Der #Petitionsthread. Hier dokumentiere ich mein Schreiben an die Bundestags-Online-Dienste @hib_Nachrichten betr. ihrer Berichterstattung über die AKW-Laufzeitverlängerungs-Petition und deren Anhörung im Petitionsausschuss am 09.11.
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Sehr geehrte Frau Dr. Jachmann,
ich wurde am 09.11.2022 als Begleitperson des Petenten @AndreThess und als Vertreterin der Zeichnenden der Petition ID 136760 im 
Petitionsausschuss gehört. Die Petition forderte die Aufhebung der 
Atomausstiegs-Paragrafen im Atomgesetz
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& eine Laufzeitverlängerung bzw. Prüfung der Laufzeitverlängerung von 6 🇩🇪 Kernkraftwerken 
über den von der Bundesregierung & später auch v Bundestag 
beschlossenen 15.04. 2022 hinaus.Hauptargument war die Versorgungs- & Klimasicherheit, zu der die Kernenergie beitrage.
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In Ihrer offiziellen Berichterstattung über die Sitzung des  Petitionsausschusses unter
bundestag.de/dokumente/text… lesen wir als erstes die Überschrift "Streit im Petitionsausschuss um 
'Hochrisikotechnologie' Atomkraft".
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Dazu ist zu bemerken, dass Sie m dieser Überschrift die Lesart d @Die_Gruenen & @SptBt zur Kernenergie als „Hochrisikotechnologie“ wiedergeben & den gesamten Artikel, der eigentlich Anliegen & Diskussion d Petition zum Gegenstand hat, unter das Framing der Regierung stellen.
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Wissenschaftlich ist die Bezeichnung der Kernenergie als „Hochrisikotechnologie“ nicht begründbar. Sowohl die 
technikhistorische Fachliteratur über Industrieunfälle, als auch die 
Fachliteratur über Umwelt- und Gesundheitsfolgen unterschiedlicher 
Stromerzeugungsarten
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als auch die kritischen Debatten über die 
Validität probabilistischer Sicherheitsanalysen in der Kerntechnik lassen den Begriff des „Hochrisikos“ in diesem Falle nicht zu, 
allerdings den des sehr selten eintretenden, dann aber extrem kostenträchtigen Schadensfalls,
7/n
der aber mit dem Risiko nicht 
verwechselt werden darf.  Evidenzbasiert betrachtet gehört die Kernenergie mit anderen soziotechnischen Systemen wie der Luftfahrt 
oder der Hochleistungsmedizin trotz – seltener – Unfälle zu den „High reliability organizations“
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mit niedrigem Risikopotenzial. Hingegen 
kennt die soziologische & sozialpsychologische Forschung das 
Phänomen der kommunikativ, sozial und kulturell erlernten 
*Risikowahrnehmung*, die sich vom *realen Risiko* stark unterscheiden 
kann.
9/n
Dies ist auch der Fall bei der Wahrnehmung der Kernenergie als 
„Hochrisikotechnologie“, die vor allem eine Setzung in einer politischen Debatte ist.
Genau das habe ich in Reaktion auf die Wortwahl der Regierungsvertreter im Petitionsausschuss auch erläutert.
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In meiner Stellungsnahme für den Umweltausschuss am selben Tage, die Sie unter bundestag.de/ausschuesse/a1… einsehen können, habe ich auch die Fachliteratur angeführt, auf die sich meine Aussage bezieht.
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Falsch ist auch die von Ihnen übernommene Darstellung d Bundesregierung, "Was die CO2-Emissionen angeht, so verwies der @BMWK-Staatssekretär darauf, dass diese bei Atomstrom bis zu zehnmal so hoch seien wie bei der Windkraft, wenn auf den gesamten Prozess 
geschaut werde".
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Das @BMWK bezieht sich hier auf einen einzelnen oberen Extremwert für Kernenergie, der aus einer veralteten Studie stammt, 
während der Weltklimarat IPCC in seiner Sichtung sämtlicher Studienliteratur über die Lebenszyklus-Emissionen von 
Stromerzeugungs-Technologien
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den viel aussagekräftigeren Medianwert 12g CO2/kWh angibt, was im Bereich der Windkraft (11 g CO2/kWh) liegt. Zumindest hätte der Staatssekretär @StefWenzel den oberen Extremwert für Windkraft aus Metastudien nennen müssen, was er unterließ,
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weil dann das "zehnmal so hoch" nicht haltbar gewesen wäre.
Der Petitionsausschuss und das Petitionswesen sind einer der ganz wenigen direkten, nicht gefilterten Einstiege des Souveräns in den politischen Prozess. Es sollte also in der Sitzung und in der  Berichterstattung
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über diese das Anliegen der Petition, nicht die 
Sichtweise der Regierung im Mittelpunkt stehen  - auch nicht in apostrophierter Form. Die Bundesregierung dominierte schon aufgrund 
der Geschäftsordnung und der Sitzungsführung, in diesem Falle aufgrund 
der mehrmaligen,
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von der Vorsitzenden nicht sanktionierten 
Überziehung der Redezeit durch die Staatssekretäre @StefWenzel @BMWK & @ChrisKuehn_mdb @BMUV, was sich wiederum in den 
Regierungsanteilen in Ihrer Berichterstattung niederschlägt.
