Erschreckende Analyse des öffentlich-rechtlichen Rundfunks #ÖRR durch Insider Daniel Drepper, Leiter der Recherchekooperation v. #NDR, #WDR u. #SZ, im #Journalist:
Recherchemängel, Ausbeutung freier Mitarbeiter und die Forderung nach immer mehr Geld:
@danieldrepper
@journ_online
Drepper ernsthaft: Der mit 8 Milliarden finanzierte #ÖRR brauche nicht etwa weniger, sondern noch mehr Geld und zwar für die Recherche. Die Begründung dafür muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:
Obwohl der #ÖRR die finanziell am besten ausgestatteten Medien in Deutschland sind, brauche man noch mehr Geld. Von selbstkritischen Einsparmöglichkeiten findet man kein Wörtchen.
Drepper beschreibt die untragbare Ausbeutung freier #Journalisten durch den #ÖRR: Er gesteht zu, dass der ÖRR seine vielen freien Mitarbeiter „oft völlig unzureichend bezahlt“, deren „Lage prekär“ sei, da der ÖRR deren Recherchearbeit oft gar nicht bezahle.
Das ist traurig und richtig. Die Ableitung, deshalb stumpf immer mehr Rundfunkgebühren zu fordern, statt eine echte Struktur- und Kostenreform vorzuschlagen, zeigt aber viel vom Selbstverständnis des €ÖRR. Wer in einer Behörde arbeitet, hat häufig auch eine Behördenmentalität:
Mit Sparen und Wirtschaftlichkeit, insbesondere im Umgang mit fremdem Geld, wird gefremdelt.  Dabei wären dramatische Einsparungen möglich:
Zusammenlegung von Sendern, Technik, Verwaltung, Produktion statt mehrfache teure Wasserköpfe, Gesundschrumpfen auf Grundversorgung: 20 statt 76 (!) Radiosender, 2 statt 14 (!) Vollprogramme, die immer weniger Menschen ansehen.
Der #ÖRR sollte also sparen und schrumpfen, dann muss er auch keine freien Journalisten an der Armutsgrenze ausbeuten, sondern kann diese fair bezahlen.
Drepper gesteht zudem eklatante Rechercheschwächen des ÖRR ein: „Viel zu häufig ist eben nicht genug Zeit da, ein Thema bis zum Ende auszurecherchieren„, sagt er, da feste Sendepläne den Druck erzeugten, nicht sorgfältig zu Ende recherchierte Storys versenden zu müssen. ...
Drepper weiter: „Viel zu häufig wird einfach abgebildet. Viel zu selten haben die Reporterinnen die Zeit, die sie bräuchten, um einer Geschichte wirklich auf den Grund zu gehen.“
Da wundert es mich als Presserechtler nicht, dass der Journalismus des #ÖRR immer fehlerträchtiger und oberflächlicher wird, dass wir immer wieder wegen haarsträubender Fehler für unsere Mandanten einschreiten müssen und dass vielfach schnelle Agenda statt ausgewogener ...
... - und damit erst fairer - Berichterstattung erfolgt.
Bemerkenswert ist auch die Forderung Dreppers, der #ÖRR solle bitte nicht darauf achten, möglichst Fehler zu vermeiden. Im Gegenteil:
Reporter sollten bei der Veröffentlichung von Geschichten „Grenzentscheidungen“ in Kauf nehmen, „die auch mal nach hinten los gehen könnten“. Dafür bedürfe es dann halt des „Geldes für Anwälte“. Sich nach allen Seiten abzusichern behindere hingegen die „investigative Kultur“.
Ernsthaft?!? Eine bewusste Inkaufnahme möglicher Fehler, Grenzverletzungen und einer unvollständigen Recherche kann doch nicht ernsthaft das Leitbild des #ÖRR sein!
Falsch ist auch die Ansicht von Drepper, eine solche „investigative Kultur“ könne Werbebotschaft und vertrauensbildend für den ÖRR sein. In Relotius- Zeiten ist vielmehr das Gegenteil angesagt und das erwartet auch der Zuschauer, der den #ÖRR bezahlt:
Eine sorgfältige, abschließende und abgesicherte Recherche, die fair alle Seiten anhört und einbezieht, die ohne Fehler auf sicheren Füßen steht, und die dann erst den Zuschauer gemäß den journalisten Sorgfaltspflichten fair, ausgewogen und wahrheitsgemäß informiert.
Anders als Drepper meint, kann die von ihm beschriebene „investigative Kultur“, die auch mal Fehler in Kauf nimmt, nicht vertrauensbildend für den ÖRR sein. Das Gegenteil ist der Fall und daher sind diese Signale fatal:
Der Konsument des ÖRR erwartet eine besonders sorgfältige, faire, tiefgründige und ausgewogene Recherche und Darstellung.
Aufforderungen an Journalisten des #ÖRR, sich nicht nach allen Seiten abzusichern und Grenzüberschreitungen hinzunehmen, führen zu noch mehr Fehlern des eh immer wieder kritisch im Fokus stehenden ÖRR und damit zu einem noch größeren Vertrauensverlust.
Die Forderungen Dreppers, nach einer neuen „investigativen Kultur“, in der sich nicht durch abschließende Recherche abgesichert wird und Grenzverletzungen in Kauf genommen werden, ist zwar toll für uns Presserechtler, aber Gift für den ÖRR.
Auch wenn sich der Beitragszahler bei Dreppers Plädoyer sicherlich entgeistert die Augen reibt, eine positive Botschaft hat das Plädoyer von Drepper natürlich: Nämlich für uns Presserechtler.
...
Wenn sich diese Haltung durchsetzt, gibt es im #OERR noch mehr falsche Berichte, schlampige Recherche und damit noch mehr Presserechtsfälle gegen den #ÖRR. Ich weiß daher nicht, ob ich weinen oder nicht einfach lieber einen Sekt aufmachen soll😊

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