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Aug 29 34 tweets 4 min read Twitter logo Read on Twitter
Warum ein schulisches Versorgungsangebot für chronisch kranke Kinder ein zwingender Aspekt von #Inklusion ist und warum alle Schüler*innen von einer #Schulkrankenschwester profitieren würden. Ein langer 🧵
Im Fokus der Debatte um schulische #Inklusion standen in den vergangenen Jahren bisher Schüler*innen mit Behinderungen, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufweisen.
Mit #Behinderung und Inklusion verbindet sich (bei Gegnern wie Befürwortern) oft ein ganz bestimmtes Bild von "Behinderung". Dieses Bild ( ) ist kaum in Vereinbarung mit der vielseitigen Realität von Behinderung & chronischer Erkrankung zu bringen.shutterstock.com/de/search/behi…
Ca. 16 % aller Kinder in Deutschland sind chronisch krank (Neuhauser & Poethko-Müller, 2014), fast 7% aller Kinder haben aufgrund chronischer Erkrankungen einen medizinischen Versorgungsbedarf. ()kiggs-studie.de/deutsch/home.h…
Weitaus dramatischer dürften sich die Zahlen bei Kindern mit Behinderungen im Sinne von SGB IX darstellen.
Es ist augenscheinlich, dass bei diesen Kindern in der wahrscheinlich überwiegenden Zahl der Fälle neben einem eventuell gegebenen sonderpädagogischen Förderbedarf auch ein Bedarf an medizinischer Versorgung besteht.
Es ist offensichtlich, dass schulische #Inklusion nur dann funktionieren kann, wenn die medizinischen Bedarfe dieser Kinder an den Schulen adressiert werden können.
Regelmäßig entzieht sich die öffentliche Hand ihrer Verantwortung auf diesem Felde mit dem Verweis auf SGB V und sehen sich nicht in der Pflicht.
Aber spätestens vor dem Hintergrund der 2009 ratifizierten #UNBehindertenrechtskonvention #UNBRK wird der faule Verweis auf auf Pflichten der Krankenkassen lächerlich.
Unbestritten ist, daß die Kostenträger medizinischer Maßnahmen - auch in der Schule - die Krankenkassen sind. Aber die Ratifizierung des im GG verbrieften Rechtes auf schulische Bildung, sowie die Ermöglichung v. #Teilhabe im Sinne der #UNBRK ist nicht Aufgabe der Krankenkassen.
Kann ein schulpflichtiges chronisch krankes Kind aufgrund fehlender Versorgungsinfrastruktur seiner Schulpflicht nicht nachkommen, so ist dies nicht primär das Problem der Krankenkasse sondern es ist ein Problem des Landes und der Schulverwaltung.
#Inklusion ist verdammt noch einmal nicht die "diverse" und "weltoffene" Dekoration mit der sich Schulen schmücken können, sondern es ist ein Menschenrecht, dessen Umsetzung mühsam ist und mit einem Zwang zu grundsätzlichen strukturellen und kulturellen Änderungen einhergeht.
Diese Veränderungen können sich nicht auf das Feld der (Sozial-)Pädagogik beschränken, sondern es braucht ein Bekenntnis der Schulen und deren Träger, dass die medizinische Versorgung ein unabtrennbarer und wesentlicher Teilaspekt der #Inklusionsarbeit ist.
Zumal sich die verschiedenen Versorgungsfelder zwangsläufig überschneiden. Die medizinische Situation ist bei Kindern immer korreliert mit sozialpädagogischen und pädagogischen Problemstellungen.
Aus diesem Grunde ist es eine unabänderliche Notwendigkeit, dass ein Schulteam über eine hinreichend große medizinische Kompetenz verfügt. Das ist in Deutschland derzeit nicht der Fall!
Im überwiegenden Teil der hochindustrialisierten Länder sind #HealthProfessionals eine Selbstverständlichkeit. Dabei beschränkt sich die Tätigkeit dieser "#SchoolNurses" nicht nur auf die Versorgung chronisch Kranker;
darüber hinaus leisten diese Fachkräfte einen sehr wichtigen Beitrag zur #Prävention und zu #PublicHealth und nicht zu letzt zum Kinderschutz.

Folgende Aufgaben in der Schulbereich wären besser aufgehoben in den Händen von Profis:
- Versorgung & Koordination der Versorgung chronisch kranker Kinder
- Leistung von 1.Hilfe
- Ernährungsberatung
- Beurteilung von Schulfähigkeit krank zur Schule gebrachter Kinder
- Drogenaufklärung
- Ansprechpartner bei Missbrauch/sverdacht
- individuelle Sexualaufklärung
Eine #Schulkrankenschwester könnte anders als externe Pflegefachkräfte eng in die pädagogische und sozialpädagogische Arbeit eingebunden werden. Sie wäre wenn nötig bei den Schul- und Klassenkonferenzen anwesend usw.
