Ich bin eine Frau, fand Rammstein schon immer furchtbar und habe mich entsprechend mit denen nie beschäftigt, auch nicht mit Till Lindemann.
Was man jetzt lesen kann, ist widerlich.
Aber.
Ich hatte nie große Angst vor Männern, aber ich bewege mich in vielen Situationen auch vorsichtig, hatte aber trotzdem schon mal k.o.-Tropfen im Glas. Ich lebe auch damit, dass man irgendwo im Hinterkopf vor Männern Angst haben muss.
Dieses Phänomen in unserem angeblich aufgeklärten Zeitalter ist verstörend, zumal sich offensichtlich daran nichts ändert. Woran das liegt, ist weiterhin dringend zu erforschen und zu verbessern, denn das hat, anders als Alice Schwarzer es sieht, nie damit zu tun, dass sich das
weibliche Opfer falsch verhalten hat.
Diese ganze Sache ist ein Überbau der Lindemann-Sache, hat aber im konkreten Fall erstmal nichts damit zu tun.
Ich bin keine Juristin, nur eine medizinische Gutachterin, aber ich möchte trotzdem etwas dazu sagen, denn einige Punkte sind
meines Erachtens wichtig.
Wenn ich ein Gutachten erstelle, lese ich schnell drüber und habe sofort eine Meinung dazu. Dagegen kann man nichts machen, denn Emotionen gehen eben ganz schnell und sortieren vor.
Diese Emotionen haben aber nichts mit dem eigentlichen Sachverhalt zu
tun.
Sie kommen zu schnell, sind oft unsachlich, und man darf nie in die Gefahr geraten, ihnen zu trauen. Es ist meine Sorgfaltspflicht, in vollkommen pedantischer Manier alles zu sichten, was es an Informationen gibt, um dann konkrete Fragestellungen zu beantworten.
Es wäre eine Katastrophe, wenn ich Entscheidungen aufgrund eines Bauchgefühls treffen würde. Das geht bei meinen Gutachten nicht, und noch viel weniger geht es, wenn es um juristische Sachverhalte geht.
Im Moment wird in Social Media unkonkretes, diffuses Sichten irgendwelcher
Informationen betrieben, und entsprechend ist die Reaktion hochemotional und ungenau.
Das ist gefährlich. Im Netz ist es Stimmungsmache (die selbstverständlich auch Menschen zerstören kann), im echten Leben, ie im juristischen Bereich, darf das nicht vorkommen.
Rein emotional würde ich sofort beipflichten, dass der Unsympath Lindemann bestimmt junge Frauen missbraucht hat und würde mir sofortige Gerechtigkeit wünschen.
Ganz konkret weiß ich annähernd nichts über diese Vorfälle. Anschuldigungen im Internet, so plausibel sie mir er-
scheinen mögen, dürfen niemals ein Grund für irgendwelche Bestrafungen sein (sind sie auch nicht). Und auch von mir abgrundtief verachtete Menschen haben Rechtsmittel zur Verfügung, die sie benutzen dürfen.
Und Menschen, die solche Meinungen wie ich jetzt äußern, sind auch
nicht automatisch „rechts“ oder nehmen irgendwen in Schutz.
Wahrscheinlich ist es nicht zu erreichen, aber ich möchte gerne daran erinnern, dass man nach der ersten Emotion am besten einen Schritt zurückgeht und sehr nerdig danach guckt, was für
Informationen man hat, welche Sachverhalte man kennt, und ob man sich damit überhaupt ein Urteil erlauben kann.
Das gilt nicht nur fürs Netz, sondern auch fürs richtige Leben.
Ein weiteres Problem ist mE, dass juristische Vorgehensweisen den meisten Menschen nicht bekannt sind
(mir auch nicht), und dass man nicht sofort ausrasten muss, wenn einem auf den ersten Blick wieder irgendwas ganz ungerecht erscheint.
Ich bin sehr froh, dass wir ein Rechtssystem haben, das völlig anders funktioniert als das, was wir an diffuser Meinungsbildung in
Social Media sehen.
Und trotz allem hege ich keinerlei Sympathien für Rammstein und viel Sympathie für die betroffenen Frauen.
Das ist aber vollkommen irrelevant.
Zum Glück.
Schalte stumm, Schwägerin ist wegen der ganzen toten Familienmitglieder da. Arbeitet Euch nicht zu sehr ab.
Schönen Abend!
