Thread by @schlegel_adrian

Wer die Räumung und Abbaggerung von #Luetzerath durch #Demokratie legitimiert liegt falsch. Im Gegenteil: Was gerade um #Luetzerath passiert ist eine Katastrophe für die #Demokratie.
Warum?

Ein Thread in 6 Punkten.

Zunächst ein paar Vorannahmen zu #Demokratie: Demokratie bedeutet, dass alle Menschen gleichsam und gemeinsam die Verhältnisse, in denen Sie leben, aushandeln. Alles was diese Verhältnisse bestimmt, muss stets demokratisch verhandelbar sein.

Angesichts der Zeit in der wir leben zwei weitere Ausführungen: Demokratie in Zeiten der Klima- und Biodiversitätskrisen bedeutet, immer auch ein gutes Verhältnis zwischen Menschen und nicht-menschlicher Natur in Entscheidungen miteinzubeziehen. Und:

Demokratie in Zeiten einer Krise globaler sozialer Ungleichheit bedeutet, immer ungleiche Verhältnisse entsprechend der eigenen Position anzugehen und auf unterschiedliche Bedürfnisse einzugehen.

Nun zu #Luetzerath und #Demokratie:

Als aller erstes (1): Die Einschränkung politischer Teilhabe. Für alle die sich in den vergangenen Jahren (auch abseits von #Luetzerath) für Klimagerechtigkeit eingesetzt haben, ist die gegenwärtige Ignoranz und Herunterspielen der Krise um #Luetzerath von gewählten

Mandatsträger*innen eine Unterwanderung gleicher und gemeinsamer Partizipation. Wer riesige Demonstrationen organisiert und nichts passiert, verliert natürlich Vertrauen in demokratische Teilhabe. Wer in schwierigsten Umständen eine kreative und friedliche Besetzung eines Dorfes

über Jahre aufbaut und ein solidarisches Miteinander übt, welches dann von tausenden Polizisten und Geräten innerhalb von Tagen zerstört wird, verliert natürlich Vertrauen in die Möglichkeit von Wandel und Selbstbestimmung innerhalb der existierenden demokratischen Institutionen.

Damit zu zweitens (2): Die Ungleichheit und Nicht-Gemeinsamkeit politischer Teilhabe. Im Fall von #Luetzerath war der Einfluss von undemokratischen Institutionen wie RWE immens. Wer sich anschaut, wer letztendlich über Lützerath und die Kohle darunter entschieden hat,

stellt fest, dass hier nicht alle betroffenen Menschen gleich und vor allem nicht gemeinsam am Verhandlungstisch saßen.

Verbunden ist damit drittens (3): Der Entzug von relevanten Mitteln aus der demokratischen Mitbestimmung. Spätestens angesichts der Klimakrise ist klar, dass die Kohle unter #Luetzerath von Interesse für alle Menschen und Lebewesen (auf dieser Welt) ist.

Dass die Entscheidung darüber gegenwärtig einzig im Ermessen RWE’s liegt, unterwandert die Möglichkeit, gemeinsam Verhältnisse für ein gutes Zusammenleben zu schaffen.

Gegenwärtige Argumentationsmuster zeigen viertens (4): Die Unterwanderung der ständigen Möglichkeit demokratischer Transformation. Immer wieder wird argumentiert, die Räumung und Abbaggerung von #Luetzerath sei unumgänglich, da das geltende Recht dies vorsieht.

Das “Recht” wird dadurch entpolitisiert und als etwas gegebenes dargestellt. Dabei ist das Recht nur eine zeitliche Verstetigung von politischen Entscheidungen, ein Hilfsmittel für große demokratische Zusammenhänge. In einer Demokratie muss dieses stets veränderbar bleiben.

Eine zeitliche dekontextualisierung von “Recht” fungiert hier als Strategie, politische Entscheidungen und Machtpositionen aus der Vergangenheit aufrechtzuerhalten und geht gegen die beständige Möglichkeit auf politische Teilhabe aller.

In Zeiten von Klima- und Biodiversitätskrisen ist fünftens (5) relevant: Die Zerstörung einer guten Beziehung zwischen Mensch und Natur in demokratischer Entscheidungsfindung.

Dass bei der Entscheidung, die Kohle unter #Luetzerath zu verbrennen, zu wenig in Betracht genommen wurden ist klar – jede weitere Tonne CO2 in der Atmosphäre zerstört die Balance von ökologischen Kreisläufen und damit

essentielle Grundlagen für nicht-menschliches und menschliches Leben. Ein Abbaggern der Kohle unter #Luetzerath unterwandert die Grundlagen einer ökologischen Demokratie.

Letztlich bedeutet die Räumung #Luetzerath|s im Kontext einer höchst ungleichen globalen Gesellschaft, sechstens (6): Die Abwendung von historischer Verantwortung und Erfüllung diverser Bedürfnisse. Viele Menschen innerhalb der politischen Grenzen der heutigen BRD haben

von der jahrhundertelangen Emittierung fossiler Energieträger profitiert, die seit Jahrzehnten prekäre Lebensverhältnisse in vielen Teilen der Welt hervorruft.

Wenn nun weiter unter #Luetzerath abgebaggert wird, ist das ein klares Zeichen: We don’t care about you. Und: We don’t care about our historical responsibility. We don’t care about global cooperation (Pariser Klimaabkommen etc.).

Damit wird bewusst das Vertrauen in gemeinsames globales (Aus-)Handeln zerstört – welches in Zeiten globaler Krisen doch so dringend notwendig wäre.

Nach alldem, was heißt es #Luetzerath, aus einer demokratischen Perspektive aus zu denken? For now: ein Räumungsmoratorium und Neuverahndlungen mit allen Betroffenen Akteur*innen unter Einbezug der gegenwärtigen Situation der Klimakrise und globaler sozialer Ungleichheit.

Zukünftig müssen wir zudem aus #Luetzerath lernen, wenn wir eine besser funktionierende Demokratie wollen. Wir brauchen kontinuierlichere und gleichere Mitbestimmung zu mehr Aspekten, die unsere Lebensgrundlagen beeinflussen -und Fokus auf kaputte sozial-ökologische Verhältnisse.

Kritisiert und ergänzt gerne.