Es ist jenseits der Frage der Inklusion eine Tatsache daß sich der Lebensmittelpunkt von Kindern aus der Familie hin Richtung #Ganztagesschule verschoben hat. Die Überlastung von #Rettungsstationen & der damit einhergehende Katzenjammer hat auch mit dieser Verschiebung zu tun.
Wenn Eltern ihre Kinder erst am Nachmittag sehen haben sie oft davor gar keine Gelegenheit einen Arzt aufzusuchen. Auch hier könnten Schulkrankenschwestern den Druck aus dem System nehmen.
Es soll bei all dem übrigens nicht darum gehen die Kompetenz über die Gesundheit der Kinder den Eltern aus der Hand zu nehmen, vielmehr geht es darum eine Infrastruktur und ein Angebot bereit zu stellen, dass Eltern nutzen können.
#Inklusiv ist dieses Angebot nicht zuletzt darum, weil dieses Angebot nicht nur von Kindern mit Erkrankungen oder Behinerungen wahrgenommen werden könnte, sondern von allen. Es würde damit auch der extrem exkludierende und dazuhin unendlich teure Zustand behoben,
dass Versorgungspflichtige Kinder in Form einer medizinischen #Schulbegleitung ihre "eigene Pflegekraft" in die Schule mitbringen müssen.
Ich fordere, dass wir im Sinne von #Inklusion und #PublicHealth, die medizinische Versorgung an Schulen in Berlin endlich auf ein einem hochentwickelten Landes würdiges Niveau heben.
Zunächst sollen - in Form eines Pilotprojektes an allen inklusiven Schwerpunktschulen mindestens aber an einer Schule in jedem Bezirk #Schulkrankenschwestern tätig werden.
Je nach Schulgröße sollte die Schaffung von 1 - 2 Personalstellen vorgesehen werden.
An einigen Schulen bietet es sich wahrscheinlich an auf die bereits bestehenden und bewährten Kooperationen mit freien sozialen Trägern zu setzen.
Je nach Schulgröße sollte die Schaffung von 1 - 2 Personalstellen vorgesehen werden.
An einigen Schulen bietet es sich wahrscheinlich an auf die bereits bestehenden und bewährten Kooperationen mit freien sozialen Trägern zu setzen.
Diese sind als Betreiber der Nachmittagsbetreuung häufig ohnehin in die Arbeit der Schulen eng eingebunden. Diese verfügen, anders als die Schulen selbst über die nötigen Kentnisse hinsichtlich Personalgewinnung, Abrechnung, etc.
P.S. eine Anmerkung als Elternteil eines schwerbehinderten Kindes: die derzeit bestehende dramatische Versorgungslücke wird in der überwiegenden Zahl der Fälle durch Eltern - meist durch die Mütter kompensiert. Die Forderung nach medizinischer Versorgung durch Schulen ist ->
darum ausdrücklich auch eine Forderung im Sinne der #Gleichstellung und #Gleichberechtigung von Müttern, denn der überwiegende Teil von Pflege wird durch Mütter geleistet. #Berufstätigkeit und medizinische Versorgung von Schulkindern lässt sich selten in Vereinbarung bringen.
#UNBRK, #UNBehindertenkonvention, #Inkusion, #Nixklusion, #twlz, #MedTwitter, #Medbubble, #PublicHealth, #Prävention,
CC. @s_aeffner, @RenateKuenast, @christina_henke, @GuntherWunsch, @kaiwegner, @orkanoezdemir, @ninastahr, @lisapaus, @bbsinklusion, @Kindernetzwerk1
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Aug 15
Sehr geehrte Frau Günther-Wünsch (@gunther_wunsch) ich weiß nicht inwiefern Sie Gelegenheit hatten sich mit einem Problem, dass ein wesentliches Hindernis für #Inklusion an Berliner Schulen ist vertraut zu machen;
1/N
Die fehlende fachgerechte medizinische Versorgung chronisch kranker Kinder an berliner Schulen ist eines der größten #Inklusionshindernisse. Als Konsequenz einer Auseinandersetzung mit den Krankenkassen hat der Senat 2017 per Handreichung die geflickschusterte Versorgung 2/N
durch pädagogisches Personal verunmöglicht. Der Berliner Senat hat seine Zuständigkeit eine entsprechende Versorungsinfrastruktur bereit zu stellen abgestritten und ein nicht zu lösendes Problem in die Hände der Eltern betroffener Kinder gelegt. 3/N
Read 16 tweets
Jul 10
Ich würde gerne einmal über dieses Thema sprechen, das mir in unangenehmer Weise immer wieder auf Twitter aber auch im RL begegnet. Es ist ein Aspekt der Diskussion um #schwierigeEltern die wir vor einiger Zeit hier geführt haben.
