1/20
Immer wieder wird gefordert, man solle "#psychisch auffällige" Personen "#wegsperren", um die Allgemeinheit zu schützen.
Ein Thread zur #Unterbringung.
(Personen sind m/w/d)
2/20
Wenn Personen sich auffällig verhalten, kommt es zu verschiedenerlei Meldungen bei den Behörden. Manchmal wird die #Polizei gerufen, manchmal das #Ordnungsamt benachrichtigt, manchmal die #Betreuungsstelle angerufen.
3/20
Bei hochakuten Zuständen, die eine Eigen- und/oder #Fremdgefährdung darstellen, ist die Polizei befugt, eine Person zusammen mit dem Rettungdienst in die zuständige psychiatrische Klinik einzuliefern.
4/20
Dort darf diese Person max. 24h geschlossen untergebracht werden. Wenn aus fachärztlicher Sicht ein Verbleib in der Klinik erforderlich ist, müssen die Ärzte einen gut begründeten Antrag auf Unterbringung beim zuständigen Amtsgericht stellen.
5/20
Dort wird der Antrag richterlich überprüft und es wird eine Zeit festgelegt, in der die betroffene Person in der Klinik verbleiben muss. Es kommt entweder ein Richter in die Klinik oder ein Verfahrenspfleger, um die Person anzuhören.
6/20
Falls es nach Einlieferung keine Hinweise mehr gibt, dass eine Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt (z.B. die Person kann sich glaubhaft von den initialen Vorhaben/Gedanken etc. distanzieren), MÜSSEN die Ärzte diese Person nach Ablauf dieser 24h wieder entlassen.
7/20
Alles andere wäre strafbare Freiheitsberaubung.
So ähnlich wie Festhalten in polizeilichem Gewahrsam ohne Vorführung beim Haftrichter.
Zudem muss beim längeren Verbleib in einer Klinik auch eine Behandlungsmöglichkeit vorliegen.
8/20
Wenn es sich z.B. ausschließlich um Fremdgefährdung ohne psychische Störung/Erkrankung handelt, gehört diese Person in polizeilichen Gewahrsam und nicht in eine Klinik. Eine Klinik ist zur Behandlung da, kein Ersatzknast.
9/20
Was passiert, wenn eine Person immer wieder auffällig wird, das Verhalten aber nicht "ausreicht", um sie festzusetzen? Dann meldet die Polizei sie beim Ordnungsamt, welches wiederum den Auftrag ans zuständige Gesundheitsamt vergibt, diese Person amtsärztlich zu untersuchen.
10/20
Da es nur selten Amtsärzte gibt, die Fachärzte für Psychiatrie sind, wird ein externer Gutachter beauftragt. Die betroffene Person bekommt eine Vorladung (entweder ins Gesundheitsamt zu kommen oder in die Klinik/Praxis des externen Gutachters).
11/20
In der Vorladung steht, dass der Termin auch mit Polizeibegleitung erzwungen werden kann.
Im Rahmen dieses Termins wird dann das, was sonst die Ärzte in der Psychiatrie machen, ambulant gemacht: eine Beurteilung, ob Eigen- oder Fremdgefahr vorliegt.
12/20
Entweder resultiert daraus eine Unterbringung in der Klinik (also Fahrt vom Begutachtungsort mit Polizei und Rettungsdienst zur Klinik) oder die Einschätzung, dass weiterhin keine ausreichenden Gründe zur Unterbringung vorliegen.
13/20
Es kann auch sein, dass die betroffene Person nicht zum Gutachtentermin erscheint. Dann muss sie noch einmal vorgeladen werden.
Auch die 1. Vorladung benötigt einen gewissen Vorlauf, da sie mit Post per Einschreiben zugestellt wird.
14/20
Häufig ist es so, dass die Situation der Betroffenen in der Zwischenzeit erneut eskaliert ist und dann doch eine akute Unterbringung erfolgt ist.
15/20
Nicht selten gehen hochdramatische Beschwerden von Bürgern beim Ordnungsamt ein und wenn dann z.B. ein Mitarbeiter der Betreuungsstelle einen Ortstermin macht, verhält sich eine Person etwas schrullig, was einen handfesten Nachbarschaftsstreit ausgelöst hat.
16/20
Ja, die lieben und toleranten Mitmenschen fordern nicht selten eine "Einlieferung in die Klapse", weil sich jemand nicht so verhält, wie sie es für richtig halten.
17/20
Da wir uns nach wie vor in einem Rechtsstaat befinden, wird eine Person nicht "einfach so" aufgrund der Beschwerden der Nachbarn oder Familie irgendwo "weggesperrt".
18/20
Eine Überprüfung abseits eine hochakuten Notlage dauert ihre Zeit. Selbst wenn alles sofort bearbeitet wird. Es gibt viele Fälle, bei denen die Sachlage zunächst unklar ist oder eine Unterbringung einer richterlichen Überprüfung nicht standhalten würde.
19/20
Bei Äußerungen einer Person gilt zudem die Meinungs- und Religionsfreiheit.
Die Einschätzung, ob eine Person eigen- oder fremdgefährdend ist, wird nach bestem Wissen und Gewissen nach Sichtung von bereits vorliegenden Unterlagen und einer gründlichen Untersuchung abgegeben.
20/20
Niemand kann in eine Glaskugel schauen.
Aber genau das wird stets verlangt.
Und nein, ein prophylaktisches "Wegsperren", damit die erbosten Nachbarn ihren Frieden haben, ist nicht zulässig.
(Dieser Thread hat keine Antwortmöglichkeit, da "aber unser Nachbar war mal auffällig und hat 2 Wochen später XYZ gemacht"-Kommentare hier nicht zielführend sind.)
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