Was hat die zurückgehende Eisfläche der #Antarktis mit dem 10 DM Schein zu tun?
Im Bezug auf #Klima|themen wie Temperaturen und Eisflächen liest man in letzer Zeit über 4 oder 6 #sigma Events. Was ist das genau?
#Wissenschaftskommunikation
(unterstützt von @BernhardWerner)
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Auf dem 10 DM Schein ist Carl Friedrich Gauss zu sehen. Aber nicht nur das, sondern auch eine sogenannte Normalverteilung
Die Normalverteilung, auch als Gauss-Funktion oder Glockenkurve, ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die viele Phänomene der Natur modellieren kann
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Wir können also zB viele Jahre die Ausdehnung der antarktischen Eisfläche messen und dann bilden wir aus diesen ganzen Werten einen Mittelwert
Die Werte um den Mittelwert kommen am häufigsten vor
Gut. Natürlich ist die Größe der Eisfläche nicht konstant sondern schwankt
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Wenn man jetzt genügend Messwerte hat, bekommt eine Verteilung, also für jeden Wert der Eisfläche eine Häufigkeit für deren Vorkommen.
Man trägt dabei die Eisfläche auf der horizontalen x-Achse und die dazugehörige Wahrscheinlichkeit auf der y-Achse auf.
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In vielen messbaren Systemen erhält man (annähernd) eine Normalverteilung, für die Gauss eine mathematische Beschreibung gefunden hat.
Der Clou: Man kann jetzt Abweichungen vom Mittelwert mit bestimmten Kennzahlen charakteriseren.
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So gibt es zB die #Standardabweichung, oft mit dem griechischen Buchstaben #sigma (σ) bezeichnet, die man mit Hilfe der Gleichungen von Gauss berechenen kann.
Das sind durchschnittliche Abweichungen vom Mittelwert nach links und rechts.
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Hat man die Verteilungsfunktion und kennt die Standardabweichung kann man folgendes sagen:
Knapp 68,3% aller gemessenen Wert der Eisfläche liegen im Bereich des Mittelwert +/- 1 Standardabweichung sigma
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So kann man weiter machen:
Knapp 95,5% aller gemessenen Wert der Eisfläche liegen im Bereich des Mittelwert +/- 2 Standardabweichung sigma
und weiter
Knapp 99,7% aller gemessenen Wert der Eisfläche liegen im Bereich des Mittelwert +/- 3 Standardabweichung sigma
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Man kann es auch andersherum betrachten
Außerhalb des Bereichs +/- 1 Standardabweichung sigma um den Mittelwert liegen 100%-68,3%, also 31,7% aller Messwerte
Außerhalb des Bereichs +/- 3 Standardabweichung sigma um den Mittelwert liegen 100%-99,7%, also 0,3% aller Messwerte
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Hier kommen wir zunächst zu den Temperaturen.
Misst man über einen langen Zeitraum die Temperatur auf dem Land, kann man eine Normalverteilung aufstellen, mit einem Mittelwert und dazugehörigen charakteristischen Größen wie der Standardabweichung
Die Mittelung ist hier etwas komplizierter, weil die Basis nicht nur eine, sondern viele Verteilungen für kleinere Zeiträume sind.
Der Einfachheit halber aber mal so betrachet, als hätten wir eine Verteilung und wir schauen uns dann die folgenden Jahre an.
11/22
Jetzt schaut man an, auf wieviel Prozent der Landfläche bestimmte Temperaturen auftreten.
Für Temperaturen auf der Grenze Mittelwert +1 Standardabweichung sigma sieht man, dass diese Abweichung auf immer mehr, ca. 60% der Landfläche auftritt.
12/22
Wir wissen jetzt auch schon, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass Temperaturen, die jenseits der 2 oder 3 sigma Grenze liegen, überhaupt auftreten.
Aber auch diese Temperaturen, die also früher extrem selten waren, treten nun auf immer mehr Landfläche auf.
13/22
Zum Bsp treten nun über 3 sigma abweichende Temperaturen auf 10% der Landfläche auf
Abweichung über 4 sigma, was bedeutet, dass nur 0,0063% der Messwerte außerhalb dieses Bereichs um den Mittelwert vorkommen, sind lange Zeit entsprechend praktisch gar nicht vorgekommen
14/22
Das dürfte bisher eher ein rein theoretisch und eben sehr unwahrscheinlich auftretender Temperaturbereich gewesen sein, der vielleicht nur ein Resultat der mathematischen Darstellung als Normalverteilung ist, aber so nie direkt gemessen wurde.
