Am 17. Tag beschäftigt sich der #UNAhanau erneut mit dem verschlossenen Notausgang in der Arena Bar. Es werden insgesamt 7 Zeug*innen geladen. Unter anderem @ForensicArchi (@counterinv) und OB Kaminsky. Außerdem das Bauamt der Stadt Hanau.
Entweder wir oder @nsuwatch_hessen
werden später eine Zusammenfassung des Tages twittern, zwischendurch auch mal wenn es die Kapazitäten erlauben.
Der erste Zeuge ist Robert Trafford, Forschungskoordinator des interdisziplinären Teams von @ForensicArchi // @counterinv.
Zu Beginn seines Statements stellt er fest: Wäre der Notausgang nicht verschlossen gewesen (...)
(...) hätten alle fünf im Gutachten betrachteten Personen den Raum verlassen können. Dafür hatten sie, ab dem Zeitpunkt ab dem der Täter durch die Tür mit „Waffe und hasserfülltem Blick“ erkannt wurde, neun Sekunden Zeit. #UNAHanau
Die Untersuchungen (Video) und Methodik von @counterinv, dass dem #UNAHanau heute präsentiert wurde, findet ihr hier:
Die Untersuchungen wurden im Kontext der eingestellten Ermittlung zum Notausgang der Staatsanwaltschaft Hanau erstellt, die drei Gründe für die Einstellung angab:
1. Es konnte nicht sicher gesagt werden, dass die Tür verschlossen gewesen sei.
Zum 1. Punkt: Im #UNAHanau wurden verschiedene Aussagen und Beweise gehört, die belegen, dass der Notausgang verschlossen war.
Er merkt hierzu an, dass bereits 2013 und 2017 behördlich bekannt war, dass die Tür verschlossen war.
Außerdem haben zwei Polizeibeamte bereits im #UNAHanau ausgesagt, dass die Tür am nächsten Morgen verschlossen war.
Ein Anhaltpunkt dafür, dass die Tür verschlossen gewesen sein muss, liefern außerdem die Zeugenaussagen von Gästen der Bar, die @armin_kurtovic zu Beginn der Ausstellung #Three Doors im @FrankfurterKV vorlegte, die am Tatabend die Bar durch die Notausgangstür verlassen wollten.
Sie gingen also auf die Tür zu und kamen nach kurzer Zeit wieder zurück. Dies geschah um 18.45 Uhr, 20.11 Uhr und 21.28 Uhr. Dies kann durch Videoaufnahmen der Überwachungskamera belegt werden. #UNAHanau
Zum 2. Punkt: Die Behauptung es hätte nicht genug Zeit gegeben, um durch den Notausgang zu fliehen, wurde durch die Untersuchungen von @counterinv hinreichend widerlegt.
@bobtrafford führt aus, dass Menschen in Gefahrensituationen nicht immer reflexartig reagieren, sondern auch rationale Anteile, auf Grundlage von Erfahrungen, mit einfließen. Z.B auf Grund der Erfahrung, dass eine Tür verschlossen ist, (...)
(...) so wie Piter Minnemann und @Etr1sHashemi dies bereits vor dem #UNAHanau aussagten. Er erklärt hierzu, dass es unterschiedliche psychologische Einschätzungen gibt und diese nicht Teil des Gutachtens sind.
Die Begründungen der Einstellung des Verfahrens zum verschlossenen Notausgang in der Arena Bar, durch die Staatsanwaltschaft Hanau werden aktuell im #UNAHanau demontiert.
Der zweite Zeuge hat 2017 ein paar Monate in der Arena Bar gearbeitet und kann Angaben zur Notausgangstür machen. Der Zeuge erklärt wiederholt: „Jeder zweite Jugendliche in Kesselstadt, jeder der in der Arena Bar verkehrte, wusste: Der Notausgang ist zu.“
Außerdem berichtet er, dass es vom Betreiber der Bar die klaren Anweisungen gab, dass die Notausgangstür stets abzuschließen sei. Außerdem berichtet er von zahlreichen Razzien in der Bar.
Der dritte Zeuge sagt als Gast der Arena-Bar aus. Er verließ ca. 10 Minuten vor dem Anschlag die Bar. Er berichtet von dem verschlossenen Notausgang und von den klaren Anweisungen an die Mitarbeitenden der Arena Bar, dass die Tür abzuschließen sei.
Er berichtet von einer Person, die an diesem Abend versuchte, die Tür zu öffnen: Sie war zu. Ebenfalls berichtet er davon, dass der Betreiber der Bar auf seine Frage, warum der Notausgang verschlossen war, angab, dass dies auf polizeiliche Anweisung erfolgte.
Die vierte Zeugin, Prof. Dr. Birgitta Sticher, ist Professorin für Psychologie und Führungslehre an der HWR Berlin. Sie lehrt und forscht zu menschlichem Verhalten in Gefahr- und Bedrohungslagen.
