9, Makro, PhD: nach einer Woche Deutschlandreise geht es nun wieder weiter. Heute lernen wir etwas ueber: die Grundlagen unkonventioneller Fiskalpolitik, consumption tilting, Konsum und Annuitaeten, den Schuss-Algorithmus, und die Interpretation der Eulergleichung
als Marginalbedingung von marginalen Kosten und Benefits.
Als erstes ging es allerdings los mit einer speziellen Klasse von Perioden-Nutzenfunktionen, den constant relative risk aversion (CRRA) Nutzenfunktionen. Sie haben folgende Eigenschaften: 1) es gibt zwei Spezialfaelle, u(C)=C (lineare Nutzenfunktion, die risikoneutral ist) und