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Dec 8 20 tweets 3 min read
Während die Ukraine versucht, die Folgen der russischen Raketenangriffe auf Infrastrukturen abzumildern, wird an der Frontlinie auch im Winter hart gekämpft. Wie ist die Lage und was wird gebraucht? 🧵
Seit dem 10. Oktober 2022 feuerte Russland in mehreren Wellen etwa 370 Marschflugkörper auf russische Infrastrukturen für Energie, Wasser, Heizung und Gas. Etwa 250 Raketen konnte die ukrainische Luftverteidigung abwehren. 2/
Infolge der russischen Raketenangriffe sind vor allem Umspannwerke und Verteiler, aber auch Teile von Kraftwerken, Heizkraftwerke, Wasserleitungen und Infrastrukturen für Stadtgas schwer beschädigt oder zerstört. 3/
Die Ukraine erweist sich dazu in der Lage, zeitweise die Strom- und Wasserversorgung in den Städten wieder herzustellen. Viele Beschädigungen sind jedoch kurzfristig nicht zu reparieren, Ersatzteile sind schwer zu beschaffen oder werden global nur wenig und langsam produziert. 4/
Der Ukraine gelingt es bisher, die Folgen der russischen Raketenangriffe auf die Infrastrukturen abzumildern. Es bleibt offen, ob Reparaturen und Zwischenlösungen für eine Überwinterung der ukrainischen Bevölkerung in den großen Städten in der bisherigen Weise ausreichen. 5/
An der Frontlinie wird auch im Winter hart gekämpft. Historische Bilder oder Klischees zu "festgefrorenen" Kampfhandlungen im Winter oder "Winterkrieg" sind auf die Lage in der Ukraine nicht übertragbar. 6/
Im Gebiet Luhansk versuchen die ukrainischen Streitkräfte weiterhin, sowohl nördlich als auch südlich von Swatowe weiter nach Osten vorzustoßen. Aufgrund eingebrachter russischer Verstärkungen und starker russischer Artillerie kommt die Ukraine nur langsam voran. 7/
Bei Bachmut greift Russland bereits seit fünf Monaten gegen gut ausgebaute ukrainische Stellungen weiter an und konnte zuletzt bis an den Stadtrand vordringen. Für sehr geringe taktische Geländegewinne zahlt Russland hier einen extrem hohen Preis. 8/
Die Ruinen von Bachmut und das verwüstete Gelände östlich der Stadt gleichen einem Schlachtfeld im 1. Weltkrieg. Russland erlitt bei Bachmut enorm hohe Verluste, aber auch auf ukrainischer Seite gibt es hohe Verluste und viele Verwundete. 9/
Westlich von Donezk bei Awdijiwka erreichte Russland mit sehr hohem Aufwand ebenfalls geringe Geländegewinne. Die Intensität der Angriffe verringerte sich jedoch zuletzt. 10/
Aufgrund der astronomisch hohen Verluste wird Russland die Intensität der Angriffe im Donbass und die Verteidigung im Gebiet Luhansk in der bisherigen Weise nur aufrecht erhalten können, wenn in Kürze - möglicherweise ab Mitte Januar - die Mobilmachung fortgesetzt wird. 11/
Die Ukraine könnte trotz weiterer Rückeroberungen in den nächsten Wochen aufgrund der kritischen Lage der Infrastrukturen, kleinerer Geländegewinne oder der Einnahme einzelner Ortschaften durch Russland im Donbass psychologisch in eine schwierige Lage gelangen. 12/
Die schnelle Hilfe der Partner für die Widerstandsfähigkeit der Ukrainer kommt an. Möglichst viele Notstromaggregate, Generatoren, mobile Heizungen, Powerbanks, Ladegeräte mit Kurbeln, LED-Leuchten sowie LED-Armbänder und Reflektoren für Kinder werden weiterhin gebraucht. 13/
Für einige Luftverteidigungssysteme der Ukraine mangelt es an Munition. Hilfe mit Munition, höhere Munitionsproduktion und Unterstützung bei der Munitionslogistik sind notwendig. Je schneller weitere Luftverteidigungssysteme kommen, desto besser. 14/
Für Offensiven zur Befreiung ihres Staatsgebiets braucht die Ukraine weiterhin Kampfpanzer, Schützenpanzer und generell mehr Kettenfahrzeuge, auch wenn viele gepanzerte Fahrzeuge auf Rädern aufgrund des gefrorenen Bodens aktuell wieder mobiler werden. 15/
Möglichst viele Drohnen sowie Präzisionsartillerie und Raketenartillerie mit möglichst hohen Reichweiten sind weiterhin notwendig. Große Mengen Artilleriemunition werden gebraucht. 16/
Russland hat sich auf die Reichweiten der Ukraine mittlerweile eingestellt. Für entscheidende Schläge gegen Führung, Kommunikation und Logistik braucht die Ukraine Waffen und Munition mit höheren Reichweiten. 17/
Die EU sollte sich auf eine zumindest zeitweise Migration aus der Ukraine zur Überwinterung einrichten und insbesondere Polen und die Slowakei finanziell und mit Infrastrukturen an den Grenzen darauf vorbereiten. /END
Seit dem 10. Oktober 2022 feuerte Russland in mehreren Wellen etwa 370 Marschflugkörper auf UKRAINISCHE Infrastrukturen für Energie, Wasser, Heizung und Gas. Etwa 250 Raketen konnte die ukrainische Luftverteidigung abwehren. 2/

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Dec 5
Sowohl von Schiffen aus dem Schwarzen Meer als auch von Bombern über Russland aus sind Raketen auf die Ukraine abgefeuert worden.
