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Jan 8 17 tweets 3 min read
🚁🚑Ein Sonntag im August:
Anmeldung aus der Kinderklinik: ca 8 Jahre alter Junge, Sturz aus grosser Höhe (40m) in einen Gebirgsbach, intubiert. Kommt mit der #REGA 🚁

(In Bern kommen schwerverletzte Kinder aus logistischen Gründen in den Schockraum Erwachsene, Pädiater dazu).
Wir bieten das grosse Traumateam aus:
Anästhesie, Thorax-, Neuro,- Viszeral- und Kinderchirurgie, Kinderärzte, Radiologie und natürlich Notfallmediziner:innen, 4 EC und 4 FFP.

Kurz vor Landung bittet der 🚁 um Hilfe auf dem Dach - machen wir regelhaft nicht!

Was nehmt Ihr mit?
Entgegen unserer eigenen Regeln gehen ein Notfallmediziner und ein Kinderchirurg mit orangenen Flexülen aufs Dach, der Rest des Teams bereitet im Schockraum die TraumaRea vor.

Was beudeutet diese Vorbereitung bei Euch?
Auf dem Dach bewahrheitet sich unsere Befürchtung: PEA seit 3 Minuten. 300my Adrenalin sind gegeben, Thoraxkompression läuft.
Und jetzt?
Die Fingerthorakostomie ist das sicherste Verfahren, einen Spannungspneu (den wir wg. Trauma und PEA vermuten) zu entlasten.
Wenn man punktionsentlastet, dann im 5. ICR lateral (Bülau) - zumindest beim Erwachsenen, weil der Weichteilmantel dünner ist als im 2. ICR MCL (Monaldi).
Wir plazieren je 1 organgene Flexüle im 2. ICR MCL (Monaldi), weil wir aufgrund der in der Vakuummatratze angelagerten Arme nur dort gut Zugang haben, den TShirt-Kragen schnell dorthin erweitert bekommen und der Junge schlank ist.
Dann ab in den Schockraum.
Blitzrapport im Fahrstuhl:
Sturz aus 40m in den Bach. Bergung durch zufällig anwesende Canyoning-Sportler nach wenigen Minuten. Longline vom 🚁. Initial
A frei
B bradypneu
C bradycard, brachialer Puls
D GCS 5
Rettung mit Netz, Zwischenlandung zur Versorgung.
Status im SR:
A: intubiert, Stiffneck
B: bilateral Flexülen, SpO2 nicht messbar
C: unter CPR
D: Pupille re >> li
E: KernTemp 27.5°C , immobilisiert

Die Notärztin hat zur Intubation i.o. gebohrt und 3mg Midazolam gegeben, 400ml Ringer im Flug.
Und nun?
Wir legen TDrain rechts und warten mit der Thorakotomie links die 90 Sek bis zum Abschluss des E-FAST ab. Parallel legt die Anä eine graue Flexüle jugulär rechts.
Im E-FAST zeigen sich
- keine freie Flüssigkeit abdominell
- kein Hämatothorax
- kein Perikarderguss
- PseudoPEA
Die Schockraumuhr zeigt Minute 4 seit Übergabe.
Auf den zweiten Blick fallen im thorakalen Sono ubiquitär ausgedehnt B-lines auf. Aus dem Tubus schäumt es weisslich.
Am Schädel fällt eine kleine RQW rechts hoch temporal auf.

Wie macht Ihr weiter?
Während wir links ein TDrain legen, fassen wir zusammen:
- Kind, Sturz aus grosser Höhe
- initial bradycard, hypoton, bradypneu.
- initial untergegangen: bei Zwischenlandung hat der Junge generalisiert gekrampft. GCS 5 initial
- Pupille bereits initial re >> li
- keine offensichtlichen Traumafolgen unterhalb des Schädels: Becken, lange Röhrenknochen: alles stabil.
- BGA (Reanimation seit nun 11 Minuten)
ph 7.3, Kalium 2.4 mmol/l, Lactat 4 mmol/l
- Tempi oesophageal 27.5°C

Was können wir noch tun?
Es besteht im Team Einvernehmen, dass wir hier keine eigentliche TraumaRea haben (im Sinne von intrakardialer Hypovolämie).
Einige sehen das SHT als prognostisch limitierend an, andere stellen die gute Prognose von hypothermem Kreislaufstillstand in den Vordergrund.
Wir entschliessen uns für die Herzlungenmaschine (was in diesem Fall eine offene Kanülierung durch Sternotomie bedeutet). Während der OP nimmt die Pupillendifferenz weiter zu.
Grossen Respekt für den Drittwelt-erprobten Neurochirurgen, der nun "in loco typico" ein Bohrloch macht
Intrakranieller Eröffnungsdruck ist 40cm H2O. Es werden 40ml Blut epidural entfernt - die Pupillen normalisieren sich.
Am MiniECC wird der Pateint erwärmt, flimmert bei 29.2°C und wird einmal intern geschockt -> Sinus.

Das Lungenödem (Frischwasseraspiration?) ist offensichtlich.
An der VA-ECMO geht es nun ins CT:
multiple kleine Kontusionsblutungen intracraniell, zudem Reste eines rechts-frontalen Epiduralhämatoms, Lungenödem. Sonst keine Traumafolgen.
Weaning:
- Katecholamin nach 6h
- ECMO nach 48h
- Tubus nach 72h
Bei Entlassung in die Reha an Tag 36 hat der Junge eine Schwäche im rechten Arm sowie eine Facialisparese rechts - und ist ein sonst normales Kind 🙏

Und diesen Fall, den gibts sogar als Casereport (zusammen mit einer Diskussion der Literatur):
resuscitationjournal.com/article/S0300-…

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