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Nov 1 9 tweets 2 min read
Thread: Neulich am Tag der offenen Tür der #Waldorfschule.

Die Oberstufenlehrerin (mit Staatsexamen und Referendariat in einer Regelschule) erzählt in zufriedenem Tonfall, dass sie mit ihrem Unterricht bei jeder Lehrprobe durchfallen würde.
Schulbücher sieht sie als "Schwachsinn" an, weil sie vorgeben, womit man sich zu beschäftigen hat.

Sie äußert sich negativ darüber, dass der Unterricht an öffentlichen Schulen ein Lernziel hat, das erreicht werden soll.

An der Waldorfschule gebe es kein festes Ziel,
sie lasse sich von den Fragen der SuS leiten und gebe möglichst wenig vor.

Es geht um naturwissenschaftlichen Unterricht, davon gibt es je Fach eine Epoche im Schuljahr. Das entspricht einer Wochenstunde bei regulärem Fachunterricht. Was sie nicht erwähnt: von dieser einen
Stunde muss man auch noch den rhythmischen Teil und die Wiederholungen abziehen, die zum Waldorfunterricht dazugehören. Das Morgengebet, die Sprüche, Gedichte und Lieder nehmen Raum ein, der für den Fachunterricht nicht zur Verfügung steht.
Den Naturwissenschaften wird in der Waldorfschule wenig Raum gegeben, das spricht auch diese Lehrerin an.

Und dieser Raum wird dann ohne Schulbuch und ohne Lernziel von der Lehrerin gefüllt, mal sehen wo wir heute landen.

Erinnerungen an meine eigene Schulzeit:
Das Gefühl, "nichts zu lernen", allgemeingültiges Wissen vorenthalten zu bekommen, chaotischer Unterricht trotz der streng frontalen Ausrichtung.

Dass wir in Chemie keine Formeln lernen durften. Damals wurde uns das nicht erklärt, jetzt sagt die Lehrerin:
"Formelchemie können Schüler*innen vor der 10. Klasse noch nicht verstehen. Darum machen wir das nicht."

Ich bin dann übrigens nach der 8. Klasse auf ein Gymnasium gewechselt. Als ich meine alte Klasse noch einmal besucht habe, war eine der wichtigsten Fragen für meine
ehemaligen Mitschüler*innen, ob ich jetzt Formeln lerne.
Wenn euch das Thema #Waldorfschule und #ExWaldi interessiert, schaut euch auch mal @waldorfsalatpod an. Da gibt es bald einen Podcast über Waldorf uns Anthroposophie!

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Mar 16
In meiner Familie gab es keine religiöse Praxis. Meine Mutter war auf dem Papier evangelisch, mein Vater war aus der Kirche ausgetreten.

In der #Waldorfschule wurde ich aber religiös beschallt. Das Morgengebet, die Heiligenlegenden, religiöse Texte im Lesebuch.
Ich war damit allein, ich habe mich nicht begleitet gefühlt. Ich hatte aber das Gefühl, dass es besser wäre, religiös zu sein. Es war das vage Gefühl, dass hier etwas von mir erwartet würde und dass dieser Gott, um den es da ging, vielleicht böse werden könnte, wenn
ich ihn ignorierte. Besonders freundlich wirkte er in den Geschichten ja nicht.

Unsere Lehrerin erzählte uns von der adeligen heiligen Elisabeth, die die Kissen von der Kirchenbank nahm und auf dem harten Holz kniete. Ich verstand das als Vorbild für uns, also begann
Read 14 tweets
Mar 14
Als ich diesen Account vor drei Monaten startete und anfing, meine Gedanken zu #Waldorfschule und #Anthroposophie aufzuschreiben, kannte ich keine anderen waldorfkritischen Social-Media-Accounts aus Schüler*innenperspektive, mittlerweile habe ich einige kennengelernt.
1/10
Und ich bin immer wieder beeindruckt, wie sehr sich unsere Erfahrungen und die Kritik ähneln.

Dabei hatte ich bisher von Waldorf-Seite vermittelt bekommen, meine Erfahrungen seien ungewöhnlich oder zu lange her. Die beiden Schulen, die ich besuchte,
2/10
seien wohl Ausnahmefälle, da hätte ich Pech gehabt. Und überhaupt habe sich seit meiner Schulzeit sehr viel geändert, die Waldorfschulen seien jetzt sehr modern und nicht mit den Schulen von vor 20-30 Jahren zu vergleichen.
3/10
Read 10 tweets
Feb 19
Wenn ihr darüber nachdenkt, eure Kinder in eine #Waldorfschule einzuschulen, solltet ihr bedenken,dass der Wechsel auf eine andere Schulform danach nicht ohne Weiteres möglich ist. Da ist einerseits das negative Bild, das Waldorf-Kindern von der "Staatsschule" vermittelt wird.1/5
Ich hatte vor meinem Wechsel ein diffuses Bild von einer bösen Außenwelt und assoziierte mit der "Staatsschule" viel negatives (Kälte, Leistungsdruck usw.), da hatte dieser Waldorf-Kampfbegriff ganze Arbeit geleistet.

Vor allem aber: Waldorfschulen unterrichten nicht auf 2/5
dem Niveau von Realschulen oder Gymnasien. Sie hängen z. T. mehrere Jahre hinterher. Es ist darum üblich, dass #Waldorfschüler*innen bei einem Schulwechsel mindestens eine Klasse wiederholen.

Der Rückstand betrifft dabei nicht nur die MINT-Fächer. 3/5
Read 6 tweets

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