Offenbar bisher bereits mehr als 50 Raketenstarts.
Ukrainische Luftverteidigung aktiv bei Odessa und Charkiw. Hoffentlich holen sie die Scheissraketen runter!!
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Nov 18
After withdrawing from Kherson, Russia concentrates attacks in the Donbass and destroys Ukrainian infrastructure with airstrikes. Ukraine is consolidating on the southern Dnipro and continuing to attack in the Luhansk region. What is the situation and what is needed?🧵
After more than 20,000 Russian troops were placed in a precarious supply situation by the Ukrainian "slice and starve" attack that began in August, the Russians managed a withdrawal operation from the southwestern bank of the Dnipro River. 2/
In the retreat, troops and weapon systems were systematically withdrawn to the other bank of the river simultaneously with evacuated civilians over a period of weeks. The Russians also delayed Ukraine's advance with deceptive maneuvers and systematic mining. 3/
Read 18 tweets
Nov 18
Nach dem Rückzug aus Cherson konzentriert Russland die Angriffe auf den Donbass und zerstört mit Luftangriffen ukrainische Infrastrukturen. Die Ukraine konsolidiert sich am südlichen Dnipro und greift im Gebiet Luhansk weiter an. Wie ist die Lage und was wird gebraucht?🧵
Nachdem mehr als 20.000 russische Truppen durch den im August begonnenen ukrainischen "slice and starve" Angriff in eine prekäre Versorgungslage geraten waren, gelang den Russen eine Rückzugsoperation vom südwestlichen Ufer des Dnipro. 2/
Beim Rückzug wurden über Wochen systematisch Truppen und Technik gleichzeitig mit evakuierten Zivilisten ans andere Flussufer zurückgezogen. Mit Täuschungsmanövern und systematischem Verminen verzögerten die Russen zudem den Vormarsch der Ukraine. 3/
Read 18 tweets
Nov 3
Während die Ukraine langsam weiter Gebiete befreit, intensiviert Russland in anderen Frontabschnitten die Angriffe, um bessere Positionen für den Winter zu erreichen. Putins Krieg gegen die ukrainischen Infrastrukturen geht weiter. Wie ist die Lage und was wird gebraucht? 🧵
Im Gebiet Luhansk greift die Ukraine weiter in die Richtung Swjatowe und Kreminna an. Russland sucht unter sehr hohen Anstrengungen diese Linie zu halten - sicher auch, weil sich weiter östlich im Gebiet Luhansk geografisch kaum noch natürliche Verteidigungslinien bieten. 2/
Russland hat bei Swjatowe-Kreminna und bei Cherson frisch mobilgemachte Soldaten eingebracht. Diese werden ohne ausreichende Ausrüstung und Bewaffnung zynisch als menschliche Hindernisse an die Front geworfen, unter katastrophalen Zuständen und mit extrem hohen Verlusten. 3/
Read 22 tweets
Nov 1
Also nochmal, da das einige partout nicht verstehen wollen: Alle wollen Frieden, niemand außer Putin „will“ Krieg.
Wer nach acht Monaten dieses Kriegs noch so spricht, als wären „Verhandlungen“ die Alternative zu Militärhilfe für die Ukraine, ist weltfremd, naiv oder ideologisch. Nur mit ausreichender Militärhilfe werden Verhandlungen überhaupt möglich.
Es gab und gibt ständig Versuche mit Putin zu sprechen - von Staats- und Regierungsschefs, Außenministern, Diplomaten, den VN, Geschäftsleuten. Es gab und gibt Friedensinitiativen. Bisher lässt Putin sich auf nichts ein, was nicht bedeuten würde, dass die Ukraine aufgibt.
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Oct 30
Zum tausendsten Mal, für alle, die in der letzten Bank nicht aufgepasst haben: Es gab kein "Abkommen", dass die NATO keine Osterweiterung machen würde. Ob Staaten der NATO beitreten, entscheiden die Menschen dort sowieso selbst. Die NATO bedroht Russland übrigens gar nicht.
Es gab keine massenhafte gezielte Tötung der Zivilbevölkerung im Donbass. Im Krieg im Donbass starben laut UNO und OSZE-Beobachtermission seit 2014 5.650 Separatisten, 4.100 Angehörige der ukrainischen Streitkräfte und 3.350 Zivilisten.
In der Ukraine gibt es Probleme mit Korruption, allerdings nach Statistiken weniger als z.B. in Russland. Völkerrechtlich macht das für den Angriffskrieg keinen Unterschied. Durch Druck der aktiven ukrainischem Zivilgesellschaft hatte sich die Lage zuletzt zudem verbessert.
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