Pflegeherz Profile picture
May 13 28 tweets 5 min read Twitter logo Read on Twitter
1/1 Aus der Sicht einer Wissenschaftlerin sicher verständlich. Aus der Sicht von Betroffenen und deren Angehörigen allerdings eine Katastrophe. Ich bin schon lange der Meinung, Long/Post Covid Betroffene nehmen dasselbe Schicksal wie ME/CFS Betroffene. Bitter ist das...
2/1 Wie sich das aus Sicht von Betroffenen und deren Angehörigen anfühlt?
Da sind Menschen unterschiedlichen Alters, die ein Leben vor dem Infekt geführt haben, Träume hatten und selbst in späteren Lebensjahren noch Ziele vor Augen hatten.
3/1 Nicht wenige davon haben sich während der Arbeit infiziert, weil relevant viele Betriebe Schutzmaßnahmen, wenn überhaupt, nur sehr rudimentär eingehalten und ebenso inkonsequent kontrolliert haben.
4/1 Ich war selbst 1 1/2 Jahre Coro-Tester und habe da in Abgründe geblickt. Das begann bei einfachsten Hygienemaßnahmen, für die einfache Haushaltsreiniger als ausreichend deklariert wurden, und endete dort, wo MNS nur getragen wurden, wenn Vorgesetzte in der Nähe waren.
5/1 In vielen Bereichen, beispielsweise in der Behindertenpflege, waren und sind Beschäftigte einem extremen Risiko ausgesetzt. BewohnerInnen akzeptieren überhaupt keine Schutzmaßnahmen. Sie halten auch keinen Abstand ein usw.
6/1 Man sieht das alles und sieht auch die besondere Gefährdung der Beschäftigten. Man führt verzweifelte Kämpfe mit Vorgesetzten und Geschäftsführungen, die das alles müde ablächeln und sich selbst nicht ausreichend daran halten.
7/1 Sich insbesondere in diesen Bereichen zu infizieren, ist vorprogrammiert. Und entsprechend viele hat es getroffen. Ist das passiert, beginnt der nächste Spießrutenlauf. In der Regel weisen solche Betriebe die Schuld weit von sich.
8/1 Sie behaupten treuherzig, Betroffene hätten sich eben privat infiziert und müssen jetzt schauen wie sie durch die Zeit kommen. Der nächste Spießrutenlauf ist der Gang durch die medizinische Versorgung.
9/1 Meine Sicht der Dinge? Relevant vielen MedizinerInnen fehlt das nötige Wissen und Interesse, sich mit eher ungeliebten Erkrankungen zu beschäftigen, überhaupt Wissen dazu anzulesen. Sie haben ihr Programm und ziehen es durch.
10/1 Passen Symptome nicht dort hinein, wird das als irgendwie psychisch/psychosomatisch abgefertigt. Diagnosen wie G93.3 und U09.9 müssen regelrecht erkämpft werden.
11/1 Relevant oft wird der Long/Post Covid Status als "nicht näher bezeichnete Erkrankung der oberen Atemwege - ICD10 Schlüssel J06.9 - sowie Depression - ICD10 F32.9 - abgeurteilt. Gelegentlich auch als Anpassungsstörung - F43.0.
12/1 Wen wundert es da, wenn Krankenkassen nach ihren Analysen auf die Idee kommen zu sagen, F Diagnosen korrelieren mit J Diagnosen, was auffällig ist. Leider weiß ich viel zu genau wie Krankenkassen Analysen fahren:

dak.de/dak/gesundheit…
13/1 In meiner Zeit als Projektmitarbeiter einer KK programmierte ich unter anderem solche Analysewerkzeuge in Access Basic. Seitens der KK werden also offenbar ganz andere Rückschlüsse gezogen, weil sie nur das auswerten können, was ihnen geliefert wird.
14/1 Auf der Betroffenenseite steht ein Mensch der zuschauen kann, wie er wöchentlich weniger wird. Relevant oft schließt sich LC auch PEM an. Betroffene stehen also morgens vor der Entscheidung, waschen sie sich die Haare, oder gehen sie nachmittags spazieren. Mehr geht nicht.
15/1 Nicht, weil sie faul sind oder psychisch neben der Spur, sondern weil sie körperlich dazu nicht in der Lage sind. Mit beginnendem Crash verstärken sich Schmerzen, kognitive Störungen,
16/1 neurologische Symptome wie Gangunsicherheit und ein Bewegungsbild entwickeln sich, die an Chorea Huntington erinnern. Belächelt von oft scheinbar ahnungslosen HausärztInnen und selbst Neurologen.
17/1 Man erlebt das tatsächlich, dass sie die Nutzung eines Rollators regelrecht mitleidig bis verdeckt spöttisch belächeln, weil auch sie starr in ihrem Diagnostikschema wohl gefangen sind.
18/1 Für Angehörige der Betroffenen ist das schon allein menschenverachtend, mit ansehen zu müssen wie ein Mensch immer weniger wird, und andererseits auf taube Ohren stoßen, weil sie über eine Erkrankung sprechen möchten, die nicht sein darf.
19/1 Das alles ist jetzt noch harmlos, charmant formuliert. Was das wirklich bedeutet, lässt sich mit anständigen Worten wohl nicht beschreiben.
20/1 Ich bin dankbar für den gestrigen #MEAwarenessDay. Aber ich bin viel zu erfahren um nicht zu wissen, das ist ein Strohfeuer, das schnell wieder erlöschen wird. ME/CFS Betroffene machen das seit Jahrzehnten mit.

