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Mar 14 26 tweets 7 min read
Russland und Österreich. Ein 🧵:
Seit mehr als einem Monat deckt Falter-Redakteur @Josef_Redl die Russland-Geschäfte der Raiffeisenbank Bank International (RBI) auf, eines der größten Player in der russischen Bankenszene. Neue Dokumente legen folgenden Verdacht nahe:
Die RBI kauft gerade im Rahmen der Operation "Roter Vogel" die Reste der sanktionierten russischen Sberbank Europe auf, um an einen Teil ihrer eigenen in Russland eingefrorenen Dividenden in Milliardenhöhe zu gelangen.
Die Gefahr, dass die RBI nun auf die Sanktionsliste der USA gelangt, ist enorm.
Der Fall Raiffeisen ist der Höhepunkt einer chronique scandaleuse. Österreichs Engagement in Russland wird zu einem echten Problem für die heimische Politik, aber auch für den Wohlstand und die Sicherheit Österreichs.
Österreichische Unternehmen schaffen es nicht nur nicht, sich vom System Putin zu lösen, sondern versuchen auch immer noch, davon zu profitieren.
Was ist in den letzten Jahren passiert? Eine Mischung aus gefährlicher Geschäftemacherei, Korruption und Schlaucherltum prägt das Geschäftsmodell Österreichs.
Putin hat, schon vor dem Angriff auf die Ukraine, die wichtigsten Politiker des Landes unter Vertrag genommen, so wie in jedem europäischen Land.
Ex-ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel und Ex-FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl saßen im Aufsichtsrat von Rosneft. SPÖ-Ex-Kanzler @KernChri verdingte sich als Aufsichtsrat bei der Staatsbahn RZD. Ex-ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling erhielt einen Beratervertrag bei Gazprom.
Schüssel und Kern haben ihre Posten zu Kriegsbeginn aufgegeben. @Karin_Kneissl macht immer noch Putin-Propaganda auf Social Media, aber auch als Kommentatorin von Russia Today, also jenem Sender, den die EU zensiert, weil er Teil der hybriden medialen Kriegsführung Putins ist.
Schellings Gazprom-Vertrag wiederum ist so anrüchig, weil es unter seiner Amtszeit war, dass der Gasmanager Rainer Seele zum Vorstandsvorsitzenden der OMV bestellt wurde. Seele, bestellt 2015, machte Österreich völlig abhängig vom russischen Gas, sogar das BVT warnte vor ihm.
Jenes BVT, das dann drei Jahre später, nach einer Intrige des damaligen blauen Innenministers, von der Geheimdienstrunde "Berner Club" ausgeschlossen worden war, weil die EU-Partner Angst vor Abfluss von Staatsgeheimnissen nach Moskau plagte.

falter.at/zeitung/201811…
In der Verstaatlichtenholding ÖIAG, die Seeles Tätigkeit im Auftrag der Republik kontrollieren sollte, saß damals der Manager Siegfried Wolf an der Spitze, ein Freund Putins.
Wolf nannte den Diktator noch nach Beginn des ersten Ukraine-Kriegs 2014 im Standard einen "sehr, sehr, sehr korrekten Mann", der "cool auf Kritik reagiere", und wünschte sich für Europa "ein bissl mehr russische Demokratur". (Ein bisserl Demokratur derstandard.at/story/20001347…)
Es gibt auch noch die parteipolitische Front. Die FPÖ wurde -so wie viele rechtsextreme Parteien - nicht nur im Rahmen eines Freundschaftsvertrages mit der Putin-Partei Einiges Russland hofiert.
Glaubt man Mails, die das Profil veröffentlichte, wurden einzelne Abgeordnete geschmiert, um Gesetzesanträge gegen die Sanktionen einzubringen, was dann auch geschah.
Dass sich die Blauen gerne von russischen Oligarchennichten umschwärmen und von Verbrechern empfangen lassen, weiß man nicht zuletzt seit dem Fall Ibiza oder dem Besuch einer FPÖ-Delegation beim tschetschenischen "Präsidenten", dem Kriegsverbrecher Ramsan Kadyrow, im Jahr 2012.
Er massakrierte seine Gegner, heute schickt er seine Mordbrigaden nach Mariupol. "Putin-Pinscher" nannte ein ungarischer Oppositionspolitiker im Jahr 2007 solche Politiker. Sein Name ist Viktor Orbán, mittlerweile ist er selber einer.
Orbán traf letzte Woche FPÖ-Chef Herbert Kickl, forderte die Aufhebung der Sanktionen und sagte, "die führenden Kräfte der westlichen Welt würden im Kriegsfieber brennen".
Das klang nach jenen Lügen, die auch der mit Steuermillionen subventionierte und von der ÖVP hofierte Online-Dienst Exxpress verbreitet, ein Propagandasender der Familie Schütz, die über ihre Plattform beharrlich die russische Weltsicht ins Netz flutet. Auch hier lohnt ein Blick:
Alex Schütz, Gatte der Mehrheitsgesellschafterin Eva Schütz, ist Kurz-Geschäftspartner, hasst kritische Medien. Er beherbergt in einer Villa in Hietzing Dmytro Firtasch, den Verbindungsmann Putins zur russischen Mafia - zumindest schreibt das die WP-Aufdeckerin @CatherineBelton
Firtasch beauftrafte Ex-ÖVP-Vizekanzler Spindelegger vor einigen Jahren in seinem Think-Tank beauftragte, den "wirtschaftlichen Wiederaufbau der bürgerkriegsgebeutelten (sic!) Ukraine" zu organisieren. Der Oligarch wird von der US-Justiz gesucht wird. krone.at/442542
Es ist Zeit, dass der Nationalrat all das einer Kontrolle unterzieht. Die Neos wollen den Russland-U-Ausschuss. FPÖ ist dagegen. Der Ball liegt bei der SPÖ. Wie heißt es in der druckfrischen Broschüre der Wirtschaftskammer für die heimische Wirtschaft? "Russland, los geht's!"
Die aktuelle Falter Story finden Sie hier: falter.at/zeitung/202303…
Meinen Kommentar hier: falter.at/zeitung/202303…
Und einen umfassenden Text von @EvaKonzett und @Josef_Redl zu den Deals von 🇦🇹 in 🇷🇺 finden Sie hier. falter.at/zeitung/202302…
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