Der hier zitierte Tweet sollte nur Aufhänger sein
denn es ist mir noch nicht ganz klar, was das Motiv hinter dieser grottigen unsensiblen Tweet ist. Aber dieser Tweet ist eben in seiner Übergriffigkeit nicht einmalig, sondern ich habe ähnlich geartete Tweets, ganze Shitstürmchen auch schon ertragen müssen.
Vorab möchte ich - ohne das hier im Detail ausführen zu wollen klarstellen, dass ich Eltern und insbesondere Mütter schwerbehinderter Kinder für eine der am heftigsten marginalisierte und diskriminierteste Gruppe in unserem Lande halte.
Read 22 tweets
Jun 30
Hurra!!!! Ab morgen kann man 500 Meter sehr sehr wichtige Berliner Verkehrsinfrastruktur wieder mit dem Auto befahren. Die #Friedrichstraße wird wieder für den Autoverkehr freigegeben. Berlin ist gerettet!
1/6
Tatsächlich - und da muss ich den Gerichten und der Berliner Politik ausnahmsweise einmal recht geben ist die beste Methode durch die kotzhässliche Friedrichstraße zu kommen die, schnell mit dem Auto durch zu fahren. Je schneller desto besser. Soviel städtebaulichen Unfug...
2/6
...kann man anders kaum aushalten.
Tatsächlich wird der Autoverkehr aber die Friedrichstraße kaum retten. Denn weiterhin ist unklar, wie bankrotte Ladengeschäfte und Schießscharten-Architektur irgend wen in diese Tristesse locken sollte.
3/6
Read 6 tweets
Jun 22
Kinder, Eltern, Großeltern im "Infektionswartezimmer", alle ohne #Maske. Ebenso wie die Arzt*innen und Sprechstundenhilfen. Die ganze Kinderarztpraxis, kein einziger außer uns mit > #FFP2Maske. Dazwischen hustende Kinder und hustende Eltern mit geröteten Augen.
Warum geht es scheinbar nur mir so, dass Wartezimmer voller infektiöser Patienten mir wie eine Szene aus einem Dystopie-Film vorkommen? Macht es euch Spaß, wenn ihr oder eure Kinder krank werden? Sauft ihr auch aus der Bahnhofstoilette wenn ihr durstig seid?
Ich meine, ich kann es irgendwie nachvollziehen, dass Leute im Zug oder im Büro die Angst vor einer Ansteckung verdrängen - aber im "Infektionswartezimmer"? Wie kann man da ein Ansteckungsrisiko verdrängen?
Read 7 tweets
Jun 22
Also sind wir heute dann zum Kinderarzt gegangen, so wie ich es gestern bereits angekündigt hatte. Ich hatte gestern ein Foto vom Ausschlag meiner Tochter gepostet und gefragt was ich bis zum Arzttermin tun kann...
Ich habe ganz viele nette und hilfreiche Antworten bekommen, von anderen Eltern, von Betroffenen die ähnliche Ausschläge haben vor allem aber auch von Arzt*innen. Nett, kompetent, schnell.
Read 12 tweets
May 22
#Paxlovid - mal wieder. Nach einem bemerkenswerten Tweet eines auf Twitter weithin bekannten Anwaltes über seinen unter Paxlovid halbwegs freundlichen Covid-Verlaufes (ja es wurden im Vorfeld auch benutzte Tampons erwähnt...) fand sich im Laufe des sonnigen Sonntag-Nachmittages⬇️
Deutschlands #MedtwitterElite im Thread zur fröhlichen Studieninterpretation ein um festzustellen, daß es "null Daten gäbe" die den Zusammenhang von Herr Juns freundlichem Verlauf und der Einnahme von Paxlovid stützen würden. Alles nur anekdotische Evidenz - also keine Evidenz.⬇️
Bis nach Amerika hat sich diese Erkenntnis offensichtlich noch nicht herumgesprochen.
Siehe hier: cdph.ca.gov/Programs/OPA/P…

hier: sfchronicle.com/health/article…

oder hier: jamanetwork.com/journals/jamai…
Read 6 tweets

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