#Bochum trendet heute Abend, weil die Polizei mit angehängtem Foto nach 6 jungen Männern fahndet, die wahrscheinlich eine Straftat begangen haben.
In Tweets überschlagen sich die Leute in Hinweisen darauf, dass es sich um 6 Jugendliche mit Migrationshintergrund handelt. 1/13 🧵👇
Gerne werden diese Tweets garniert mit dem Vorwurf, dass Straftaten Jugendlicher mit Migrationshintergrund (die meisten wurden hier geboren) in unserer Gesellschaft insbesondere durch Woke/Linke/Gutmenschen etc. totgeschwiegen würden.
Nein, totgeschwiegen wird nichts. 2/13
Der Unterschied ist, welche Schlüsse wir ziehen: Unterstellt man, dass Jungs, weil sie Migrationshintergrund haben, zum Straftäter werden oder nicht? Nein, ein Migrationshintergrund führt definitiv & nachweislich nicht dazu, dass man Straftäter wird. 3/13
Trotzdem ist klar, dass die sechs Jungs bildlich für ein Submilieu stehen, bei dem viele Probleme bekannt sind. In der sozialen Arbeit kennen wir Jungs wie diese sechs und allen ist bewusst, dass es in dieser Subgruppe häufiger zu Problemen kommt. 4/13
Verhaltensauffälligkeiten finden statt, Grenzen werden nicht eingehalten, mangelnder Bildungserfolg ist erkennbar, Gewaltbereitschaft erlebbar. Es kommen viele Probleme zusammen. Genau deshalb ist das eine Schwerpunktgruppe mobiler und offener Jugendarbeit. 5/13
Gleichzeitig gibt es auch ganz viele Jungs gleichen Alters, gleicher Herkunftsfamilie, die diese Verhaltensauffälligkeiten nicht zeigen.
Sprich, es muss zwingend mehr Zusammenhänge geben als ein dümmliches "Ausländer = Straftäter", wie es heute Abend so oft vorgetragen wird. 6/13
In der Jugendforschung wissen wir viel über die Gruppen von Jugendlichen, die solche Auffälligkeit zeigen. Übrigens haben in diesen Subgruppen auch nicht immer alle Migrationshintergrund. Gemeinsam haben sie vielmehr Bildungsverlierer zu sein. 7/13
Es sind Jungs, die, wenn man sie befragt, sehr genau wissen, dass sie kaum eine Erfolgsaussicht in unserer Gesellschaft haben. Häufig weil sie keine gute Lernunterstützung am Anfang der Bildungskarriere hatten, weil sie zu beengt wohnen, wegen Sprachproblemen etc.. 8/13
Alles das legitimiert keine einzige begangene Straftat, aber es zeigt besser auf, wie Lösungen zu Stande kommen können. Wir können statistisch zeigen, welche Gruppen am stärksten zu den Bildungsverlierern unserer Gesellschaft gehören. Genau da müssen wir ansetzen. 9/13
Für einzelne Gruppen Jugendlicher funktioniert unser Bildungs-, Anerkennungs- und Wertschätzungssystem nicht und genau deshalb suchen sie in nicht akzeptablem, häufig auch aggresssivem Verhalten nach Selbstwertgefühl. 10/13
Durch die schlichte Feststellung, dass viele dieser Jungs Migrationshintergrund haben, wird das Problem aber nicht gelöst. Gelöst wird es nur, wenn wir es schaffen, diese Jungs erfolgreich ins Bildungssystem zu integrieren und das erfordert andere Strukturen als heute. 11/13
Einen wütenden Haufen twitternder Leute wird das wie immer nicht beruhigen. Ich rechne jetzt schon fest damit, dass ich für diesen Thread gleich beschimpft werde.
Da ich aber lieber an Lösungen statt an Abwertungen arbeite, habe ich ihn trotzdem geschrieben. 12/13
Ich will, dass die nächste Generation, die unter vergleichbaren Umständen aufwächst, zu viel höheren Anteilen Bildungserfolg haben kann. Das finde ich erstrebenswerter als verkürzte Vorwürfe.
Diese 6 Jungs müssen jetzt mit den Konsequenzen ihrer mutmaßlichen Taten leben. 13/13
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Der Diskurs in Deutschland ist in einer Frage sehr verzerrt: Fach- und Arbeitskräfte.
Wo immer sie fehlen - mittlerweile überall - wird der Ruf laut, man müsse mehr werben und die Arbeit attraktiver machen.
Dagegen habe ich gar nichts, es löst aber nicht das Problem: 1/9
Die Menschen, die hier fehlen, sind nicht geboren worden. Seit Jahrzehnten haben wir weniger Kinder in der nachfolgenden Generation als in der vorausgegangen. 2/9
Werbemaßnahmen locken keinen Menschen, der nicht geboren wurde.