15/22
Leider sieht man auch diese Temperaturen nun wirklich auftreten. Bisher auf ca. 3% der Landfläche, Tendenz steigend.
Das sind also, etwas vereinfacht, 4 sigma Events bezüglich der Temperatur.
Aktuell sieht man auch solche Darstellungen für die antarktische Eisfläche
In den letzten knapp 30 Jahren lagen die Abweichungen um den Mittelwert der Eisfläche im Bereich +/- 3 Standardabweichungen, wobei größere Abweichungen mit der Zeit zunehmen
Dramatisch an dieser Abbildung ist die Abweichung in diesem Jahr. Dort sieht man eine Abweichung nach unten um 6 Standardabweichungen.
Der Vergleich ist etwas schräg, aber: Es ist wahrscheinlicher im #Lotto zu gewinnen, als dass man so eine Abweichung vom Mittelwert sieht
18/22
Basierend auf dieser Abweichung vom Mittelwert nennt der Tweetautor es auch einen 6-sigma-Event bzw ein 1-Mal-in-7,5 Mio.-Jahren-Event.
Es ist statistisch gesehen einfach praktisch unmöglich, dass das passiert.
Doch es passiert.
Genau jetzt.
In der #Antarktis.
19/22
@BernhardWerner hat für mich das mit der Mathematik etwas glatt gebügelt.
Folgt auch seinem anderem #WissKomm Account @SumAndProduct mit coolem Content (Wirklich! Er gewinnt Preise damit, es lohnt sich ;-) ) und checkt seinen #Youtube Kanal aus!
Dies zum vereinfachten mathematischen Hintergrund der #Normalverteilung und der #Standardabweichung, was das mit dem 10 DM Schein, Lottospielen, der #Antarktis und dem #Klimawandel zu tun hat.
Im Zusammenhang mit der großen #Hitze in Teilen der #USA gibt es dort aktuell Diskussionen über die sogenannte #WetBulbTemperature.
Was ist das? Was hat es mit dem #Klimawandel und dem #Hitzeschutzplan zu tun?
Ich versuche dies in diesem Thread zu klären.
#WissKomm
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Zunächst mal: Ich habe deutsche Accounts of #TikTok gesehen, die offensichtlich einfach #Wikipedia als Informationsbasis nutzen und die Übersetzung ist dort leider einfach falsch.
Die #WetBulbTemperature ist NICHT die #Kühlgrenztemperatur sondern die #Beharrungstemperatur.
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Was ist nun die #Beharrungstemperatur?
Dafür muss ich kurz über die #Luftfeuchtigkeit reden.
Die Luftfeuchtigkeit ist ein relatives Maß dafür, wieviel Wasserdampf in der Luft ist. Es setzt die tatsächliche Wasserdampfmenge mit der maximal möglichen Menge ins Verhältnis.
Im @DeutschesMuseum in München steht ein Replik der Bathysphäre (Druckkugel) Trieste. Ich zeige diese in meiner Vorlesung zum Thema hydrostatischer Druck.
Einsatztiefe bis ≈11.000 m, was in etwa 1100 bar Druck entspricht.
Der hydrostatische Druck, der auf die Kugel wirkt, ergibt sich dabei aus dem Produkt von der Wasserdichte (~1000 kg/m³), der Erdbeschleunigung (9,81 m/s²) und eben der Wassertiefe
In diesem Video zeige ich die physikalische Herleitung
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Gerundet ergibt sich zB für den Mariannengraben (10.910 m Tiefe) ein Druck von 110.000.000 Pascal bzw 1100 bar.
Das entspricht also in etwa 1100 mal dem Atmosphärendruck.
Entscheident ist nun, dass innerhalb des U Boots annähend eben dieser Atmosphärendruck vorliegt.
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Heute sind im Rahmen der @LNDWBerlin auch unsere @TUBerlin@tub_vt Labors in der Ackerstrasse in Wedding geöffnet.
Die Programmpunkte findet ihr in diesem Thread.
Schaut gerne vorbei.
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