Mal wieder versucht @quarkswdr das 'Gendern' und das 'generische Maskulinum' mit einem schlechten und veralteten Artikel zu erklären, ohne selbst wissenschaftlich sattelfest zu sein.



Die gröbsten Fehler in einem 🧵:

1/10
Zum Einstieg aber erstmal ein sehr wahrer Tweet von Nate Silver diese Woche, der wunderbar auf die Redaktion von Quarks zutrifft:



2/10
Los geht's:

"Ob die männliche Pluralform in der deutschen Sprache immer schon diese Doppelfunktion hatte, für Männer und Frauen zu stehen, ist empirisch schwer zu belegen."

Wurde es inzwischen nur leider von zwei Linguisten der @goetheuni:
ling.auf.net/lingbuzz/006520

3/10
"Fragt man etwa Versuchspersonen nach berühmten Musikern oder Schriftstellern, nennen sie signifikant mehr Männer [...]"

Das hat außersprachliche Gründe: Unter den 10 weltweit populärsten Musikern befindet sich nur eine Frau. 🙄

songkick.com/leaderboards/p…

4/10
"'Die Sozialarbeiter liefen durch den Bahnhof. Wg. der schönen Wetterprognose trugen mehrere der Frauen keine Jacke.'
Die Frage war: Ist der zweite Satz eine sinnvolle Fortsetzung des ersten, ja oder nein?"

Die Studienautoren (allesamt keine Linguisten) machen hier Fehler:
5/10
Sie übersehen, dass der zweite Satz zwei Interpretationsmöglichkeiten zulässt, die mit der Prosodie (Satzmelodie) zu tun haben:
Wenn 'mehrere' betont wird, impliziert der 2. Satz, dass es eine nur weibl. Gruppe ist - im 1. Satz hätte dann 'Sozialarbeiterinnen' stehen müssen
6/10
Nur wenn das Wort 'Frauen' im zweiten Satz betont wird, liest man die Gruppe im ersten Satz rückwirkend weiterhin als gemischt und nicht ausschließlich weiblich.

Dadurch erübrigt sich auch die 'Kontrollgruppe' in der Studie. Sie macht nur den Anschein von Empirie.

7/10
Es ist entlarvend, dass d. Artikel nach über einem Jahr nicht aktualisiert und an entscheidenden Stellen berichtigt wurde. Mein Eindruck: für linguistisch anspruchsvolle Diskussionen wie jene um das Gendern sitzt in der Redaktion von Quarks schlicht keine kompetente Person.
8/10
Das ist auch den zahlreichen linguistischen Schwergewichten aufgefallen, die @FabianPayr hinter seinem Aufruf an den #OERR versammeln konnte:

linguistik-vs-gendern.de

9/10
Tobias Kurfer hat mit diesem Artikel im Juli zudem einen beachtlichen, genaueren Blick auf die schlechte Studienlage geworfen, auf der das Gendern basiert. Er bleibt eine klare Leseempfehlung.

berliner-zeitung.de/open-source/st…

/End

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