Attraktivere Arbeitsbedingungen locken niemanden, der nicht geboren wurde. Trotzdem bleibt es richtig für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Das Ziel dabei ist mehr Lebensqualität und dieses Ziel ist gut.
3/9
2. Thread zum Thema #BILD heute:
Ich hatte berichtet, dass mich eine Person, die sich mir als BILD-Reporter vorstellte, mich stark übergriffig angegangen hatte.
Seither habe ich bemerkenswertes mit der BILD-Redaktion erlebt: Ein höchst konstruktiver Versuch der Aufklärung:
Bei BILD wurden heute mehrere Leute intern beauftragt, diesen Fall zu prüfen und zu schauen, wer das gewesen sein könnte, oder ob sich jemand einfach als Reporter ausgibt.
Dafür haben sich mehrere Führungskräfte von BILD bei mir gemeldet und um eine Personenbeschreibung gebeten.
Gerade bekam ich noch einen Anruf aus der lokalen BILD-Redaktion, die mit mir geklärt hat, dass sie keine Person in ihrem Personalbestand haben, die auf die Beschreibung passt.
Das ganze übrigens ohne jeden Vorwurf, sondern im gegenseitigen Interesse, dass so was nicht vorkommt.
An meinem Hochzeitstag war ich mit meinem Mann & Freunden spät abends noch in einer gay-Kneipe. Dort sprach mich eine Person an, die sich mir als BILD-Reporter vorstellte und er wolle jetzt O-Töne zur SPD. Ich sagte ihm, ich bin hier privat. Er meinte das sei ihm egal.
Ich ging weg, er mir hinterher. Auf die Aussage „bitte lassen Sie mich in Ruhe“ antwortete er „ich kenne Sie, ich habe ein Recht auf Antworten“.
Als meine anwesenden Freunde ihm sagten, er soll uns einfach lassen, hat er uns alle ungefragt gefilmt und als Faschisten beschimpft.
Dann hat er mehrere völlig unbeteiligte Gäste angerempelt, um zu mir durchzukommen. Später hat er mich eine Stunde am Stück pausenlos angestarrt, bis ich endgültig nach Hause gegangen bin.
„Danke“ für diesen Hochzeitstag.
Warum haben wir nicht nur öffentlich-rechtliche Nachrichten, sondern auch öffentlich-rechtliche Unterhaltung?
Ganz einfach, weil Geschichten/Narrative unser Bewusstsein sehr viel mehr prägen als Informationen.
Geschichten prägen Politik. 1/5
Sachinformationen haben wesentlich weniger Einfluss auf unsere Entscheidungen als Emotionen in Geschichten. Das liegt daran, dass Emotionen a) 200.000 Mal schneller verarbeitet werden als Sachargumente und b) dass Geschichten leichter im Gehirn abgespeichert werden können. 2/5
Das bedeutet in der Konsequenz, dass alle Argumente, die für öffentlich-rechtliche Sachinformationen sprechen umso mehr auch für öffentlich-rechtliche Unterhaltung sprechen.
Wir können in der Demokratie nicht wollen, dass Unterhaltung nur in privater Hand ist. 3/5
Die Legitimationsgrundlage des ÖRR ist nicht abhängig vom politischen Urteil einzelner Politiker wie Friedrich Merz.
Die Legitimation kann auch nicht mal eben entzogen werden. Sie fußt auf dem Grundgesetz Art. 5 und auf mehreren Urteilen des Bundesverfassungsgerichts. 1/5
1961 urteilte das Bundesverfassungsgericht gegen den CDU-Vorschlag eines "Deutschland-Fernsehen" in Form einer durch die Bundesregierung kontrollierten GmbH als Alternative zur ARD.
Das wäre nämlich ein kontrollierter Regierungssender gewesen. Das Verfassungsgericht urteilte: 2/5
- Der Rundfunk ist Ländersache
- Rundfunkanstalten genießen Programmautonomie
- Rundfunk ist staatsfern zu organisieren. -> Ergänzung durch Urteil 2014: Deshalb dürfen in den Aufsichtsgremien auch nur max. ein Drittel Politiker repräsentiert sein. 3/5
Zur Gewalt gegen Salman Rushdie wurde viele Jahre von islamischen Führern im Iran aufgerufen. Heute wurde auf offener Bühne auf ihn eingestochen.
Ihm schnelle Genesung & niemand sollte die Augen davor verschließen, dass es religiöse Gewaltaufrufe gibt und sie eine Gefahr sind.
In diesem Fall kamen die Aufrufe von einflussreichen Führungsfiguren des Islam. Das führt zu schäumenden Mündern bei Islamfeinden und leider auch zu unsinnigen Relativierungen oder Schweigen auf der anderen Seite.
Nein, nichts ist zu rechtfertigen oder zu beschweigen an diesen Gewaltaufrufen! Sie sind fürchterliche Ausprägungen des Islam. Es darf aber keinen Unterschied in der Beurteilung einer Handlung/Tat machen, im Namen welcher Religion sie erfolgt.