Gestern in der #srfarena wurden wieder diverse Falschaussagen zu Bankrisiken gemacht, u.a. der klassische Denkfehler, dass mehr Eigenkapital Bankruns verhindern kann. Ich habe dies in verschiedenen Tweets schon thematisiert, starte aber nochmals einen Versuch. Ausgangslage ist...
die vereinfachte Bilanz einer Bank. Damit kann man die Situation von Banken mit "viel" und "wenig" Eigenkapital analysieren. Unten gehe ich davon aus, dass ausser Eigenkapital sich die Proportionen in den Bilanzen nicht unterscheiden. Das hat zur Konsequenz, dass eine "gut...
kapitalisierte" Bank unweigerlich eine grössere Bilanz ist. Das macht bankenbetriebswirtschaftlich Sinn, denn mehr Eigenkapital = mehr Risikokapital, sprich mehr Risiken absolut gesehen. Darum erhöhte man in der Bankenregulation nach 2008 nicht nur die Eigenkapitalanforderungen..
sondern führte auch eine "Leverage Ratio" ein, welche die Bankenbilanzgrösse insgesamt verkleinert (mit der Folge, dass Bilanzen der CH Grossbanken ab 2008 bedeutend kleiner blieben).
Mehr Eigenkapital schützt eine Bank vor Verlusten auf Positionen in den Aktiven. Das war 2008...
das grosse Thema. Unten die Folge grosser Verluste für eine schwach kapitalisierte Bank.
Besser kapitalisierte Banken hingegen können grössere Verluste stemmen, siehe Grafik im nächsten Tweet...
Das ist alles gut und recht, hat aber nichts mit einem Bankenrun zu tun, bei dem es um pötzlich auftretende, und grosse Abzüge von Kundeneinlagen geht. Die Bedrohung in einer solchen Situation für eine Bank ist nicht "Bankrott", sondern dass sie nicht die notwendige Liquidität...
aufbieten kann, um die Kundengelderabzüge zu finanzieren. Somit spielt Eigenkapital keine resp. nur eine sehr untergeordnete Rolle (Signaling Funktion, Rolle in Ratios welche als Restriktionen auf die Struktur der Bankenbilanz wirken).
Der Denkfehler, dem meiner Meinung nach viele Poltiker und selbst Ökonomen unterliegt, ist, dass Eigenkapital nicht ein "Kässeli" ist, aus dem im Bedarfsfall Mittel bezogen werden können. Zusätzliches Eigenkapital fliesst in die Geschäftstätigkeiten einer Bank ein, sprich
wird in Aktivpositionen angelegt. Das Problem in Bankrun Situationen ist aber der Mismatch zwischen Aktiven und Kundeneinlagen, nicht die Höhe von Aktiv. und Passivpositionen an sich. Kurz: nur mehr Eigenkapital schützt nicht vor Bankruns.
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Als Ökonom habe ich es mir abgewöhnt, in simplen kausalen Ketten ("Ursache-Wirkung") zu denken. Ich denke Transmissionsprozesse. Die Probleme der UK PKs , Kollapse schwacher Banken und jetzt vermehrte Anzeichen in der Realwirtschaft sind alles Folgen geldpolitischer Weichen...
stellungen 2022. Diese Folgen werden sich auch gegenseitig zu beeinflussen beginnen (Hypoaktivitäten beeinflussen das Bankengeschäft zB).
Die in der Finanzwelt in letzer Zeit oft geäusserte Vorstellung, dass man in Sachen Inflation schon "über den Berg" sei, ist eine Illusion.
Selbst wenn jetzt Inflationswerte langsam zu sinken beginnen (der Inflations*trend* tut es noch nicht wirklich), werden uns die dadurch ausgelösten Anpassungsprozesse noch lange beschäftigen. Eine der grössten Probleme von Inflation sind durch die ausgelöste Fehlentwicklungen...
Das Interesse an meinen Illustrationen hat mich dazu bewegt, ein paar wichtige Aspekte zum Thema Typologie von Banken zusammenzustellen. Dies ist wichtig iZm "Trennbankensystem" und den in der CH dominanten "Universalbanken".
Auch ansehen bei diesen Diskussionen muss man die...
Geschichte der Banken und deren Regulation. Trennbankensystem zB gab es in der US, aber auch diese haben nicht Bankenkrisen verhindern können. Die moderne internationale Bankenregulation (Basel Standard, BIS), der auf Risiken abstellt und nicht "Labels"...
und vergangenheitsorientierten Buchaltungsaspekten, machte starre & mechanistische Trennsysteme eigentlich absolet.
Aber Basel IV ist nicht perfekt; bin der letzte, der das behaupten würde.