Erneut 🧵
Es kam das erwartbare Argument, dass die die Gesellschaft für das soziale Modell zahlen müsse. Quasi, dass wir als MmB unseren Egotrip auf dem Rücken aller anderen ausleben.
Das ignoriert, dass die Gesellschaft auch für das medizinische Modell zahlt. Und zwar doppelt.
Das medizinische Modell wird nahezu vollständig über die Sozialsysteme, also Kranken- und Rentenkassen, finanziert. Ein Teil möglicherweise auch über die Agentur für Arbeit, wenn es z.B. um Berufsbildungswerke geht.
Damit werden zum einen Therapien und medizinische Eingriffe bezahlt, die nur der Person nutzen, die sie erhält. Das bedeutet: wir haben z.B. 10 Gehbehinderte.
Gehen wir mal vom hypothetischen Fall aus, es gäbe die Art der Hochleistungsmedizin, die zerstörte Nerven im Rückenmark zumindest teilweise wieder herstellen kann.
Das ist heute unmöglich, aber gäbe es die Möglichkeit wäre es auch keine Pille die das in einer Stunde erledigt.
Wir würden über eine, vermutlich mehrere, hochkomplexe und teure OPs reden. Für jede Person einzeln.
Dann könnten die vielleicht am Stock, vielleicht am Walker in ein Gebäude dessen Eingang 10 Stufen hat hineinwackeln. Nach mehreren Jahren OPs und Rekonvaleszenz. x10
Die Kosten sogar für eine einelne OP könnte im fünf- bis sogar sechsstelligen Bereich liegen. Wahrscheinlich würden die Kosten für nur eine OP reichen, die Eingangsbarriere zu beseitigen. Und schon kämen alle 10 Personen behinderungsfrei ins Gebäude.
Aber nicht nur die 10 Gehbehinderten. Sondern auch die 50 Eltern mit Kleinkindern und Kinderwägen oder Buggies. Omma mit ihrem Hackenporsche. Die 100 älteren Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind.
Der Businessmensch mit dem Trolley der direkt vom Flughafen kommt, der auch.
Oder bleiben wir beim Thema #GWUPGate und nehmen 10 Autisten als Beispiel. Die erhalten ABA, damit sie im lauten Klassenraum mit 30 Kids nicht alle paar Stunden einen Meltdown haben.
Das sind 100-120 Euro pro Stunde bis zu 40 Stunden die Woche.
Könnte man die 40.000 Euro pro Woche, die selbst dann, wenn es funktionieren würde, nur den 10 Autisten zu Gute käme, nicht auch dafür nutzen, kleinere Klassen zu finanzieren und eine zusätzliche Betreuungsperson?
Denn das ist das Ding. Das soziale Modell nutzt mehr Menschen, als nur Menschen mit Behinderungen. Das soziale Modell von Behinderung ist geeignet, die Bedingungen für alle zu verbessern, in dem Barrieren beseitigt werden.
Das medizinische Modell für Behinderung dagegen stellt individuelle normangleichende Behandlungen und Therapien über alles und das System ist eine Black Box.
Das medizinische Modell ist so tief in unserer gesellschaftlichen Struktur verankert, dass die damit verbundenen Glaubenssätze kaum hinterfragt werden.
Die Behauptung, dass alles getan werden müsse, um eine Krankheit oder Behinderung _individuell_ zu bekämpfen, ist ein Dogma.
Unter diesem Dogma werden viele Behandlungen oder Therapien durchgeführt, bei denen die Kosten- und Nutzenabwägung, die in der normalen Medizin immer im Zentrum stehen, kaum noch eine Rolle spielen.
Hier wird ein großer Aufwand auch bei minimal erwartbaren Verbesserungen aufgefahren und das ziemlich unkontrolliert.
Das geht so weit, dass z.B. persönliche Hilfsmittel von den Kassen verweigert werden, solange es geht.
Aber OPs oder andere invasive und aufwendige Interventionen fast unbesehen genehmigt werden.
Auch hier ist strukturelle Behindertenfeindlichkeit am Werk. Denn man muss natürlich immer bezweifeln, ob ein MmB ein selbstbestimmt nutzbares Hilfsmittel wirklich, wirklich braucht.
Aber wenn eine Autorität wie ein Mediziner kommt, und sagt, dass diese OP notwendig ist, dann ist die wohl notwendig.
Dazu kommt, dass die Wohlfahrtslobbys in Deutschland stark sind und um das medizinische Modell herum groß geworden sind.
Und sich, unter weitgehendem Ausschluß der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen, Pründe ganz gut verteilen lassen.
Das bedeutet, dass das, was sich um die medizinische Versorgung behinderter Menschen herum entwickelt hat, oft keine gute Medizin ist, sondern eher eine Art Machbarkeitswahn.
Auch die sonstigen Versorgungsstrukturen behinderter Menschen sind meist keine guten Versorgungsstrukturen. Sie nutzen in erster Linie dem Geschäft mit Behinderung, aber nicht behinderten Menschen selbst.
Auch ABA ist eine Lizenz zum Gelddrucken, mit einer hohen Stundenzahl und überzogenen Versprechungen. Entsprechend ist die ABA-Lobby teils auch aus finanziellen Gründen sehr ... motiviert.
Aber wie oft, ist Ideologie weit wichtiger als finanzielle Anreize. Denn wir leisten uns ein ganz offensichtlich sehr teures Modell aber kaum hinterfragtes Modell des Umgangs mit behinderten Menschen.
Weil die strukturelle Behindertenfeindlichkeit, die Ideologie, wirtschaftliche Gesichtspunkte unterschreibt.
