Der früher sehr geschätzte @NikolausBlome schreibt beim @derspiegel, Deutschland sei Kriegspartei, zudem handele es sich nun um einen Stellvertreterkrieg, in den Deutschland durch die Lieferung der Mader eingetreten sei. Warum das völliger Humbug ist (again):
Zunächst zum Status Kriegspartei:
Dieser wird medial vielfach so verstanden, als wäre eine Kriegspartei rechtlich erlaubtes Kriegsziel, was jedoch nicht der Fall ist. Jede russische Aggression gegen die Ukraine und andere Staaten in diesem Konflikt ist ein Verstoß gegen...
das völkerrechtliche Gewaltverbot und stellt darüber hinaus ein Verbrechen der Aggression dar. Selbst für den Fall, dass wir Kriegspartei wären, was wir eindeutig nicht sind, steht das Recht auf unserer Seite.
Jeder Staat darf der Ukraine bei der Selbstverteidigung militärisch zur Seite springen – was jedoch bislang kein Staat getan hat und auch nicht tun wird.
Die mediale Fixierung irritiert nicht nur mit Blick auf die Aussagen Putins, für den der Westen laut eigener Propaganda seit jeher „Kriegspartei“ ist. Eine simple völkerrechtliche Recherche hilft zudem bei der Frage nach dem Ursprung des Gedankens „Waffenlieferung=Kriegspartei“:
Wie ich bereits im Mai 2022 geschrieben habe, wurde im Nicaragua-Fall vor dem IGH 1986 die Kombination aus Waffenlieferung und Ausbildung von Kämpfern als Verstoß gegen das Interventionsverbot angesehen:
support given by the US, up to the end of September 1984, to the military and paramilitary activities of the contras in Nicaragua, by financial support, training, supply of weapons, intelligence and Iogistic support, constitutes a clear breach of the principle of non-intervention
Im Nicaragua-Fall ging es jedoch nicht um Unterstützung gegen einen Angriffskrieg, sondern um die Ausstattung und Ausbildung von nicaragischen Rebellengruppen durch die USA im Kampf gegen die staatlichen Autoritäten.
Durch die externe Einmischung in einen innerstaatlichen Konflikt gelten andere Regeln als bei einem Angriffskrieg auf einen souveränen Staat.
Kriegspartei wird ein Staat, in dem ein internationaler bewaffneter Konflikt besteht, also Staaten unmittelbar (!!!) gegeneinander Waffengewalt einsetzen. Heißt: Solange kein deutscher Soldat für die Bundeswehr in der Ukraine kämpft, ist Deutschland keine Kriegspartei.
Wie absurd diese Fixierung auf den Begriff ist, zeigt sich daran, dass wir es überhaupt nicht in der Hand haben; denn Putin könnte jederzeit Waffengewalt gegen Deutschland einsetzen, was uns (gegen unseren Willen und ohne Entscheidung) zu einer Kriegspartei machen würde.
Auch der Begriff Stellvertreterkrieg ist nicht nur wegen der fehlenden Kriegsbeteiligung anderer Staaten als Russland und der Ukraine falsch, sondern auch, weil es keine Stellvertreter gibt – die Ukraine verteidigt sich als souveräner Staat aus freien Stücken gegen den Aggressor.
Deutschland als Kriegspartei und einen Stellvertreterkrieg herbeizuschreiben, in dem die Ukraine als nicht-souveräner Staat dargestellt wird, der vom Westen kontrolliert wird – ob @NikolausBlome und dem @derspiegel bewusst ist, dass sie hier 1:1 Kreml-Propaganda verbreiten?
Der Bündnisfall hat die Voraussetzung, dass das Territorium eines NATO-Mitgliedstaats angegriffen wird. Dann kann (!) der Bündnisfall im NATO-Rat ausgerufen werden.
Das deutsche Konsulat in Kiew müsste folglich deutsches Territorium sein, um den Bündnisfall rechtlich zumindest ausrufen zu können. Dies ist es jedoch nicht.
Ich kenne mich zu wenig mit der Politik in Niedersachsen aus, um inhaltliche Ideen zu geben. Wenn es nun aber heißt, dass die FDP aufgrund der Ampel angeblich als linke Partei wahrgenommen wird, dann gehts strategisch in ganz wilde Ecken.
Und dazu: Respekt an alle fleißigen WahlkämpferInnen, die in den letzten Monaten und Wochen Zeit und Herzblut reingesteckt haben. Wir hatten den Mist hier in NRW vor 5 Monaten…Prost!
Die Rechtsbrüche sind offensichtlich, die empfundene Ohnmacht gegenüber dem Terrorstaat Russland ist schwer auszuhalten.
Zynisch kann man nun sagen: Ja aber was bringt das Recht?
Nun, es ist ein zentrales Instrument, welches hilft, das Unfassbare fassbar zu machen.
Es schafft Transparenz, Vergleichbarkeit und Verfolgbarkeit. Es ist unser Instrument um zu ordnen und zu beurteilen.
Unsere Weltordnung ist geprägt durch das Recht und nicht das Recht des Stärkeren. Dies versuchen Staaten wie China und Russland seit Jahren massiv zu untergraben