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Auch dieses Überziehen sorgte auf der Sitzung für Unruhe.
Doch wenn schon in der Sitzung keine Waffengleichheit herrschte, so sollte doch zumindest die Berichterstattung über die Sitzung nicht schon in der Überschrift wieder nur den Ton der Regierung setzen. 
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„Streit im Petitionsausschuss um die AKW-Laufzeitverlängerung" wäre 
eine ausreichend neutrale, genügend informative Überschrift für diesen 
Bericht gewesen.
Freundliche Grüße,
Anna Veronika Wendland
19/19

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Nov 12
Der Klimaforscher Mojib Latif meint im @DLF (ab 4:14), die Atomkraft (12 g CO2/kWh median, IPCC) zähle zu den fossilen Energieträgern & sei ein Hindernis beim Klimaschutz. „Fossile Brennstoffe sind wieder ganz oben, Fracking ist erwünscht, Atomkraft wird wieder diskutiert“. ➡️
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Das führt wiederum zu einer Vergiftung der Debatte und zu einer Spaltung und Zersplitterung der Gesellschaft, die eigentlich gemeinsam am Klimaschutz arbeiten müsste. Befürworter der Kernenergie werden stigmatisiert und aus der Debatte ausgestoßen, ➡️
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Nov 9
Der #Ausschussthread. Hier schildere ich meine heutigen Erfahrungen als Vertreterin einer Petition gegen den Atomausstieg & als Sachverständige zur Erörterung des 19. AtGÄndG (landläufig: „Habecks Streckbetrieb bis 15.04.23“) Also: auf in den Maschinenraum der Republik.
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Heute morgen 08:00-09:00 tagte der Petitionsausschuss. @AndreThess & ich vertraten rund 58.000 Petent:innen, die den 🇩🇪Atomausstieg rückgängig machen wollen. Unser Statement kann man hier cicero.de/innenpolitik/p… nachlesen.
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Das Prozedere im Petitionsausschuss gab einige Einblicke in das Verhältnis von Regierung (vertreten durch die Staatssekretäre @StefWenzel @BMWK und @ChrisKuehn_mdb @BMUV) & Souverän (vertreten durch die MdBs und uns, die Petenten).
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Nov 5
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@MartinaWinkle14 @horclas @NiklasSchoernig @sabinedoering @fuecks @CarloMasala1 @ClaudMajor @EFDavies @MartinAust6 @jcbehrends @Nida_Ruemelin Nach Buča & Irpin war für die 🇺🇦klar, dass 🇷🇺Besatzung nicht Frieden, sondern Gewalteskalation und Terror bedeutet, die Verhandlungsbereitschaft sank rapide, auch nach den Verteidigungserfolgen. Zudem habe ich massive Einwände gegen Nida-Rümelins Interpretation, ➡️
@MartinaWinkle14 @horclas @NiklasSchoernig @sabinedoering @fuecks @CarloMasala1 @ClaudMajor @EFDavies @MartinAust6 @jcbehrends @Nida_Ruemelin die nicht neu ist, aber wie so viele andere Betrachtungen nicht mit Osteuropa befasster 🇩🇪Philosophen völlig ausblendet, dass diesem Krieg in seiner root cause keine geopolitische Blockkonfrontation zugrundeliegt, sondern ein innerrussisches Problem: ➡️
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Oct 31
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Ehrlich gesagt weiß ich aus Erfahrung sehr gut, was auf Twitter Kräfte zehrt. Bei mir sind es regelmäßig: Rechtsverleumdung, Unterstellungen, dunkle Mächte „bezahlten“ mich, Negierung der Expertise, Erklärung als dumm /fanatisch / gefährlich, Kommentare zum Aussehen.➡️
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Oct 29
Die AKW-Entscheidungen bei @BMWK @BMUV standen schon vor einer Analyse fest, waren voreingenommen, Fachexpertise wurde zum Schweigen gebracht o ignoriert. Die EE-Lobby hingegen bekam Mitsprache. Das enthüllen die nun von @welt veröffentlichten Dokumente. welt.de/wirtschaft/plu…➡️
Ich dokumentiere hier Auszüge, weil mir die Sache hoch wichtig erscheint:
Bislang kennen wir nur die Dokumente des @BMUV. „Einem identischen Antrag zur Herausgabe von Informationen kam das… @BMWK unter Missachtung der gesetzlich vorgegebenen Abgabefrist…
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…von maximal zwei Monaten bislang nicht nach. Der vorliegende Schriftverkehr zeigt aber bereits, dass @BMWK & @BMUV die Ablehnung einer Laufzeitverlängerung weitgehend vorformuliert hatten, bevor eine intensive Prüfung des Sachverhalts stattgefunden hatte.“
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