Am Montag wurde der wichtigste Klimabericht des Jahrzehnts veröffentlicht, nachdem 195 Regierungen über die letzten Formulierungen gestritten hatten. Die einzigen Medien, die dabei sein durften, haben nun offengelegt, welche Staaten wofür lobbyiert haben. 1/
Danke an @NiranjanAjit für die fantastische Arbeit. Hier geht's zur vollständigen Recherche 2/
Das Earth Negotiations Bulletin durfte die Sitzungen der heiß umstrittenen Summary for Policymakers des #IPCC besuchen (wobei kein Zugang zu den Klausuren bestand, in denen die besonders detaillierten Diskussionen stattfanden). 3/ enb.iisd.org/58th-session-i…
Finnland wollte, dass fossile Energien als Hauptursache für den Klimawandel genannt werden. Saudi-Arabien wehrte sich dagegen. Der Satz schaffte es nicht in die wichtige Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger*innen. 4/
Saudi-Arabien drängte ebenfalls erfolgreich darauf, Carbon Capture and Storage als "additional abatement" in den wichtigen Satz aufzunehmen, dass die bestehende fossile Infrastruktur ausreicht, das CO2-Budget für 1,5 Grad zu sprengen. 5/
Norwegen verwässerte die Formulierung zur Emissionsreduzierung, während China, Saudi-Arabien, Neuseeland und die Niederlande nicht wollten, dass die Entfernung großer Mengen CO2 aus der Atmosphäre als riskant und wissenschaftlich nicht belegt dargestellt werden. 6/
China versuchte die wichtigste Erkenntnis aus dem Bericht zu streichen: Dass die Emissionen innerhalb von 12 Jahren um zwei Drittel sinken müssen, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Immerhin wurde die Zahl in einer Tabelle festgehalten. 7/
Die USA wehrten sich gegen den Vorschlag von ärmeren Ländern, ihre Abhängigkeit von reicheren Staaten bezüglich Geld, Technologie und verbleibendem CO2-Budget mit aufzunehmen. 8/
China, Saudi-Arabien, Ägypten und Iran wollten "Steuern, Subventionen und Preisregulierungen" als Maßnahmen zur Emissionsreduzierung bei Endverbraucher*innen streichen lassen. 9/
Die USA haben erfolglos versucht das Wort "gerecht" in Bezug auf Klimafinanzierung zu streichen, mit dem Argument, dass sich dieses in der Regel bedeutet, dass jedes Land den gleichen Anteil erhält (was zumindest im Kontext der Klimadiplomatie nicht der Fall ist). 10/
Besonders bemerkenswert: Nur wenige Menschen aus den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Ländern konnten bis zum Ende bleiben. Sonntag, am Tag vor der Veröffentlichung, war kein einziger afrikanischer oder südamerikanischer Staat mehr vertreten. 11/
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Warum derzeitige Klimaziele nicht ansatzweise ausreichen, zeigt der neue IPCC-Bericht.
Wie es aussieht, haben wir das 1,5-Grad-Ziel mit Sicherheit verfehlt und betreten damit einen planetaren Hochrisikobereich. 🧵1/9
1,5 Grad ist kein beliebiges Klimaziel, um bei Industrienationen transformativen Stress auszulösen. Sie wurden im Pariser Klimaabkommen festgelegt, um zu vermeiden, dass Kipppunkt-Elemente in den Erdsystemen irreversibel überschritten werden.
Der IPCC-Bericht zeigt: Um 1,5 Grad einzuhalten, brauchen wir ein Wunder, denn die aktuellen politischen und wirtschaftlichen Klimaziele bestehen den Realitätstest nicht.
Treibhauspost wird 2!
Wir wünschen uns zum Geburtstag nicht weniger als 1.000 neue Leser*innen.
