Die Argumente über den Ukrainekrieg sind im Kern ausgetauscht. Dennoch werden einige unhaltbare Positionen weiter gehalten. Der Dissens beginnt dabei schon bei der Problemdefinition.
🧵 mit 5 Punkten, die es sich abzuklopfen lohnt, bevor man in weitere Debatten investiert.
1. Russland hat die Ukraine angegriffen (im Februar 2022 begann die großflächige Invasion, aber der Krieg hat schon 2014 begonnen mit der Annexion der Krim und dem darauf folgenden Krieg in der Ostukraine). Täter: Russland; Opfer: Ukraine.
2. Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist völkerrechtswidrig. Er verstößt gegen die völkergewohnheitsrechtliche Ächtung des Angriffskrieges wie auch gegen kodifiziertes Recht: das Gewaltverbot in Artikel 2(4) der UN-Charta, die auch Russland als UN-Mitglied anerkannt hat.
3. Das 🇷🇺 Territorium war zu keinem Zeitpunkt durch 🇺🇦 oder die NATO bedroht. Die souveränen mittel- und osteuropäischen Staaten traten auf eigenen Wunsch der NATO bei. Der NATO-Beitritt der 🇺🇦stand nicht bevor. Selbst wenn es so gewesen wäre, wäre es kein legitimer Kriegsgrund.
4. Russland spricht der Ukraine das Existenzrecht ab. Es leugnet das Bestehen des ukrainischen Volkes als eigenständige Nation, es bestreitet die Staatsfähigkeit der Ukraine; in russischen Medien wird das ukrainische Volk seit mehreren Jahren konsequent entmenschlicht.
5. 🇷🇺 führt nicht nur einen unrechtmäßigen Krieg, sondern es führt diesen Krieg auch unrechtmäßig. Es verstößt gegen grundlegende Normen des humanitären Völkerrechts und begeht systematisch Kriegsverbrechen. Das und ⬆️4 ist der Grund, diesen Krieg als genozidal zu bezeichnen.
In Gesprächen mit Menschen, die diese Punkte ausblenden, bestreiten oder relativieren, sollten erst einmal genau diese Punkte zur Sprache kommen - damit geklärt ist, auf Basis welcher Realitätswahrnehmung bestimmte Reaktionen des Westens vorgeschlagen oder kritisiert werden.
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Ich habe neben der Lektüre von Zeitungen und Twitter in den letzten Wochen und insbesondere Tagen diverse US- und nicht-US-Podcasts dazu gehört (Quellen s. u.) - was folgt, ist meine Synthese; ohne Anspruch auf Vollständigkeit, weil Wiedergabe aus dem Gedächtnis ohne Notizen.
Vorneweg: alle betonen, dass die Analyse der Wahlniederlage von Harris bzw. der demokratischen Partei erst beginnt - die aktuellen Erklärungen sind also *vorläufig* und erfolgen auf Basis der Umfragen vor der Wahl, Exit-Polls und zu einem guten Teil auch informierter Intuition.
Die Vorlesungen beginnen und für mich und manche Kolleg*innen stellt sich sicherlich die Frage, wie wir in den Lehrveranstaltungen mit dem Nahost-Konflikt umgehen. Manche, das weiß ich aus Gesprächen, meiden das Thema nach Möglichkeit sogar, weil so explosiv. Was ich versuche: 🧵
1. Analyse vor Positionierung: Wenn es bei diesem Konflikt an irgend etwas nicht mangelt, dann an Positionen, und zwar an harten und eindeutigen. Ich halte es in meinen Lehrveranstaltungen nicht für zielführend, diskutieren zu wollen, wer Recht hat und wer schuld ist. Stattdessen
üben wir klassisches politikwissenschaftliches Handwerk: Wer sind die beteiligten Akteursgruppen (nicht homogen!) und Koalitionen, was sind ihre Interessen und Motivlagen, welche Begründungen geben sie für ihr Handeln, welche Beschränkungen haben sie, welche Möglichkeiten.
Sind Hisbollah-Kämpfer beim Einkaufen/bei anderen zivilen Tätigkeiten ein legitimes Angriffsziel?
Das Internationale Rote Kreuz hat sich mit Frage legitimer Ziele im Kontext nicht-staatlicher bewaffneter Gruppierungen befasst (allgemein, nicht akut):🧵
Im Kontext bewaffneter Konflikte sind Mitglieder bewaffneter Gruppierungen grundsätzlich legitime Ziele, sofern sie sich nicht ergeben oder kampfunfähig sind (zB Verwundung, Krankheit).
Ein bewaffneter Konflikt zwischen Israel und Hisbollah findet statt.
Die Hisbollah als Organisation muss nicht nur aus Kämpfern bestehen; unter die Definition als bewaffnete Gruppierung fällt nur der bewaffnete und militärisch organisierte Teil von ihr, der wiederum aus Individuen besteht, deren *Funktion* die Teilnahme an Kampfhandlungen ist.
Angriff auf Hisbollah-Kämpfer qua Pager: Diverse Tweets legen nahe, Israel habe damit gegen das Protokoll II zur Konvention über besonders inhumane Waffen verstoßen.
TLDR: möglich, aber mE mitnichten so eindeutig wie teilweise impliziert.
Schauen wir den Vertrag an:🧵
Der Vertrag hat zwei Bezeichnungen, die offizielle ist "Convention on Certain Conventional Weapons" (CCW), häufig wird auch "Convention on Inhumane Weapons" verwendet (dt.: Konvention über bestimmte konventionelle Waffen, Konvention über inhumane Waffen, UN-Waffenübereinkommen).
Zum Vertrag gehören die Rahmenkonvention und inzwischen 5 Protokolle (+ ein bislang nicht angenommener Entwurf für Protokoll VI).
Das hier einschlägige Protokoll II ist das "Protokoll über Landminen, Sprengfallen und andere Vorrichtungen". ihl-databases.icrc.org/en/ihl-treatie…
„die No-Covid-Initiative (…) [war] von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Die dahinterliegenden merkwürdigen Steuerungs- und Kontrollillusionen waren weniger autoritär, wie bisweilen behauptet wird, sondern eher naiv.
Die Charakterisierung der Nocovid-Strategie als autoritär empfand ich in der Tat schon immer als abstrus, wobei ich den meisten, die das taten, lieber Unkenntnis und/oder Unverständnis ihrer Inhalte als Diffamierungsabsichten zuschreiben möchte.
1a) Begründet die R2P die Verantwortung von Staaten für den Schutz der eigenen Bevölkerung und subsidiär die Verantwortung der Staatengemeinschaft, sollte der Staat nicht fähig oder willens sein, diese Bevölkerung zu schützen. +
1b) Gehen wir von einer israelischen Besatzung Gazas aus, kann man argumentieren, dass ISR die Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung in Gaza trägt. Weil es sich um eine atypische Besatzung handelt (@RalphJanik) und die Bevölkerung im Inneren der Kontrolle Hamas‘ unterliegt