Sie erläutert die grundlegenden Prinzipien nach denen Menschen in Gefahrensituationen handeln: Menschen in Gefahrensituationen verfallen nicht direkt in Panik. Sie wägen ab und entscheiden sich. Diese Entscheidung wird nach Vorinformationen gefällt.
Man sucht nach schnellen Lösungen und wird dabei auch davon beeinflusst, wie Menschen denen vertraut wird handeln, vor allem dann, wenn man selbst sich vor Ort nicht auskennt.
Sie erklärt: Hätten die Überlebenden und Opfer in der Arena Bar gewusst, dass der Notausgang geöffnet gewesen wäre und den Weg kannten, hätten Sie diese Option mit in ihre Risikoabwägung mit einbezogen und eine Flucht zum Notausgang sei ein wahrscheinliches Szenario.
Sie sagt „Wenn man die Möglichkeit hat die Betroffenen zu fragen, dann geben die einem die beste Antwort, was der Grund war, warum sie wie gehandelt haben. (...)
(...) Als Sachverständige der Psychologie ist es wichtig sie darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist die subjektive Wahrnehmung auf die Situation zu beachten."
Bei der vierten Zeugin, die als Sachverständige geladen ist, wird erneut deutlich, dass die geladene Sachverständige nicht übder den Fall informiert wurde.
Bspw. nicht den Grundriss des Gebäudes oder den Tatablauf kennt. Die notwendigen Informationen sind seit Monaten auf der Webseite von @ForensicArchi / @counterinv online abrufbar.
Auch die Zeugenaussagen der Überlebenden, die ihre Wahrnehmungen ausführlich in öffentlichen (!) Sitzungen geschildert haben, hätten der Sachverständigen vom #UNAHanau zur Vorbereitung vorgelegt werden müssen.
Der fünfte Zeuge Staatsanwalt Links bearbeitete als staatsanwaltschaftlicher Sachbearbeiter das Verfahren der Staatsanwaltschaft Hanau zum verschlossenen Notausgang der Arena Bar.
Er verteidigt über eine Stunde lang die Einstellung des Verfahrens zum Notausgang, da ihrerseits die Kausalität nicht nachzuweisen gewesen sei. Absprachen zwischen Polizei und Betreiber der Bar schliesst er weiterhin aus.
Ausgerechnet der Abgeordnete Müller startet mit einer entscheidenden Frage: Wenn einer der jungen Männer in Richtung des verschlossenen Notausgangs geflohen wäre und vor der verschlossenen Tür zu Tode gekommen wäre, hätte das Ihre Beurteilung geändert? (...)
(...) Links sagt eine Weile nichts und dann: "wahrscheinlich, ja." Die Abgeordnete Hoffmann fragt, warum seitens der Staatsanwaltschaft kein Sachverständigengutachten über das mögliche Fluchtverhalten der Opfer und Überlebenden in Auftrag gegeben wurde. (...)
(...) Die Erläuterung der Staatsanwalt selbst habe sich nicht vorstellen können selbst in der Situation in Richtung Notausgang zu laufen sei nicht befriedigend.
Links sagt, wenn er gewusst hätte, dass Forensic Architecture ein Gutachten über die zeitlichen Abläufe, dann hätte er mit der Entscheidung der Einstellung gewartet.
Der 17. Sitzungstag ist jetzt beendet. Der Zeuge O.P. vom städtischen Bauamt der Stadt Hanau und Klaus Kaminsky wurden für diese Sitzung aus zeitlichen Gründen ausgeladen.
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Jetzt spricht Serpil Temiz Uvnar vor dem #UNAhanau.
Serpil Temiz Unvar erklärt wie schwer es ihr fällt heute erneut hier zu sprechen und Fragen zu stellen. Es ist bis jetzt, so Serpil, auch umsonst gewesen, denn sie hat noch keine Antworten auf diese Fragen bekommen.
Sie berichtet über die Tatnacht, dass ihre Tochter gegen 22 Uhr zu ihr kam und nach Ferhat fragte, dass „sie“ sagen würden er sei erschossen worden.
Heute findet der 4. Sitzungstag des #UNAhanau statt. Zuerst wird Çetin Gültekin seine Aussage machen. Danach folgt die Aussage von Serpil Unvar. Wir werden heute in diesem Thread davon berichten.
Çetin Gültekin berichtet zu Beginn seiner Aussage von der Tatnacht und vom Fehlen einer Ansprechperson der Polizei am Tatort. Er spricht von der Suche nach seinem Bruder in verschiedenen Krankenhäusern.
Çetin Gültekin berichtet, ebenso wie schon andere Familien vor ihm, von der langen Wartezeit in der Halle, in die die Familien gebracht wurden. Er spricht davon, dass die Familie fünf Tage lang keine Informationen über Tathergang oder Verbleib des Leichnams erhalten hat.