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Malen ist schon immer teuer, weil das Material teuer ist.Gute Ölfarbe kostet pro Tube 15 Euro. Mit einem gut ausgestatten Kasten für 200 Euro kommt man gut hin, wenn man alle paar Wochen mal im DIN-A-4-Fornat malt.Das mache ich aber gar nicht, ich male in
produktiven Phasen pro Woche 3 Bilder im Format 80x100 oder so. Leinwände kosten zwischen 40 und weit über 100 Euro, wenn man die großen Formate nimmt. Dazu noch Öle, Pinsel, Pinselreiniger, Lappen, Schutzkleidung, Firnis. Dazu alles, was nicht Ölfarbe ist, Tusche, Acryl,
Sachen zum Zeichnen, Malmedien, Firnis. Dann muss das alles noch verschickt werden, also Verpackungsmaterial. Kartons, Klebebänder, Füllmaterial, Seidenpapier, Karten, Umschläge. Damit ich das verkaufen kann, habe ich eine Website, die im Jahr irgendwas über 300 Euro kostet
Mir ist das mal in einer Szenebar in Hamburg passiert. War kurz zur Toilette, Freundin von mir saß neben unseren Getränken an der Bar, aber es war unmenschlich voll. Habe den einen Gin Fizz getrunken, da war ich jung und nicht schnell
betrunken. War nach einer Weile völlig neben der Spur und habe ihr gesagt, ich würde kurz rausgehen. Sie war sauer, warum ich mich so besaufen würde. Habe ihr gesagt, dass dies hier das einzige Getränk war. Bin torkelnd durch das ewig lange Treppenhaus gewankt und wollte
sie von vor der Tür anrufen, wusste aber nicht, wie sie heißt (langjährige Freundin und Kollegin). Habe meinen Freund zuhause angerufen um zu fragen, wie die heißt, mit der ich unterwegs bin. Er hat gefragt, wie ich es geschafft hätte, in so kurzer Zeit so betrunken zu sein.
Ich werde diesen Account stilllegen und ggf. deaktivieren.
Zu den Gründen:
Ich bin mein ganzes Leben schwer chronisch krank, werde nicht mehr gesund werden, aber komme damit mal besser, mal schlechter zurecht.
Vor diesem Hintergrund, aber auch aufgrund meines Verständnisses des Arztberufs, habe ich einen Thread über den
immer zu beachtenden Zusammenhang zwischen Körper und Hirn geschrieben. Mehr nicht.
Daraufhin hat hier eine völlig unverständliche Hass- und Hetzkampagne angefangen.
Wir erleben hier sehr viel „Pat wurde sofort auf die PSYCHOSCHIENE geschoben und hatte am Ende 47 Operationen und ist jetzt geheilt“.
Wir hören hier nie von denen, die jahrelang durch die Somatik gereicht werden, weil das ja viel einfacher ist und nicht so Psycho-unangenehm. 🧵
Ich habe das hier schon mehrfach geschrieben, weil es mir sehr am Herzen liegt. Der ganze Körper kann jederzeit irgendwo krank sein und eine Behandlung benötigen. Es existiert keine Grenze zwischen dem Körper und dem Kopf. Es ist sogar umgekehrt, der Körper und das Gehirn
stehen permanent miteinander in Kontakt, anders könnten wir gar nicht leben.
Wir kennen sie alle, PatientInnen, die etwas haben, von dem wir noch nicht wissen, was es ist. Natürlich wird man den Körper (und in aller Regel nicht zuerst das Gehirn) untersuchen und alles ab-
9/22 stellt sich die knapp 60jährige Patientin mit fluktuierender Heiserkeit und einer sehr schlechten stimmlichen Belastbarkeit vor. Kein Rauchen, kein Sprechberuf.
Lupenlaryngoskopisch ist der hintere Kehlkopfbereich geschwollen und
gerötet (häufig Refluxproblem), im vorderen Stimmlippenbereich finden sich erhebliche Verdickungen/beginnende Knötchen, der Stimmlippenschluss ist nicht vollständig, die Stimme „kiekst“ und ist rauh und etwas verhaucht.
Anamnestisch besteht ein bekannter Reflux, eine Therapie mit Pantoprazol hat sie vor Monaten abgebrochen, weil es „nichts bringt“.
Ich habe ihr zur Wiederaufnahme der Säureblockertherapie geraten, von einer operativen Therapie der Veränderungen im vorderen Drittel ab-
Patient Mitte 30, keine Vorerkrankungen, einmalig Depression in der Vorgeschichte. Covid19-Infektion vor 9 Monaten, anamnestisch seitdem geringe Belastbarkeit, hohe Tagesmüdigkeit, nach Belastungen lange Phasen mit noch schlechterer Belastbarkeit.
Wird beim Hausarzt vorstellig, Verdachtsdiagnose Long Covid. Hausarzt meldet ihn in einer LC-Ambulanz an, Wartezeit ewig. Hausarzt fängt aber parallel an, schon mal weiter abzuklären. Der Neurologe findet nichts Auffälliges, aber empfiehlt ein OSAS-Screening. Der Patient
ist klinisch kein typischer OSAS-Patient, schnarcht gelegentlich nach Alkohol und hatte auch fremdanamnestisch nie Aussetzer. Ich habe da nichts erwartet.
In der Polygraphie zeigte sich ein AHI von 15, habe ihn dann ins Schlaflabor geschickt. Hier etwas höheres Ergebnis,