Der ukrainische Aktivist und Fotograf Hennadij Afanasjew ist tot. Er soll an der Front in der Ostukraine, im Luhansker Gebiet, getötet worden sein, wie seine Frau Ljudmyla am 21. Dezember bekannt gab.
Hier ein paar Worte dazu, wer Afanasjew war. /1
Afanasjew kam aus Simferopol und war ein Gegner der russischen Krim-Annexion. Er wurde im Mai 2014 vom russischen FSB entführt und unter Folter zu einem "Geständnis" gezwungen, mit dem seine "Mitstreiter", u.a. Oleh Senzow, als "Terroristen" belastet wurden. /2
Oleh Senzow, der Regisseur von der Krim, der 2014 festgenommen, nach Russland verschleppt und wegen "Terrorismus" zu 20 Jahren Straflager verurteilt wurde. Ein absurder russischer Schauprozess, um jeden Widerstand gegen die Krim-Annexion zu brechen. /3
Beim Schauprozess widerrief Afanasjew allerdings seine Aussagen - und gab an, unter schwerster russischer Folter dazu gezwungen worden zu sein. Sein Widerruf war damals eine Sensation, wie wir dank der mutigen Arbeit etwa von @a_magazova wissen, die damals vor Ort war. /4
Afanasjews Geschichte hat mich sehr beeindruckt, weil es kaum auszumalen ist, wie viel Mut & Courage zu diesem Schritt gehörte: ein von Folter & Erniedrigung gebrochener Mensch, der in seiner aussichtslosen Lage doch noch die Kraft findet, die Wahrheit zu sagen. /5
Afanasjew kam 2016 bei einem ukrainisch-russischen Gefangenenaustausch frei und engagierte sich politisch. Ich hatte danach mehrfach versucht, ihn nach seiner Freilassung in Kyjiw zu treffen, aber dazu kam es nicht mehr. /6
Nach dem 24. Februar 2022 meldete er sich freiwillig zur ukrainischen Armee. Putins ehemaliger politischer Gefangener, der nun mit der Waffe gegen die russische Aggression kämpfte. Er wurde 32 Jahre alt. /7
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Jetzt beginnt also die russische Großoffensive im #Donbas. Eine ohnehin schon seit 2014 kriegsgeschundene Region. Zerstörung, Tod, Hunger. Und wo sich trotzdem seither so viele kleine, mutige zivilgesellschaftliche Initiativen gegründet haben. Und jetzt der nächste Horror.
Wobei auch hier der Krieg seit dem 24. Februar mit beispielloser Brutalität wütet, viele Städte sind auch hier schon fast vollständig zerstört. Das ganze Ausmaß der Zerstörung, das der Krieg bisher im ganzen Land angerichtet hat - es lässt sich kaum noch überblicken.
Ich habe den Donbas seit 2014 immer wieder bereist. Trotz des Krieges gab es dort - zumindest im Hinterland - immer wieder kleine Geschichten der Hoffnung, des Aufbruchs. 2018 traf ich den Minenräumer Jurij, mit seiner unerschütterlichen Zuversicht tagesspiegel.de/politik/fuenf-…