Unsere Aktion: Für jedes neue Abo fischen wir heute 1 kg Plastik aus verschmutzten Flüssen! 🧵1/7
Unser konstruktiver Klima-Journalismus feiert diese Woche Geburtstag. 🎉
Für alle, die Treibhauspost noch nicht kennen: Alle zwei Wochen verschicken wir Lösungen für weniger CO2 und mehr Klimagerechtigkeit per Newsletter.
Zu unserem 2. Jubiläum starten wir zusammen mit dem Kölner Sozialunternehmen Plastic Fischer eine Geburtstags-Aktion:
Für jedes neue Treibhauspost-Abo angeln die Plastic Fischer ein Kilo Müll aus verschmutzten Flüssen in Indien und Indonesien.
Klimagerechtigkeit geht nur ohne Patriarchat. Deshalb führt kein Weg an feministischen Lösungen vorbei.
Ein Thread, warum viele Ursachen der Klimakrise männlich sind: 🧵1/10
In patriarchalen Strukturen werden Konzepte wie Aggression, Dominanz und Selbstüberschätzung belohnt, obwohl sie unterm Strich allen schaden. Insbesondere leider darunter Frauen, Kinder, Menschen im globalen Süden und die Natur.
Auch in Deutschland genießen Männer immer noch eine systematisch bevorzugte Stellung. Wir sind weit davon entfernt, die Bedürfnisse und Ansichten von männlichen und nicht-männlichen Personen im gleichen Maße in der Politik abzubilden…
Wir werden das mit dem Klima erst lösen, wenn wir lernen, angemessen darüber zu sprechen. Mit Worten wie "Temperaturrekorde", "Klimaschutzkosten" oder "Klimawandel" verharmlosen wir die Situation und zementieren den Status Quo. Ein kleiner Thread über unsere Sprache: 🧵
Sprache ist mehr als nur ein Werkzeug, um uns auszudrücken. Sprache formt unser Bewusstsein und definiert das Denkbare. Wenn wir beim Klima irreführende Worte nutzen, spielen wir denen in die Hände, die von einer ungerechten Welt und von einem "Weiter so" profitieren.
Das gilt besonders für die Begriffe, mit denen wir beschreiben, was die Menschheit gerade mit dem Planeten anstellt: "Erderwärmung", "Klimawandel" oder doch lieber "Klimakrise"? Was ist denn nun eine angemessene Bezeichnung für die größte Herausforderung unserer Zeit?
Die 1,5-Grad-Grenze und damit vier Klima-Kipppunkte werden aller Voraussicht nach überschritten.
Diese bittere Erkenntnis kann jedoch den Wendepunkt im Kampf gegen die Klimakrise bedeuten. Warum? 1/13🧵
Im Pariser Klimaabkommen heißt es, dass der globale Temperaturanstieg auf möglichst 1,5 Grad begrenzt werden soll.
Allein durch die aktuellen politischen Entwicklungen ist der 1,5-Grad-Pfad, wie im letzten IPCC Bericht beschrieben, allerdings nicht mehr realisierbar.
Der Umkehrschluss lautet also: Das Pariser Klimaabkommen ist teilgescheitert.
Einige sagen nun, man solle ein neues, noch erreichbares Ziel in den Fokus rücken. Naheliegend wäre das 2-Grad-Ziel. Noch „näherliegend“ wären 1,6 Grad (oder sogar 1,51 Grad).
Wir haben @Luisamneubauer gefragt, warum sich der Kampf für Klimagerechtigkeit immer lohnen wird.
Ihre sehr persönliche Antwort ist einen kurzen Thread wert: 🧵1/10
Luisa Neubauer: Der Kampf für Klimagerechtigkeit ist kein Versprechen, dass am Ende alles gut wird. Aber er ist ein Versprechen, dass wir an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit waren, wenn wir zurückgucken.
Wir wissen, dass wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen, soweit wir das können. Diese Gewissheit ist in heutigen Zeiten etwas wahnsinnig Wertvolles.