21/1 Dankbar bin ich auch MedizinerInnen wie @C_Scheibenbogen, Psychologen und Psychotherapeuten wie @GrandeBettina , Neurologen wie @neurostingl und der Schweizer Neurologin M. Strasser, die stetig neue Erkenntnisse in die Öffentlichkeit bringen und Betroffenen damit beistehen.
22/1 Eine Pandemie hat erst ihr Ende erreicht, wenn auch die Folgen der Pandemie zumindest abgeflacht worden sind und die Versorgung der Betroffenen zumindest in materieller Sicht gesichert ist. Beides kann ich derzeit leider nicht einmal ansatzweise erkennen.
23/1 Ist das nicht bitter, wenn man solche Worte selbst als Profi mit jahrzehntelanger Berufserfahrung sagen muss? Man mag sich gar nicht vorstellen wie es denen ergeht, denen med. Wissen fehlt und die auch nicht über genügend Beistand verfügen.
24/1 Das passt nicht zu einem Land, das als eines der reichsten Staaten der Erde gilt...
25/1 Und auch das: Wenn mir vor 10 Jahren jemand erzählt hätte, Deutschland würde sich so entwickeln, hätte ich das nicht geglaubt. Völlig unvorstellbar, dass tausende und abertausende Betroffene derart ungebremst vor die Wand gefahren werden;
26/1 dass Politik, Medizin und große Teile der Bevölkerung derart rücksichtslos für persönliche Freiheit alles ignoriert und negiert; dass MedizinerInnen sich Klein-Klein Kriege ob Deutungshoheit liefern und öffentlich austragen, und vieles mehr.
27/1 Eigentlich dachte ich immer, zumindest die Profis unter uns halten zusammen und kämpfen für und mit denen, die krank, schwächer und weniger durchsetzungsfähig sind. Die gesamte Situation bringt gerade meine Urfesten bis auf die Grundmauern durcheinander...
28/1 Ein paar Worte noch...
Was mich erschüttert? Zur Zeit meines alten Profils hier (20/21/22) war die MediBubble sowas wie eine eingeschworene Gemeinschaft. Wir haben gemeinsam für Betroffene informiert und gekämpft. Das hat sich alles unschön verändert. Jede(r) gegen Jede(n).

• • •

Missing some Tweet in this thread? You can try to force a refresh
 

Keep Current with Pflegeherz

Pflegeherz Profile picture

Stay in touch and get notified when new unrolls are available from this author!

Read all threads

This Thread may be Removed Anytime!

PDF

Twitter may remove this content at anytime! Save it as PDF for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video
  1. Follow @ThreadReaderApp to mention us!

  2. From a Twitter thread mention us with a keyword "unroll"
@threadreaderapp unroll

Practice here first or read more on our help page!

More from @Pflegeherz12

May 14
1/1 Servicetweet Begrifflichkeiten!
Der Vorwurf, die UnterstützerInnen der ME/CFS und Long/Post Covid Betroffenen würden psychosomatisch erkrankte Menschen wie Dreck behandeln und negieren, ist hanebüchen. Um das Rad nicht ständig neu erfinden zu müssen, hier ein Servicetweet!
2/1 Nahezu jede Unpässlichkeit oder Erkrankung berührt die somatische wie psychische/psychosomatische Seite. Wichtig ist daher die exakte Anamnese, um genau diese beiden Punkte zu unterscheiden. Das ist elementar wichtig für die weitere Betreuung.
3/1 Darüber hinaus sind psychische/psychosomatische Erkrankung nicht besser oder schlechter als somatische Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Fraktur. DAS war, ist und bleibt die Auffassung der Fachwelt! Was ein Teil der Gesellschaft daraus macht, wissen wir alle!
Read 15 tweets
May 14
1/1 Nahtlos an einem hier weiter unten noch genannten Tweet schließt sich eine weitere Studie an, die ebenfalls Hinweise über biochemische Fehlregulation, mitochondriale Dysfunktion und gestörten Energiestoffwechsel gibt:

2/1 Link zur Studie, die zwar derzeit noch als Preprint veröffentlicht wurde und vom wissenschaftlichen Kollektiv noch nicht kommentiert wurde, die Hinweise sind aber deutlich:

medrxiv.org/content/10.110…
3/1 Ein hier ebenfalls bereits geteilter Tweet zeigt weitere organische Störungen auf: „ Covid ist NICHT und war nie nur eine Erkältung. Es schädigt unsere Blutgefäße und erhöht das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle u.a. kardiovaskuläre Erkrankungen.“
Read 10 tweets
May 13
1/1 "Werter" Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP): Sie möchten respektiert und ernst genommen werden?
Gott sei Dank sagen erfahrene Experten wie @C_Scheibenbogen oder auch @GrandeBettina exakt, was es ist: Eine komplexe neuroimmunologische Erkrankung!
2/1 Ihren Worten nach zu urteilen, haben Sie sich offenbar nicht einmal ansatzweise mit dem Krankheitsbild beschäftigt. Anderenfalls sind Ihre Aussagen max. als Marketingaussagen zu verstehen, die keiner Fachlichkeit stand halten und beschämend sind!
3/1 Es wird nicht besser damit, wenn überholte Ansätze und falschen Annahmen immer wieder neu wiederholt werden. Fortbildung hierzu:

Read 6 tweets
May 12
1/1 Heute ist ja #MEAwarenessDay.
Mein Mitgefühl gilt den Betroffenen, die seit Jahren und Jahrzehnten kaum Beachtung finden, für die es kaum kausale Therapien gibt, obwohl die Erkrankung seit 1969 von der WHO anerkannt wurde.

Eine Lanze breche ich aber auch für Pflegekräfte! Image
2/1 Weltweit sind 115.000 Ärzte/Pflegekräfte an Covid-19 gestorben. Stand Ende 2021. Sie haben Kranke versorgt, obwohl sie selbst nicht geschützt waren. Danach wurde gar nicht mehr weiter gezählt.

3/1 Als das Anfang 2020 explodierte, saßen nicht wenige von uns an Nähmaschinen, nachdem wir mühsam Meltdown Vlies und Haltegummis organisiert hatten. Wir nähten anfangs unseren MNS selbst, weil keine verfügbar waren.
Read 14 tweets
May 12
1/1 Erfahrungsbericht - Telefonat mit einer Rehaklinik!
Betreffender Fall: Betroffener im Long/Post Covid/CFS Zustand nach SARS-CoV-2 Infekt, PEM, max. 10 Minuten kognitiv belastbar. Erhielt am 11.05.23 Aufforderung zum Rehaantritt am 16.05.2023 - psychosomatisch natürlich.
2/1 Dazu erhielt er einen 30 Seiten langen, eng beschriebenen Fragebogen zur kompletten Familienanamnese, die er bitteschön VOR Beginn der Reha der Klinik auszuhändigen hat.
3/1 Die Rehaklinik rechtfertig das mit dem Druck, der von Krankenkassen und DRV ausgeübt wird. Sie seien mehr oder minder gezwungen, Termine möglichst engmaschig zu vergeben! Zudem gäbe es enge Vorgaben, was im Rehabericht zu stehen habe.
Read 10 tweets
May 11
1/1 Hinweis in eigener Sache!
Accounts mit einem blauen Herzen sind für mich bereits das erste Indiz für Nähe zur AfD. Ein kurzer Blick in die Timeline reicht dann meistens, um exakt das zu sagen und direkt danach zu blocken:
2/1 "Ein kurzer Blick in Ihre Timeline reicht bereits um zu sagen, Sie erfüllen alle Voraussetzungen für den Block. Da dürfen Sie dann gern ihre Ergüsse mit Gleichgesinnten teilen, hier hat das nichts zu suchen."
3/1 War deutlich, nicht wahr?
Das ist sozusagen ein Textbaustein, der künftig vor dem Block immer dann verwendet wird, wenn hier Leute aus der Coronaleugnerszene, Wissenschaftsschwurbler, Telegram-"Akademiker", Youtube Studenten und andere Trolle aufschlagen.
Read 5 tweets

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just two indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3/month or $30/year) and get exclusive features!

Become Premium

Don't want to be a Premium member but still want to support us?

Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal

Or Donate anonymously using crypto!

Ethereum

0xfe58350B80634f60Fa6Dc149a72b4DFbc17D341E copy

Bitcoin

3ATGMxNzCUFzxpMCHL5sWSt4DVtS8UqXpi copy

Thank you for your support!

Follow Us on Twitter!

:(