Wer die Hilfe der Gesellschaft braucht, soll nach den Vorstellungen der Gesellschaft versorgt werden und die setzt bisher eben fest, dass wir danach zu streben haben, möglichst normal zu sein.
Dafür wird auch in Kauf genommen, dass schlechte und übergriffige Medizin um Behinderung herum entstehen kann. Und dass ein schlechtes und übergriffige Hilfssystem die Norm ist.
Wer für gute Medizin eintritt, kann unmöglich gleichzeitig ein Fan des medizinischen Modells sein, das schlechte, übergriffige Medizin ermöglicht und begünstigt.
Wer ein tatsächlich humanistisches Weltbild vertritt, kann nicht gleichzeitig für das medizinische Modell sein, dass übergriffig ist und die freie Selbstentfaltung von Menschen mit Behinderungen verhindert.
Und wer für gute Wissenschaft ist, kann nicht gleichzeitig für eine Wissenschaft sein, die Menschen mit Behinderungen als Gegner begreift, statt als Partner.
Und weil ich das oben vergessen hatte: das soziale Modell wird eben nicht hauptsächlich über die Sozialsysteme finanziert, hier verteilt sich die Finanzierung z.B. auch auf die Wirtschaft.
* überschreibt 🙄
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Nochmal ein 🧵zu #GWUPGate, denn ich möchte sicher gehen, dass die Skeptiker, die die Artikel über ABA unterstützen, weil WiSsEnScHaFtLiCh wirklich verstehen, was sie unterstützen.
Es geht nicht nur um die "Behandlungsmethode" ABA.
ABA als Behandlungsmethode ergibt nur dann Sinn, wenn man in das komplette Denksystem des Behaviorismus einkauft.
z.B:
* Der Mensch ist ein weißes Blatt, das man beliebig oft beschreiben und löschen kann. (Aka, ihr habt keine Persönlichkeit, die wir nicht (besser) konstruieren könnten)
Ich gehe davon aus, die meisten würden diese Sichtweise von sich weisen und sich in ihrer Würde verletzt sehen.
Erst die eingefrorene Schaltung, dann verfängt sich mein Hosenbein in der Pedale und ich kippe @NicoleHesse8 quasi vor die Füße (Hat tip nochmal für die Hilfe) und dann fuchtele ich an der Tanke eine halbe Ewigkeit mit Enteiser und WD-40 rum, ...
bekomme die Schaltung aber immer noch nicht gelöst.
Immerhin bin ich Past-Mela dankbar, dass ich das Abendessen gekocht habe, bevor ich zur Uni gefahren bin. *Schlürft Kartoffel-Lauch-Suppe*
Nahezu alles an der Unterhaltung mit @nikilmukerji gestern war unangenehm, ließ Respekt vermissen oder war voreingenommen, bei gleichzeitigem Überzeugtsein der eigenen "Neutralität".
Etwas ging mir aber besonders nach. Das:
Erstens apart, dass er das nicht gegenüber uns erklärt, sondern einer unbeteiligten Dritten. Da ist es wieder, das "über unseren Kopf reden". Aber das ist gar nicht mal der Punkt.
@nikilmukerji bringt als Begründung, warum man MmB, in diesem Fall Autisten, nicht in die Diskussion einbindet, vor, dass man gar nicht wissen könne, ob die dann etwas Repräsentatives sagen.
Der Vorstand der GWUP findet, wenn man 2022 Menschen mit Behinderungen aus der Diskussion ausschließt und über ihre Köpfe hinweg diskutiert, wäre das Problem "verletzte Gefühle" und nicht etwa grundlegend unanständiges Verhalten und strukturelle Behindertenfeindlichkeit.
Nachdem derzeit hitzig über die Isolationspflicht diskutiert wird, möchte ich mal noch einen Aspekt ansprechen, der fast nie diskutiert wird, wenn wir über Pflichten reden.
Der Punkt nämlich, an dem Pflichten Rechte werden und leider fast nie so kommuniziert werden.
Schon zu Beginn der Pandemie war der Lockdown vor allem für die Menschen von Bedeutung, die sozial schlechter gestellt sind.
z.B.
- in körpernahen aber nicht systemwichtigen Berufen
- in Berufen mit häufigem Kundenkontakt
- mit Erziehungs- oder Pflegeaufgaben
Eine freiwillige Regelung hätte (davon abgesehen, dass sie nicht funktioniert) vor allem ohnehin bessergestellten Menschen genutzt, die ihre Arbeit aus dem Homeoffice erledigen können.
Die Pflicht sicherte zuerst die Lohnfortzahlung und dann auch zumindest Kurzarbeitergeld.
Dude 1: "Warum kostet ein Meister 15.000€, ein Master aber 0€?"
Me: *hat actually 1 1/2 Jahre auf einer Schule mit Meisterschule verbracht und im Raum neben Meistern gelernt* "Bullshit." *postet Screenshot der Schulwebseite mit dem Hinweis "KEIN SCHULGELD!"*
Dude 2: *postet Corporate-Content-Artikel mit Behauptungen wie viel ein Meister kostet. Darunter werden 9000 Euro Schulgeld aufgeführt.*
Dude 3: "Meine Schule hat aber drölfzichtausend Euro gekostet UND ich konnte solange nicht arbeiten!!"
Augen auf bei der Schulwahl?
Ja, es gibt staatliche Meisterschulen und es gibt private/teilstaatliche. Und auf der Privatuni kostet der Master auch nicht 0 Euro. Das kostet er auch auf der staatlichen Uni nicht.
Und dann haben wir noch nicht mal über Meisterbafög gesprochen.